Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.

Bild:
<< vorherige Seite

sich zum Orrasee, auf sein Mädchen beziehen
muß! Der auf die Schnelle und Langsam-
keit seines Weges, auf sein Hineilen der Seele,
auf seine vorwandernde Gedanken, auf seine
Lust, Richtsteige zu suchen, wie natürlich! wie
sehnlich zurück kommt! Que de choses dans
un menuet!
und ich liefre Jhnen doch nur
die stammlendsten, zerrissensten Reste.

Ein andres lappländisches Liebeslied an sein
Rennthier
wollte ich Jhnen auch mittheilen;
aber es ist verworfen, und wer mag Zettel su-
chen? Dafür stehe hier ein altes, recht schau-
derhaftes Schottisches Lied, für das ich schon
mehr stehen kann, weil ichs unmittelbar aus
der Ursprache habe. Es ist ein Gespräch zwi-
schen Mutter und Sohn, und soll im Schotti-
schen mit der rührendsten Landmelodie beglei-
tet seyn, der der Text so viel Raum gönnet:

Dein Schwerdt, wie ists von Blut so roth?
Edward, Edward!|
Dein Schwerdt, wie ists von Blut so roth
Und gehst so traurig da! -- O!
Jch hab geschlagen meinen Geyer todt
Mutter, Mutter!
Jch hab geschlagen meinen Geyer todt,
Und das, das geht mir nah! -- O!
Dein's Geyers Blut ist nicht so roth!
Edward, Edward!
Dein's Geyers Blut ist nicht so roth,
Mein Sohn, bekenn mir frey! -- O!
Jch
B 5

ſich zum Orraſee, auf ſein Maͤdchen beziehen
muß! Der auf die Schnelle und Langſam-
keit ſeines Weges, auf ſein Hineilen der Seele,
auf ſeine vorwandernde Gedanken, auf ſeine
Luſt, Richtſteige zu ſuchen, wie natuͤrlich! wie
ſehnlich zuruͤck kommt! Que de choſes dans
un menuet!
und ich liefre Jhnen doch nur
die ſtammlendſten, zerriſſenſten Reſte.

Ein andres lapplaͤndiſches Liebeslied an ſein
Rennthier
wollte ich Jhnen auch mittheilen;
aber es iſt verworfen, und wer mag Zettel ſu-
chen? Dafuͤr ſtehe hier ein altes, recht ſchau-
derhaftes Schottiſches Lied, fuͤr das ich ſchon
mehr ſtehen kann, weil ichs unmittelbar aus
der Urſprache habe. Es iſt ein Geſpraͤch zwi-
ſchen Mutter und Sohn, und ſoll im Schotti-
ſchen mit der ruͤhrendſten Landmelodie beglei-
tet ſeyn, der der Text ſo viel Raum goͤnnet:

Dein Schwerdt, wie iſts von Blut ſo roth?
Edward, Edward!|
Dein Schwerdt, wie iſts von Blut ſo roth
Und gehſt ſo traurig da! — O!
Jch hab geſchlagen meinen Geyer todt
Mutter, Mutter!
Jch hab geſchlagen meinen Geyer todt,
Und das, das geht mir nah! — O!
Dein’s Geyers Blut iſt nicht ſo roth!
Edward, Edward!
Dein’s Geyers Blut iſt nicht ſo roth,
Mein Sohn, bekenn mir frey! — O!
Jch
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="25"/>
&#x017F;ich zum Orra&#x017F;ee, auf &#x017F;ein Ma&#x0364;dchen beziehen<lb/>
muß! Der auf die Schnelle und Lang&#x017F;am-<lb/>
keit &#x017F;eines Weges, auf &#x017F;ein Hineilen der Seele,<lb/>
auf &#x017F;eine vorwandernde Gedanken, auf &#x017F;eine<lb/>
Lu&#x017F;t, Richt&#x017F;teige zu &#x017F;uchen, wie natu&#x0364;rlich! wie<lb/>
&#x017F;ehnlich zuru&#x0364;ck kommt! <hi rendition="#aq">Que de cho&#x017F;es dans<lb/>
un menuet!</hi> und ich liefre Jhnen doch nur<lb/>
die &#x017F;tammlend&#x017F;ten, zerri&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten Re&#x017F;te.</p><lb/>
        <p>Ein andres lappla&#x0364;ndi&#x017F;ches Liebeslied an <hi rendition="#fr">&#x017F;ein<lb/>
Rennthier</hi> wollte ich Jhnen auch mittheilen;<lb/>
aber es i&#x017F;t verworfen, und wer mag Zettel &#x017F;u-<lb/>
chen? Dafu&#x0364;r &#x017F;tehe hier ein altes, recht &#x017F;chau-<lb/>
derhaftes Schotti&#x017F;ches Lied, fu&#x0364;r das ich &#x017F;chon<lb/>
mehr &#x017F;tehen kann, weil ichs unmittelbar aus<lb/>
der Ur&#x017F;prache habe. Es i&#x017F;t ein Ge&#x017F;pra&#x0364;ch zwi-<lb/>
&#x017F;chen Mutter und Sohn, und &#x017F;oll im Schotti-<lb/>
&#x017F;chen mit der ru&#x0364;hrend&#x017F;ten Landmelodie beglei-<lb/>
tet &#x017F;eyn, der der Text &#x017F;o viel Raum go&#x0364;nnet:</p><lb/>
        <cit>
          <quote>
            <lg type="poem">
              <l>Dein Schwerdt, wie i&#x017F;ts von Blut &#x017F;o roth?</l><lb/>
              <l>Edward, Edward!|</l><lb/>
              <l>Dein Schwerdt, wie i&#x017F;ts von Blut &#x017F;o roth</l><lb/>
              <l>Und geh&#x017F;t &#x017F;o traurig da! &#x2014; O!</l><lb/>
              <l>Jch hab ge&#x017F;chlagen meinen Geyer todt</l><lb/>
              <l>Mutter, Mutter!</l><lb/>
              <l>Jch hab ge&#x017F;chlagen meinen Geyer todt,</l><lb/>
              <l>Und das, das geht mir nah! &#x2014; O!</l><lb/>
              <l>Dein&#x2019;s Geyers Blut i&#x017F;t nicht &#x017F;o roth!</l><lb/>
              <l>Edward, Edward!</l><lb/>
              <l>Dein&#x2019;s Geyers Blut i&#x017F;t nicht &#x017F;o roth,</l><lb/>
              <l>Mein Sohn, bekenn mir frey! &#x2014; O!</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">B 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
            </lg>
          </quote>
        </cit>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0029] ſich zum Orraſee, auf ſein Maͤdchen beziehen muß! Der auf die Schnelle und Langſam- keit ſeines Weges, auf ſein Hineilen der Seele, auf ſeine vorwandernde Gedanken, auf ſeine Luſt, Richtſteige zu ſuchen, wie natuͤrlich! wie ſehnlich zuruͤck kommt! Que de choſes dans un menuet! und ich liefre Jhnen doch nur die ſtammlendſten, zerriſſenſten Reſte. Ein andres lapplaͤndiſches Liebeslied an ſein Rennthier wollte ich Jhnen auch mittheilen; aber es iſt verworfen, und wer mag Zettel ſu- chen? Dafuͤr ſtehe hier ein altes, recht ſchau- derhaftes Schottiſches Lied, fuͤr das ich ſchon mehr ſtehen kann, weil ichs unmittelbar aus der Urſprache habe. Es iſt ein Geſpraͤch zwi- ſchen Mutter und Sohn, und ſoll im Schotti- ſchen mit der ruͤhrendſten Landmelodie beglei- tet ſeyn, der der Text ſo viel Raum goͤnnet: Dein Schwerdt, wie iſts von Blut ſo roth? Edward, Edward!| Dein Schwerdt, wie iſts von Blut ſo roth Und gehſt ſo traurig da! — O! Jch hab geſchlagen meinen Geyer todt Mutter, Mutter! Jch hab geſchlagen meinen Geyer todt, Und das, das geht mir nah! — O! Dein’s Geyers Blut iſt nicht ſo roth! Edward, Edward! Dein’s Geyers Blut iſt nicht ſo roth, Mein Sohn, bekenn mir frey! — O! Jch B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/29
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/29>, abgerufen am 24.11.2024.