Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.let. Wo und wie weit hat sich nicht der Aberglaube der Scha- 4. Daß die Lebensart und der Genius jedes Volks Der
let. Wo und wie weit hat ſich nicht der Aberglaube der Scha- 4. Daß die Lebensart und der Genius jedes Volks Der
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let. Wo und wie weit hat ſich nicht der Aberglaube der Scha-
manen verbreitet? Von Groͤnland und dem dreifachen Lapp-
land an uͤber die ganze naͤchtliche Kuͤſte des Eismeers tief in
die Tatarei hinab, nach Amerika hin und faſt durch dieſen
ganzen Welttheil. Ueberall erſcheinen Zauberer und allent-
halben ſind Schreckbilder der Natur die Welt in der ſie leben.
Mehr als drei Viertheile der Erde ſind alſo dieſes Glaubens:
denn auch in Europa hangen die meiſten Nationen Finniſchen
und Slaviſchen Urſprunges noch an den Zaubereien des Na-
turdienſtes und der Aberglaube der Neger iſt nichts als ein
nach ihrem Genius und Klima geſtalteter Schamanismus.
Jn den Laͤndern der Aſiatiſchen Cultur iſt dieſer zwar von po-
ſitiven kuͤnſtlichern Religionen und Staatseinrichtungen ver-
draͤngt worden; er laͤßt ſich aber blicken, wo er ſich blicken
laſſen darf, in der Einſamkeit und beim Poͤbel; bis er auf
einigen Jnſeln des Suͤdmeers wieder in großer Macht herr-
ſchet. Der Dienſt der Natur hat alſo die Erde umzogen und
die Phantaſieen deſſelben halten ſich an jeden klimatiſchen Ge-
genſtand der Uebermacht und des Schreckens, an den die
menſchliche Nothdurft grenzet. Jn aͤltern Zeiten war er der
Gottesdienſt beinah aller Voͤlker der Erde.
4. Daß die Lebensart und der Genius jedes Volks
hiebei maͤchtig einwirke, bedarf faſt keiner Erwaͤhnung.
Der
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/164>, abgerufen am 19.07.2024. |