Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.nungen bemerken wir von ihrer eignen Macht und Energie 3. Das hellere Bewußtseyn, dieser große Vorzug frö- M m
nungen bemerken wir von ihrer eignen Macht und Energie 3. Das hellere Bewußtſeyn, dieſer große Vorzug froͤ- M m
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0295" n="293[273]"/> nungen bemerken wir von ihrer eignen Macht und Energie<lb/> in der Jdeenſchoͤpfung oder Jdeenverbindung. Aus Ver-<lb/> zweiflung irret ſie jetzt in den Scenen ihres vorigen Lebens<lb/> umher und da ſie von ihrer Natur und ihrem Werk, Jdeen<lb/> zu bilden, nicht ablaſſen kann, bereitet ſie ſich jetzt eine neue<lb/><hi rendition="#fr">wilde Schoͤpfung</hi>.</p><lb/> <p>3. Das hellere <hi rendition="#fr">Bewußtſeyn</hi>, dieſer große Vorzug<lb/> der menſchlichen Seele, iſt derſelben <hi rendition="#fr">auf eine geiſtige Weiſe<lb/> und zwar durch die Humanitaͤt allmaͤlich erſt zugebil-<lb/> det worden</hi>. Ein Kind hat noch wenig Bewußtſeyn; ob<lb/> ſeine Seele gleich ſich unablaͤßig uͤbt, zu demſelben zu gelan-<lb/> gen und ſich ſeiner ſelbſt durch alle Sinnen zu vergewiſſern.<lb/> Alle ſein Streben nach Begriffen hat den Zweck, ſich in der<lb/> Welt Gottes gleichſam zu beſinnen und ſeines Daſeyns mit<lb/> menſchlicher Energie froh zu werden. Das Thier geht noch<lb/> im dunkeln Traum umher: ſein Bewußtſeyn iſt in ſo viel<lb/> Reize des Koͤrpers verbreitet und von ihnen maͤchtig umhuͤl-<lb/> let, daß das helle Erwachen zu einer fortwirkenden Gedan-<lb/> kenuͤbung ſeiner Organiſation nicht moͤglich war. Auch der<lb/> Menſch iſt ſich ſeines <hi rendition="#fr">ſinnlichen</hi> Zuſtandes nur durch Sinne<lb/> bewußt und ſo bald dieſe leiden, iſts gar kein Wunder, daß<lb/> ihn eine herrſchende Jdee auch aus ſeiner eignen Anerken-<lb/> nung hinreiſſen kann und er mit ſich ſelbſt ein trauriges oder<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M m</fw><fw place="bottom" type="catch">froͤ-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293[273]/0295]
nungen bemerken wir von ihrer eignen Macht und Energie
in der Jdeenſchoͤpfung oder Jdeenverbindung. Aus Ver-
zweiflung irret ſie jetzt in den Scenen ihres vorigen Lebens
umher und da ſie von ihrer Natur und ihrem Werk, Jdeen
zu bilden, nicht ablaſſen kann, bereitet ſie ſich jetzt eine neue
wilde Schoͤpfung.
3. Das hellere Bewußtſeyn, dieſer große Vorzug
der menſchlichen Seele, iſt derſelben auf eine geiſtige Weiſe
und zwar durch die Humanitaͤt allmaͤlich erſt zugebil-
det worden. Ein Kind hat noch wenig Bewußtſeyn; ob
ſeine Seele gleich ſich unablaͤßig uͤbt, zu demſelben zu gelan-
gen und ſich ſeiner ſelbſt durch alle Sinnen zu vergewiſſern.
Alle ſein Streben nach Begriffen hat den Zweck, ſich in der
Welt Gottes gleichſam zu beſinnen und ſeines Daſeyns mit
menſchlicher Energie froh zu werden. Das Thier geht noch
im dunkeln Traum umher: ſein Bewußtſeyn iſt in ſo viel
Reize des Koͤrpers verbreitet und von ihnen maͤchtig umhuͤl-
let, daß das helle Erwachen zu einer fortwirkenden Gedan-
kenuͤbung ſeiner Organiſation nicht moͤglich war. Auch der
Menſch iſt ſich ſeines ſinnlichen Zuſtandes nur durch Sinne
bewußt und ſo bald dieſe leiden, iſts gar kein Wunder, daß
ihn eine herrſchende Jdee auch aus ſeiner eignen Anerken-
nung hinreiſſen kann und er mit ſich ſelbſt ein trauriges oder
froͤ-
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