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Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.

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diese Eigenschaft des Steins. Als man stei-
nerne Kugeln auf Ambossen, die man mit
Talg bestrichen hatte, unter den Hammer
brachte, spreiteten sie sich und liessen auf der
Oberfläche des Talgs weite kraisrunde Ein-
drücke. Nach den Bemerkungen der drey
bereits angeführten berühmten Mathematiker
glaubt man, daß der Bogen und die Atticke
von St. Peter aus keiner andern Ursache ge-
borsten seyn, als weil die Steine zu sehr zu-
sammengedruckt worden. Freylich aber läßt
sich dem ungeachtet aus dieser Eigenschaft
des Steins keine Ausnahme wider das Sy-
stem des Belidor und de la Hire machen.
Als diese Mathematiker fanden, daß der
Widerstand zehnmal grösser seyn müßte als
der Druck, wofern sich der Bogen von St.
Peter oberwähnter Maassen gegen den äussern
Winkel der Base hätte drehen sollen, dennoch
aber der Augenschein ergab, wie sehr die Kup-
pel gelitten hatte: so geriethen sie auf die
Vermuthung, daß vielleicht neue Risse da
seyn könnten, wobey der innere Winkel hätte
unbeweglich bleiben, und sich der Druck doch
nach den äussern Winkel neigen können, und
der Bogen aus einander gehn müssen. Auf
diese Art wären die Risse freylich viel leichter
als auf die erste. Denn im Falle der Mittel-
punkt der Bewegung im äussern Winkel

wäre,
K 4

dieſe Eigenſchaft des Steins. Als man ſtei-
nerne Kugeln auf Amboſſen, die man mit
Talg beſtrichen hatte, unter den Hammer
brachte, ſpreiteten ſie ſich und lieſſen auf der
Oberflaͤche des Talgs weite kraisrunde Ein-
druͤcke. Nach den Bemerkungen der drey
bereits angefuͤhrten beruͤhmten Mathematiker
glaubt man, daß der Bogen und die Atticke
von St. Peter aus keiner andern Urſache ge-
borſten ſeyn, als weil die Steine zu ſehr zu-
ſammengedruckt worden. Freylich aber laͤßt
ſich dem ungeachtet aus dieſer Eigenſchaft
des Steins keine Ausnahme wider das Sy-
ſtem des Belidor und de la Hire machen.
Als dieſe Mathematiker fanden, daß der
Widerſtand zehnmal groͤſſer ſeyn muͤßte als
der Druck, wofern ſich der Bogen von St.
Peter oberwaͤhnter Maaſſen gegen den aͤuſſern
Winkel der Baſe haͤtte drehen ſollen, dennoch
aber der Augenſchein ergab, wie ſehr die Kup-
pel gelitten hatte: ſo geriethen ſie auf die
Vermuthung, daß vielleicht neue Riſſe da
ſeyn koͤnnten, wobey der innere Winkel haͤtte
unbeweglich bleiben, und ſich der Druck doch
nach den aͤuſſern Winkel neigen koͤnnen, und
der Bogen aus einander gehn muͤſſen. Auf
dieſe Art waͤren die Riſſe freylich viel leichter
als auf die erſte. Denn im Falle der Mittel-
punkt der Bewegung im aͤuſſern Winkel

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[151/0155] dieſe Eigenſchaft des Steins. Als man ſtei- nerne Kugeln auf Amboſſen, die man mit Talg beſtrichen hatte, unter den Hammer brachte, ſpreiteten ſie ſich und lieſſen auf der Oberflaͤche des Talgs weite kraisrunde Ein- druͤcke. Nach den Bemerkungen der drey bereits angefuͤhrten beruͤhmten Mathematiker glaubt man, daß der Bogen und die Atticke von St. Peter aus keiner andern Urſache ge- borſten ſeyn, als weil die Steine zu ſehr zu- ſammengedruckt worden. Freylich aber laͤßt ſich dem ungeachtet aus dieſer Eigenſchaft des Steins keine Ausnahme wider das Sy- ſtem des Belidor und de la Hire machen. Als dieſe Mathematiker fanden, daß der Widerſtand zehnmal groͤſſer ſeyn muͤßte als der Druck, wofern ſich der Bogen von St. Peter oberwaͤhnter Maaſſen gegen den aͤuſſern Winkel der Baſe haͤtte drehen ſollen, dennoch aber der Augenſchein ergab, wie ſehr die Kup- pel gelitten hatte: ſo geriethen ſie auf die Vermuthung, daß vielleicht neue Riſſe da ſeyn koͤnnten, wobey der innere Winkel haͤtte unbeweglich bleiben, und ſich der Druck doch nach den aͤuſſern Winkel neigen koͤnnen, und der Bogen aus einander gehn muͤſſen. Auf dieſe Art waͤren die Riſſe freylich viel leichter als auf die erſte. Denn im Falle der Mittel- punkt der Bewegung im aͤuſſern Winkel waͤre, K 4

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_artundkunst_1773/155>, abgerufen am 24.11.2024.