und so viele, ja fast alle andre, und dann zeigen Sie mir Etwas in dem Bardenton in Denis. Da nun Klopstock selbst sich so sehr hat verläug- nen können, verändern müssen -- ist dies Muß nicht eine grosse Lehre? Sie schreiben mir neulich, da Sie Denis Sylbenmaasse prie- sen, Jhnen sey bey seinem Fingal und Ros- krane Klopstocks Hermann und Thusnel- de (in den Brem. Beytr.) eingefallen: desto schlimmer, denn Klopstocks neuerer Bardeton ist wohl nicht ganz der in Hermann und Thu- snelde. Jch bins gewiß nicht allein, der die- sen veränderten, härtern Bardeton im neuern Klopstock empfindet, und ohne mich in das Bessre oder Schlechtre einzulassen, gehe ich gern mit den Jahren des Dichters, und mit der Natur fort, und bin stolz darauf das Deut- sche Bardenmäßige in seinem Was that dir Thor, dein Vaterland. und in allen neuern Stücken, wo so viel kurzer, dramatischer Dialog und Wurf der Gedanken ist, zu empfinden --
... Der Faden unsres Briefwechsels ver- vielfältigt sich so, daß ich kaum mehr weiß, wo ich ihn angreifen soll, um ihn
fort-
und ſo viele, ja faſt alle andre, und dann zeigen Sie mir Etwas in dem Bardenton in Denis. Da nun Klopſtock ſelbſt ſich ſo ſehr hat verlaͤug- nen koͤnnen, veraͤndern muͤſſen — iſt dies Muß nicht eine groſſe Lehre? Sie ſchreiben mir neulich, da Sie Denis Sylbenmaaſſe prie- ſen, Jhnen ſey bey ſeinem Fingal und Ros- krane Klopſtocks Hermann und Thuſnel- de (in den Brem. Beytr.) eingefallen: deſto ſchlimmer, denn Klopſtocks neuerer Bardeton iſt wohl nicht ganz der in Hermann und Thu- ſnelde. Jch bins gewiß nicht allein, der die- ſen veraͤnderten, haͤrtern Bardeton im neuern Klopſtock empfindet, und ohne mich in das Beſſre oder Schlechtre einzulaſſen, gehe ich gern mit den Jahren des Dichters, und mit der Natur fort, und bin ſtolz darauf das Deut- ſche Bardenmaͤßige in ſeinem Was that dir Thor, dein Vaterland. und in allen neuern Stuͤcken, wo ſo viel kurzer, dramatiſcher Dialog und Wurf der Gedanken iſt, zu empfinden —
… Der Faden unſres Briefwechſels ver- vielfaͤltigt ſich ſo, daß ich kaum mehr weiß, wo ich ihn angreifen ſoll, um ihn
fort-
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und ſo viele, ja faſt alle andre, und dann zeigen
Sie mir Etwas in dem Bardenton in Denis.
Da nun Klopſtock ſelbſt ſich ſo ſehr hat verlaͤug-
nen koͤnnen, veraͤndern muͤſſen — iſt dies
Muß nicht eine groſſe Lehre? Sie ſchreiben
mir neulich, da Sie Denis Sylbenmaaſſe prie-
ſen, Jhnen ſey bey ſeinem Fingal und Ros-
krane Klopſtocks Hermann und Thuſnel-
de (in den Brem. Beytr.) eingefallen: deſto
ſchlimmer, denn Klopſtocks neuerer Bardeton
iſt wohl nicht ganz der in Hermann und Thu-
ſnelde. Jch bins gewiß nicht allein, der die-
ſen veraͤnderten, haͤrtern Bardeton im neuern
Klopſtock empfindet, und ohne mich in das
Beſſre oder Schlechtre einzulaſſen, gehe ich
gern mit den Jahren des Dichters, und mit
der Natur fort, und bin ſtolz darauf das Deut-
ſche Bardenmaͤßige in ſeinem
Was that dir Thor, dein Vaterland.
und in allen neuern Stuͤcken, wo ſo viel kurzer,
dramatiſcher Dialog und Wurf der Gedanken
iſt, zu empfinden —
… Der Faden unſres Briefwechſels ver-
vielfaͤltigt ſich ſo, daß ich kaum
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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/34>, abgerufen am 16.07.2024.
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