Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

wärme benennen und das vielleicht das Sensorium des All-
erschaffenden ist, dadurch er alles belebet, alles erwärmet.
Jn tausend und Millionen Organe ausgegossen, läutert sich
dieser himmlische Feuerstrom immer feiner und feiner: durch
sein Vehikulum wirken vielleicht alle Kräfte hienieden und
das Wunder der irrdischen Schöpfung, die Generation, ist
von ihm unabtrennlich. Vielleicht ward unser Körperge-
bäude auch eben deswegen aufgerichtet, daß wir, selbst un-
sern gröbern Theilen nach, von diesem elektrischen Strom
mehr an uns ziehen, mehr in uns verarbeiten könnten; und
in den feinern Kräften ist zwar nicht die grobe elektrische Ma-
terie aber etwas von unserer Organisation selbst verarbeite-
tes, unendlich feineres und dennoch ihr Aehnliches das Werk-
zeug der körperlichen und Geistesempfindung. Entweder hat
die Wirkung meiner Seele kein Analogen hienieden; und
sodann ists weder zu begreifen, wie sie auf den Körper wirke?
noch wie andre Gegenstände auf sie zu wirken vermögen?
oder es ist dieser unsichtbare himmlische Licht- und Feuergeist,
der alles Lebendige durchfließt und alle Kräfte der Natur ver-
einigt. Jn der menschlichen Organisation hat er die Fein-
heit erreicht, die ihm ein Erdenbau gewähren konnte: ver-
mittelst seiner wirkte die Seele in ihren Organen beinah all-
mächtig und stralte in sich selbst zurück mit einem Bewußt-
seyn, das ihr Jnnerstes reget. Vermittelst seiner füllete sich


der

waͤrme benennen und das vielleicht das Senſorium des All-
erſchaffenden iſt, dadurch er alles belebet, alles erwaͤrmet.
Jn tauſend und Millionen Organe ausgegoſſen, laͤutert ſich
dieſer himmliſche Feuerſtrom immer feiner und feiner: durch
ſein Vehikulum wirken vielleicht alle Kraͤfte hienieden und
das Wunder der irrdiſchen Schoͤpfung, die Generation, iſt
von ihm unabtrennlich. Vielleicht ward unſer Koͤrperge-
baͤude auch eben deswegen aufgerichtet, daß wir, ſelbſt un-
ſern groͤbern Theilen nach, von dieſem elektriſchen Strom
mehr an uns ziehen, mehr in uns verarbeiten koͤnnten; und
in den feinern Kraͤften iſt zwar nicht die grobe elektriſche Ma-
terie aber etwas von unſerer Organiſation ſelbſt verarbeite-
tes, unendlich feineres und dennoch ihr Aehnliches das Werk-
zeug der koͤrperlichen und Geiſtesempfindung. Entweder hat
die Wirkung meiner Seele kein Analogen hienieden; und
ſodann iſts weder zu begreifen, wie ſie auf den Koͤrper wirke?
noch wie andre Gegenſtaͤnde auf ſie zu wirken vermoͤgen?
oder es iſt dieſer unſichtbare himmliſche Licht- und Feuergeiſt,
der alles Lebendige durchfließt und alle Kraͤfte der Natur ver-
einigt. Jn der menſchlichen Organiſation hat er die Fein-
heit erreicht, die ihm ein Erdenbau gewaͤhren konnte: ver-
mittelſt ſeiner wirkte die Seele in ihren Organen beinah all-
maͤchtig und ſtralte in ſich ſelbſt zuruͤck mit einem Bewußt-
ſeyn, das ihr Jnnerſtes reget. Vermittelſt ſeiner fuͤllete ſich


der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0280" n="278[258]"/>
wa&#x0364;rme benennen und das vielleicht das Sen&#x017F;orium des All-<lb/>
er&#x017F;chaffenden i&#x017F;t, dadurch er alles belebet, alles erwa&#x0364;rmet.<lb/>
Jn tau&#x017F;end und Millionen Organe ausgego&#x017F;&#x017F;en, la&#x0364;utert &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;er himmli&#x017F;che Feuer&#x017F;trom immer feiner und feiner: durch<lb/>
&#x017F;ein Vehikulum wirken vielleicht alle Kra&#x0364;fte hienieden und<lb/>
das Wunder der irrdi&#x017F;chen Scho&#x0364;pfung, die Generation, i&#x017F;t<lb/>
von ihm unabtrennlich. Vielleicht ward un&#x017F;er Ko&#x0364;rperge-<lb/>
ba&#x0364;ude auch eben deswegen aufgerichtet, daß wir, &#x017F;elb&#x017F;t un-<lb/>
&#x017F;ern gro&#x0364;bern Theilen nach, von die&#x017F;em elektri&#x017F;chen Strom<lb/>
mehr an uns ziehen, mehr in uns verarbeiten ko&#x0364;nnten; und<lb/>
in den feinern Kra&#x0364;ften i&#x017F;t zwar nicht die grobe elektri&#x017F;che Ma-<lb/>
terie aber etwas von un&#x017F;erer Organi&#x017F;ation &#x017F;elb&#x017F;t verarbeite-<lb/>
tes, unendlich feineres und dennoch ihr Aehnliches das Werk-<lb/>
zeug der ko&#x0364;rperlichen und Gei&#x017F;tesempfindung. Entweder hat<lb/>
die Wirkung meiner Seele kein Analogen hienieden; und<lb/>
&#x017F;odann i&#x017F;ts weder zu begreifen, wie &#x017F;ie auf den Ko&#x0364;rper wirke?<lb/>
noch wie andre Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde auf &#x017F;ie zu wirken vermo&#x0364;gen?<lb/>
oder es i&#x017F;t die&#x017F;er un&#x017F;ichtbare himmli&#x017F;che Licht- und Feuergei&#x017F;t,<lb/>
der alles Lebendige durchfließt und alle Kra&#x0364;fte der Natur ver-<lb/>
einigt. Jn der men&#x017F;chlichen Organi&#x017F;ation hat er die Fein-<lb/>
heit erreicht, die ihm ein Erdenbau gewa&#x0364;hren konnte: ver-<lb/>
mittel&#x017F;t &#x017F;einer wirkte die Seele in ihren Organen beinah all-<lb/>
ma&#x0364;chtig und &#x017F;tralte in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;ck mit einem Bewußt-<lb/>
&#x017F;eyn, das ihr Jnner&#x017F;tes reget. Vermittel&#x017F;t &#x017F;einer fu&#x0364;llete &#x017F;ich</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278[258]/0280] waͤrme benennen und das vielleicht das Senſorium des All- erſchaffenden iſt, dadurch er alles belebet, alles erwaͤrmet. Jn tauſend und Millionen Organe ausgegoſſen, laͤutert ſich dieſer himmliſche Feuerſtrom immer feiner und feiner: durch ſein Vehikulum wirken vielleicht alle Kraͤfte hienieden und das Wunder der irrdiſchen Schoͤpfung, die Generation, iſt von ihm unabtrennlich. Vielleicht ward unſer Koͤrperge- baͤude auch eben deswegen aufgerichtet, daß wir, ſelbſt un- ſern groͤbern Theilen nach, von dieſem elektriſchen Strom mehr an uns ziehen, mehr in uns verarbeiten koͤnnten; und in den feinern Kraͤften iſt zwar nicht die grobe elektriſche Ma- terie aber etwas von unſerer Organiſation ſelbſt verarbeite- tes, unendlich feineres und dennoch ihr Aehnliches das Werk- zeug der koͤrperlichen und Geiſtesempfindung. Entweder hat die Wirkung meiner Seele kein Analogen hienieden; und ſodann iſts weder zu begreifen, wie ſie auf den Koͤrper wirke? noch wie andre Gegenſtaͤnde auf ſie zu wirken vermoͤgen? oder es iſt dieſer unſichtbare himmliſche Licht- und Feuergeiſt, der alles Lebendige durchfließt und alle Kraͤfte der Natur ver- einigt. Jn der menſchlichen Organiſation hat er die Fein- heit erreicht, die ihm ein Erdenbau gewaͤhren konnte: ver- mittelſt ſeiner wirkte die Seele in ihren Organen beinah all- maͤchtig und ſtralte in ſich ſelbſt zuruͤck mit einem Bewußt- ſeyn, das ihr Jnnerſtes reget. Vermittelſt ſeiner fuͤllete ſich der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/280
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 278[258]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/280>, abgerufen am 22.12.2024.