Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

cherlei Wandelgängen, in Einer Schule des Guten und
Schönen. Jetzt wollen wir nur Menschen seyn, d. i. Ein
Ton, Eine Farbe in der Harmonie unsrer Sterne. Wenn
das Licht, das wir geniessen, auch der milden grünen Far-
be zu vergleichen wäre, so lasset sie uns nicht für das reine
Sonnenlicht, unsern Verstand und Willen nicht für die
Handhaben des Universum halten: denn wir sind offenbar
mit unsrer ganzen Erde nur ein kleiner Bruch des Ganzen.

III.
Unsre Erde ist vielerley Revolutionen durchge-
gangen, bis sie das, was sie jetzt ist, worden.


Den Beweis dieses Satzes giebet sie selbst, auch schon
durch das, was sie auf und unter ihrer Oberfläche (denn
weiter sind die Menschen nicht gekommen) zeiget. Das
Wasser hat überschwemmt und Erdlagen, Berge, Thäler
gebildet: das Feuer hat gewütet, Erdrinden zersprengt,
Berge emporgehoben und die geschmolznen Eingeweide des
Jnnern hervorgeschüttet: die Luft, in der Erde eingeschlos-
sen, hat Hölen gewölbt und den Ausbruch jener mächtigen

Ele-

cherlei Wandelgaͤngen, in Einer Schule des Guten und
Schoͤnen. Jetzt wollen wir nur Menſchen ſeyn, d. i. Ein
Ton, Eine Farbe in der Harmonie unſrer Sterne. Wenn
das Licht, das wir genieſſen, auch der milden gruͤnen Far-
be zu vergleichen waͤre, ſo laſſet ſie uns nicht fuͤr das reine
Sonnenlicht, unſern Verſtand und Willen nicht fuͤr die
Handhaben des Univerſum halten: denn wir ſind offenbar
mit unſrer ganzen Erde nur ein kleiner Bruch des Ganzen.

III.
Unſre Erde iſt vielerley Revolutionen durchge-
gangen, bis ſie das, was ſie jetzt iſt, worden.


Den Beweis dieſes Satzes giebet ſie ſelbſt, auch ſchon
durch das, was ſie auf und unter ihrer Oberflaͤche (denn
weiter ſind die Menſchen nicht gekommen) zeiget. Das
Waſſer hat uͤberſchwemmt und Erdlagen, Berge, Thaͤler
gebildet: das Feuer hat gewuͤtet, Erdrinden zerſprengt,
Berge emporgehoben und die geſchmolznen Eingeweide des
Jnnern hervorgeſchuͤttet: die Luft, in der Erde eingeſchloſ-
ſen, hat Hoͤlen gewoͤlbt und den Ausbruch jener maͤchtigen

Ele-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="16"/>
cherlei Wandelga&#x0364;ngen, in Einer Schule des Guten und<lb/>
Scho&#x0364;nen. Jetzt wollen wir nur Men&#x017F;chen &#x017F;eyn, d. i. Ein<lb/>
Ton, Eine Farbe in der Harmonie un&#x017F;rer Sterne. Wenn<lb/>
das Licht, das wir genie&#x017F;&#x017F;en, auch der milden gru&#x0364;nen Far-<lb/>
be zu vergleichen wa&#x0364;re, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ie uns nicht fu&#x0364;r das reine<lb/>
Sonnenlicht, un&#x017F;ern Ver&#x017F;tand und Willen nicht fu&#x0364;r die<lb/>
Handhaben des Univer&#x017F;um halten: denn wir &#x017F;ind offenbar<lb/>
mit un&#x017F;rer ganzen Erde nur ein kleiner Bruch des Ganzen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Un&#x017F;re Erde i&#x017F;t vielerley Revolutionen durchge-<lb/>
gangen, bis &#x017F;ie das, was &#x017F;ie jetzt i&#x017F;t, worden.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>en Beweis die&#x017F;es Satzes giebet &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t, auch &#x017F;chon<lb/>
durch das, was &#x017F;ie auf und unter ihrer Oberfla&#x0364;che (denn<lb/>
weiter &#x017F;ind die Men&#x017F;chen nicht gekommen) zeiget. Das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er hat u&#x0364;ber&#x017F;chwemmt und Erdlagen, Berge, Tha&#x0364;ler<lb/>
gebildet: das Feuer hat gewu&#x0364;tet, Erdrinden zer&#x017F;prengt,<lb/>
Berge emporgehoben und die ge&#x017F;chmolznen Eingeweide des<lb/>
Jnnern hervorge&#x017F;chu&#x0364;ttet: die Luft, in der Erde einge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, hat Ho&#x0364;len gewo&#x0364;lbt und den Ausbruch jener ma&#x0364;chtigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ele-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0038] cherlei Wandelgaͤngen, in Einer Schule des Guten und Schoͤnen. Jetzt wollen wir nur Menſchen ſeyn, d. i. Ein Ton, Eine Farbe in der Harmonie unſrer Sterne. Wenn das Licht, das wir genieſſen, auch der milden gruͤnen Far- be zu vergleichen waͤre, ſo laſſet ſie uns nicht fuͤr das reine Sonnenlicht, unſern Verſtand und Willen nicht fuͤr die Handhaben des Univerſum halten: denn wir ſind offenbar mit unſrer ganzen Erde nur ein kleiner Bruch des Ganzen. III. Unſre Erde iſt vielerley Revolutionen durchge- gangen, bis ſie das, was ſie jetzt iſt, worden. Den Beweis dieſes Satzes giebet ſie ſelbſt, auch ſchon durch das, was ſie auf und unter ihrer Oberflaͤche (denn weiter ſind die Menſchen nicht gekommen) zeiget. Das Waſſer hat uͤberſchwemmt und Erdlagen, Berge, Thaͤler gebildet: das Feuer hat gewuͤtet, Erdrinden zerſprengt, Berge emporgehoben und die geſchmolznen Eingeweide des Jnnern hervorgeſchuͤttet: die Luft, in der Erde eingeſchloſ- ſen, hat Hoͤlen gewoͤlbt und den Ausbruch jener maͤchtigen Ele-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/38
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/38>, abgerufen am 23.11.2024.