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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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Anmaassungen mußte die süße Mühe der Menschen Siegerin
werden; ja oft schien sie unter ihrer reinen Absicht gar zu er-
liegen. Aber sie erlag nicht. Das Samenkorn aus der Asche
des Guten ging in der Zukunft desto schöner hervor und mit
Blut befeuchtet, stieg es meistens zur unverwelklichen Krone.
Das Maschinenwerk der Revolutionen irret mich also nicht
mehr: es ist unserm Geschlecht so nöthig, wie dem Strom
seine Wogen, damit er nicht ein stehender Sumpf werde. Jm-
mer verjüngt in seinen Gestalten, blüht der Genius der Huma-
nität auf und ziehet palingenetisch in Völkern, Generationen
und Geschlechtern weiter.

II.
Das sonderbare Mittel zur Bildung der Men-
schen ist Sprache.


Jm Menschen, ja selbst im Affen findet sich ein sonderbarer
Trieb der Nachahmung, der keinesweges die Folge einer ver-
nünftigen Ueberlegung, sondern ein unmittelbares Erzeugniß
der organischen Sympathie scheinet. Wie Eine Saite der
andern zutönt und mit der reinern Dichtigkeit und Homoge-

neität

Anmaaſſungen mußte die ſuͤße Muͤhe der Menſchen Siegerin
werden; ja oft ſchien ſie unter ihrer reinen Abſicht gar zu er-
liegen. Aber ſie erlag nicht. Das Samenkorn aus der Aſche
des Guten ging in der Zukunft deſto ſchoͤner hervor und mit
Blut befeuchtet, ſtieg es meiſtens zur unverwelklichen Krone.
Das Maſchinenwerk der Revolutionen irret mich alſo nicht
mehr: es iſt unſerm Geſchlecht ſo noͤthig, wie dem Strom
ſeine Wogen, damit er nicht ein ſtehender Sumpf werde. Jm-
mer verjuͤngt in ſeinen Geſtalten, bluͤht der Genius der Huma-
nitaͤt auf und ziehet palingenetiſch in Voͤlkern, Generationen
und Geſchlechtern weiter.

II.
Das ſonderbare Mittel zur Bildung der Men-
ſchen iſt Sprache.


Jm Menſchen, ja ſelbſt im Affen findet ſich ein ſonderbarer
Trieb der Nachahmung, der keinesweges die Folge einer ver-
nuͤnftigen Ueberlegung, ſondern ein unmittelbares Erzeugniß
der organiſchen Sympathie ſcheinet. Wie Eine Saite der
andern zutoͤnt und mit der reinern Dichtigkeit und Homoge-

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[223/0235] Anmaaſſungen mußte die ſuͤße Muͤhe der Menſchen Siegerin werden; ja oft ſchien ſie unter ihrer reinen Abſicht gar zu er- liegen. Aber ſie erlag nicht. Das Samenkorn aus der Aſche des Guten ging in der Zukunft deſto ſchoͤner hervor und mit Blut befeuchtet, ſtieg es meiſtens zur unverwelklichen Krone. Das Maſchinenwerk der Revolutionen irret mich alſo nicht mehr: es iſt unſerm Geſchlecht ſo noͤthig, wie dem Strom ſeine Wogen, damit er nicht ein ſtehender Sumpf werde. Jm- mer verjuͤngt in ſeinen Geſtalten, bluͤht der Genius der Huma- nitaͤt auf und ziehet palingenetiſch in Voͤlkern, Generationen und Geſchlechtern weiter. II. Das ſonderbare Mittel zur Bildung der Men- ſchen iſt Sprache. Jm Menſchen, ja ſelbſt im Affen findet ſich ein ſonderbarer Trieb der Nachahmung, der keinesweges die Folge einer ver- nuͤnftigen Ueberlegung, ſondern ein unmittelbares Erzeugniß der organiſchen Sympathie ſcheinet. Wie Eine Saite der andern zutoͤnt und mit der reinern Dichtigkeit und Homoge- neitaͤt

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/235>, abgerufen am 26.11.2024.