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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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den Gesetzen seines ewigen Entwurfs zeigte? Was ist das
menschliche Geschlecht im Ganzen, als eine Heerde ohne
Hirten? oder wie jener klagende Weise sagt: Lässest du
sie gehen wie Fische im Meer und wie Ge-
würm, das keinen Herren hat?
-- Oder hat-
ten sie nicht nöthig, den Plan zu wissen? Jch glaube es
wohl; denn welcher Mensch übersiehet nur den kleinen Ent-
wurf seines eignen Lebens? und doch siehet er, so weit er
sehen soll und weiß gnug, um seine Schritte zu leiten; in-
dessen wird nicht auch eben dieses Nichtwissen zum Vor-
wande großer Misbräuche? Wie viele sind, die, weil sie
keinen Plan sehen, es geradezu läugnen, daß irgend ein
Plan sei oder die wenigstens mit scheuem Zittern daran den-
ken und zweifelnd glauben und glaubend zweifeln. Sie
wehren sich mit Macht, das menschliche Geschlecht nicht als
einen Ameishaufen zu betrachten, wo der Fuß eines Stär-
kern, der unförmlicher Weise selbst Ameise ist, Tausende
zertritt, Tausende in ihren klein-großen Unternehmungen
zernichtet, ja wo endlich die zwei größten Tyrannen der Erde,
der Zufall und die Zeit, den ganzen Haufen ohne Spur
fortführen und den leeren Platz einer andern fleißigen Zunft
überlassen, die auch so fortgeführt werden wird, ohne daß
eine Spur bleibe; -- Der stolze Mensch wehret sich, sein
Geschlecht als eine solche Brut der Erde und als einen Raub

der

den Geſetzen ſeines ewigen Entwurfs zeigte? Was iſt das
menſchliche Geſchlecht im Ganzen, als eine Heerde ohne
Hirten? oder wie jener klagende Weiſe ſagt: Laͤſſeſt du
ſie gehen wie Fiſche im Meer und wie Ge-
wuͤrm, das keinen Herren hat?
— Oder hat-
ten ſie nicht noͤthig, den Plan zu wiſſen? Jch glaube es
wohl; denn welcher Menſch uͤberſiehet nur den kleinen Ent-
wurf ſeines eignen Lebens? und doch ſiehet er, ſo weit er
ſehen ſoll und weiß gnug, um ſeine Schritte zu leiten; in-
deſſen wird nicht auch eben dieſes Nichtwiſſen zum Vor-
wande großer Misbraͤuche? Wie viele ſind, die, weil ſie
keinen Plan ſehen, es geradezu laͤugnen, daß irgend ein
Plan ſei oder die wenigſtens mit ſcheuem Zittern daran den-
ken und zweifelnd glauben und glaubend zweifeln. Sie
wehren ſich mit Macht, das menſchliche Geſchlecht nicht als
einen Ameishaufen zu betrachten, wo der Fuß eines Staͤr-
kern, der unfoͤrmlicher Weiſe ſelbſt Ameiſe iſt, Tauſende
zertritt, Tauſende in ihren klein-großen Unternehmungen
zernichtet, ja wo endlich die zwei groͤßten Tyrannen der Erde,
der Zufall und die Zeit, den ganzen Haufen ohne Spur
fortfuͤhren und den leeren Platz einer andern fleißigen Zunft
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Geſchlecht als eine ſolche Brut der Erde und als einen Raub

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/16>, abgerufen am 23.11.2024.