und den wahren Begriff des Eigenthums, und der ganze Reichsboden verwandelt sich überall in Lehn-Pacht-Zins- und Bauerguth, so wie es dem Reichsoberhaupte, und seinen Dienstleuten gefällt. Alle Ehre ist im Dienst; und der schwäbische Friedrich bemühet sich vergeblich, der Kaiserlichen Krone, worin ehe- dem jeder gemeiner Landeigenthümer ein Klei- nod war, durch blosse Dienstleute ihren alten Glanz wieder zu geben. Die verbundene Städte und ihre Pfalbürger geben zwar der Nation Hoffnung zu einem neuen gemeinen Eigenthum. Allein die Hände der Kaiser sind zu schwach und schlüpfrich, und anstatt diese Bundesgenossen mit einer magna Charta zu begnadigen, und sich aus allen Bürgen und Städten ein Unterhaus zu er- schaffen, welches auf sichere Weise den Un- tergang der ehmaligen Landeigenthümer wie- der ersetzt haben würde, müssen sie gegen sol- che Verbindungen und alle Pfalbürgerschaft ein Reichsgesetze übers andre machen. Ru- dolph von Habsburg sieht diesen grossen Staatsfehler wohl ein, und ist mehr als ein- mal darauf bedacht, ihn zu verbessern. Al- lein Carl der IV. arbeitet nach einem dem vo- rigen ganz entgegengesetzten Plan, indem er die mittlere Gewalt im Staat wieder begün- stiget, und Wenzels grosse Absichten, welche
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und den wahren Begriff des Eigenthums, und der ganze Reichsboden verwandelt ſich uͤberall in Lehn-Pacht-Zins- und Bauerguth, ſo wie es dem Reichsoberhaupte, und ſeinen Dienſtleuten gefaͤllt. Alle Ehre iſt im Dienſt; und der ſchwaͤbiſche Friedrich bemuͤhet ſich vergeblich, der Kaiſerlichen Krone, worin ehe- dem jeder gemeiner Landeigenthuͤmer ein Klei- nod war, durch bloſſe Dienſtleute ihren alten Glanz wieder zu geben. Die verbundene Staͤdte und ihre Pfalbuͤrger geben zwar der Nation Hoffnung zu einem neuen gemeinen Eigenthum. Allein die Haͤnde der Kaiſer ſind zu ſchwach und ſchluͤpfrich, und anſtatt dieſe Bundesgenoſſen mit einer magna Charta zu begnadigen, und ſich aus allen Buͤrgen und Staͤdten ein Unterhaus zu er- ſchaffen, welches auf ſichere Weiſe den Un- tergang der ehmaligen Landeigenthuͤmer wie- der erſetzt haben wuͤrde, muͤſſen ſie gegen ſol- che Verbindungen und alle Pfalbuͤrgerſchaft ein Reichsgeſetze uͤbers andre machen. Ru- dolph von Habsburg ſieht dieſen groſſen Staatsfehler wohl ein, und iſt mehr als ein- mal darauf bedacht, ihn zu verbeſſern. Al- lein Carl der IV. arbeitet nach einem dem vo- rigen ganz entgegengeſetzten Plan, indem er die mittlere Gewalt im Staat wieder beguͤn- ſtiget, und Wenzels groſſe Abſichten, welche
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und den wahren Begriff des Eigenthums,
und der ganze Reichsboden verwandelt ſich
uͤberall in Lehn-Pacht-Zins- und Bauerguth,
ſo wie es dem Reichsoberhaupte, und ſeinen
Dienſtleuten gefaͤllt. Alle Ehre iſt im Dienſt;
und der ſchwaͤbiſche Friedrich bemuͤhet ſich
vergeblich, der Kaiſerlichen Krone, worin ehe-
dem jeder gemeiner Landeigenthuͤmer ein Klei-
nod war, durch bloſſe Dienſtleute ihren alten
Glanz wieder zu geben. Die verbundene
Staͤdte und ihre Pfalbuͤrger geben zwar der
Nation Hoffnung zu einem neuen gemeinen
Eigenthum. Allein die Haͤnde der Kaiſer
ſind zu ſchwach und ſchluͤpfrich, und anſtatt
dieſe Bundesgenoſſen mit einer magna
Charta zu begnadigen, und ſich aus allen
Buͤrgen und Staͤdten ein Unterhaus zu er-
ſchaffen, welches auf ſichere Weiſe den Un-
tergang der ehmaligen Landeigenthuͤmer wie-
der erſetzt haben wuͤrde, muͤſſen ſie gegen ſol-
che Verbindungen und alle Pfalbuͤrgerſchaft
ein Reichsgeſetze uͤbers andre machen. Ru-
dolph von Habsburg ſieht dieſen groſſen
Staatsfehler wohl ein, und iſt mehr als ein-
mal darauf bedacht, ihn zu verbeſſern. Al-
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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/173>, abgerufen am 23.12.2024.
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