seiner Theile und Säfte, endlich die schönere Lage und Proportion desselben zur Empfängniß geistiger Empfindun- gen und Jdeen in der glücklichsten Lebenswärme. Lasset uns ihr Buch aufschlagen, die feinsten Blätter die sie je geschrie- ben, die Gehirntafeln selbst: denn da der Zweck ihrer Orga- nisationen auf Empfindung, auf Wohlseyn, auf Glückseligkeit eines Geschöpfs geht: so muß das Haupt endlich das sicher- ste Archiv werden, in dem wir ihre Gedanken finden:
1. Jn Geschöpfen, bei denen das Gehirn kaum an- fängt, erscheinet es noch sehr einfach: es ist wie eine Knospe oder ein paar Knospen des fortsprießenden Rückenmarkes, die nur den nöthigsten Sinnen Nerven ertheilen. Bei Fi- schen und Vögeln, die nach Willis Bemerkung im ganzen Bau des Gehirns Aehnlichkeit haben, nimmt die Zahl der Erhöhungen bis zu fünf und mehreren zu: sie sondern sich auch deutlicher auseinander. Jn den Thieren von wärme- rem Blut endlich unterscheidet sich das kleine und große Ge- hirn känntlich: die Flügel des letzten breiten sich, der Orga- nisation des Geschöpfs zufolge, auseinander und die einzel- nen Theile treten zu eben dem Zweck in Verhältniß. Die Natur hat also, so wie bei der ganzen Bildung ihrer Ge- schlechter, so auch bei dem Jnbegrif und Ziel derselben, dem Gehirn, nur Einen Haupttypus, auf den sie es vom nie-
drigsten
ſeiner Theile und Saͤfte, endlich die ſchoͤnere Lage und Proportion deſſelben zur Empfaͤngniß geiſtiger Empfindun- gen und Jdeen in der gluͤcklichſten Lebenswaͤrme. Laſſet uns ihr Buch aufſchlagen, die feinſten Blaͤtter die ſie je geſchrie- ben, die Gehirntafeln ſelbſt: denn da der Zweck ihrer Orga- niſationen auf Empfindung, auf Wohlſeyn, auf Gluͤckſeligkeit eines Geſchoͤpfs geht: ſo muß das Haupt endlich das ſicher- ſte Archiv werden, in dem wir ihre Gedanken finden:
1. Jn Geſchoͤpfen, bei denen das Gehirn kaum an- faͤngt, erſcheinet es noch ſehr einfach: es iſt wie eine Knoſpe oder ein paar Knoſpen des fortſprießenden Ruͤckenmarkes, die nur den noͤthigſten Sinnen Nerven ertheilen. Bei Fi- ſchen und Voͤgeln, die nach Willis Bemerkung im ganzen Bau des Gehirns Aehnlichkeit haben, nimmt die Zahl der Erhoͤhungen bis zu fuͤnf und mehreren zu: ſie ſondern ſich auch deutlicher auseinander. Jn den Thieren von waͤrme- rem Blut endlich unterſcheidet ſich das kleine und große Ge- hirn kaͤnntlich: die Fluͤgel des letzten breiten ſich, der Orga- niſation des Geſchoͤpfs zufolge, auseinander und die einzel- nen Theile treten zu eben dem Zweck in Verhaͤltniß. Die Natur hat alſo, ſo wie bei der ganzen Bildung ihrer Ge- ſchlechter, ſo auch bei dem Jnbegrif und Ziel derſelben, dem Gehirn, nur Einen Haupttypus, auf den ſie es vom nie-
drigſten
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[195[175]/0197]
ſeiner Theile und Saͤfte, endlich die ſchoͤnere Lage und
Proportion deſſelben zur Empfaͤngniß geiſtiger Empfindun-
gen und Jdeen in der gluͤcklichſten Lebenswaͤrme. Laſſet uns
ihr Buch aufſchlagen, die feinſten Blaͤtter die ſie je geſchrie-
ben, die Gehirntafeln ſelbſt: denn da der Zweck ihrer Orga-
niſationen auf Empfindung, auf Wohlſeyn, auf Gluͤckſeligkeit
eines Geſchoͤpfs geht: ſo muß das Haupt endlich das ſicher-
ſte Archiv werden, in dem wir ihre Gedanken finden:
1. Jn Geſchoͤpfen, bei denen das Gehirn kaum an-
faͤngt, erſcheinet es noch ſehr einfach: es iſt wie eine Knoſpe
oder ein paar Knoſpen des fortſprießenden Ruͤckenmarkes,
die nur den noͤthigſten Sinnen Nerven ertheilen. Bei Fi-
ſchen und Voͤgeln, die nach Willis Bemerkung im ganzen
Bau des Gehirns Aehnlichkeit haben, nimmt die Zahl der
Erhoͤhungen bis zu fuͤnf und mehreren zu: ſie ſondern ſich
auch deutlicher auseinander. Jn den Thieren von waͤrme-
rem Blut endlich unterſcheidet ſich das kleine und große Ge-
hirn kaͤnntlich: die Fluͤgel des letzten breiten ſich, der Orga-
niſation des Geſchoͤpfs zufolge, auseinander und die einzel-
nen Theile treten zu eben dem Zweck in Verhaͤltniß. Die
Natur hat alſo, ſo wie bei der ganzen Bildung ihrer Ge-
ſchlechter, ſo auch bei dem Jnbegrif und Ziel derſelben, dem
Gehirn, nur Einen Haupttypus, auf den ſie es vom nie-
drigſten
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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 195[175]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/197>, abgerufen am 23.11.2024.
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