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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785.

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üppige Müßiggang, an dem die gemästeten Thiere Theil neh-
men, auch ihren sonst sichern Trieb verwildern: so läßt doch
in ihren unwandelbaren Gesetzen die Natur von der üppigen
Kunst sich nicht überwinden. Entweder ist die Vermischung
ohne Frucht, oder die erzwungene Bastardart pflanzt sich nur
unter den nächsten Gattungen weiter. Ja bei diesen Ba-
stardarten selbst sehen wir die Abweichung nirgend als an den
äußersten Enden des Reichs der Bildung, genau wie wir sie
bei der Verartung des Menschengeschlechts beschrieben haben;
hätte der innere, wesentliche Typus der Bildung Misgestalt
bekommen müssen: so wäre kein lebendiges Geschöpf subsi-
stent worden. Weder ein Centaur also, noch ein Satyr, we-
der die Seylla noch die Meduse kann nach den innern Gese-
tzen der schaffenden Natur und des genetischen wesentlichen
Typus jeder Gattung sich erzeugen.

3. Das feinste Mittel endlich, dadurch die Natur
Vielartigkeit und Bestandheit der Formen in ihren Gat-
tungen verband, ist die Schöpfung und Paarung zweier
Geschlechter.
Wie wunderbar-fein und geistig mischen sich
die Züge beider Eltern in dem Angesicht und Bau ihrer Kin-
der! als ob nach verschiedenen Verhältnißen ihre Seele sich
in sie gegossen und die tausendfältigen Naturkräfte der Orga-
nisation sich unter dieselben vertheilt hätten. Daß Krankhei-

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uͤppige Muͤßiggang, an dem die gemaͤſteten Thiere Theil neh-
men, auch ihren ſonſt ſichern Trieb verwildern: ſo laͤßt doch
in ihren unwandelbaren Geſetzen die Natur von der uͤppigen
Kunſt ſich nicht uͤberwinden. Entweder iſt die Vermiſchung
ohne Frucht, oder die erzwungene Baſtardart pflanzt ſich nur
unter den naͤchſten Gattungen weiter. Ja bei dieſen Ba-
ſtardarten ſelbſt ſehen wir die Abweichung nirgend als an den
aͤußerſten Enden des Reichs der Bildung, genau wie wir ſie
bei der Verartung des Menſchengeſchlechts beſchrieben haben;
haͤtte der innere, weſentliche Typus der Bildung Misgeſtalt
bekommen muͤſſen: ſo waͤre kein lebendiges Geſchoͤpf ſubſi-
ſtent worden. Weder ein Centaur alſo, noch ein Satyr, we-
der die Seylla noch die Meduſe kann nach den innern Geſe-
tzen der ſchaffenden Natur und des genetiſchen weſentlichen
Typus jeder Gattung ſich erzeugen.

3. Das feinſte Mittel endlich, dadurch die Natur
Vielartigkeit und Beſtandheit der Formen in ihren Gat-
tungen verband, iſt die Schoͤpfung und Paarung zweier
Geſchlechter.
Wie wunderbar-fein und geiſtig miſchen ſich
die Zuͤge beider Eltern in dem Angeſicht und Bau ihrer Kin-
der! als ob nach verſchiedenen Verhaͤltnißen ihre Seele ſich
in ſie gegoſſen und die tauſendfaͤltigen Naturkraͤfte der Orga-
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[117/0129] uͤppige Muͤßiggang, an dem die gemaͤſteten Thiere Theil neh- men, auch ihren ſonſt ſichern Trieb verwildern: ſo laͤßt doch in ihren unwandelbaren Geſetzen die Natur von der uͤppigen Kunſt ſich nicht uͤberwinden. Entweder iſt die Vermiſchung ohne Frucht, oder die erzwungene Baſtardart pflanzt ſich nur unter den naͤchſten Gattungen weiter. Ja bei dieſen Ba- ſtardarten ſelbſt ſehen wir die Abweichung nirgend als an den aͤußerſten Enden des Reichs der Bildung, genau wie wir ſie bei der Verartung des Menſchengeſchlechts beſchrieben haben; haͤtte der innere, weſentliche Typus der Bildung Misgeſtalt bekommen muͤſſen: ſo waͤre kein lebendiges Geſchoͤpf ſubſi- ſtent worden. Weder ein Centaur alſo, noch ein Satyr, we- der die Seylla noch die Meduſe kann nach den innern Geſe- tzen der ſchaffenden Natur und des genetiſchen weſentlichen Typus jeder Gattung ſich erzeugen. 3. Das feinſte Mittel endlich, dadurch die Natur Vielartigkeit und Beſtandheit der Formen in ihren Gat- tungen verband, iſt die Schoͤpfung und Paarung zweier Geſchlechter. Wie wunderbar-fein und geiſtig miſchen ſich die Zuͤge beider Eltern in dem Angeſicht und Bau ihrer Kin- der! als ob nach verſchiedenen Verhaͤltnißen ihre Seele ſich in ſie gegoſſen und die tauſendfaͤltigen Naturkraͤfte der Orga- niſation ſich unter dieſelben vertheilt haͤtten. Daß Krankhei- ten P 3

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 2. Riga u. a., 1785, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte02_1785/129>, abgerufen am 27.11.2024.