Herder, Johann Gottfried von: Von Deutscher Art und Kunst. Hamburg, 1773.derselbe bey dem gothischen Bogen der halben sichtig,
derſelbe bey dem gothiſchen Bogen der halben ſichtig,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="144"/> derſelbe bey dem gothiſchen Bogen der halben<lb/> Laſt gleich werden, und folglich eben ſo wie<lb/> bey einem halbkraiſigten Bogen ſeyn. Da-<lb/> her hat die Widerlage beym gothiſchen Bo-<lb/> gen mehr Sicherheit als beym roͤmiſchen;<lb/> hergegen in der Mitte zwiſchen der Wider-<lb/> lage und dem Schluſſe verhaͤlt ſich’s umge-<lb/> kehrt, z. B. wenn man auf den Schluß des<lb/> gothiſchen Bogens ein Gewicht von 300000<lb/> Pfund legen wollte, ſo wuͤrde der waagrechte<lb/> Druck gegen den dritten Theil des Bogens<lb/> ungefehr gleich 150000 Pfund ſeyn, beym<lb/> roͤmiſchen hingegen nur 120000 Pf. Nun<lb/> nehmen de la Hire und Belidor als einen Er-<lb/> fahrungsſatz an, daß die Boͤgen und Gewoͤlbe<lb/> insgemein zwiſchen dem Schluſſe und der<lb/> Widerlage reiſſen: daher pflegt man auch die<lb/> eiſernen Klammern gegen den dritten Theil<lb/> des Bogens zu, anzubringen. Da nun der<lb/> gothiſche Bogen zwiſchen dem Schluſſe und<lb/> der Widerlage ſchwaͤcher iſt, wo doch die<lb/> Gefahr zu reiſſen groͤſſer, ſo kann man ihn<lb/> dem roͤmiſchen nicht vorziehn, und die deut-<lb/> ſchen Baukuͤnſtler haben alſo damit nicht nur<lb/> der Schoͤnheit, ſondern auch der Staͤrke und<lb/> Feſtigkeit der Gebaͤude Eintrag gethan. Ja<lb/> ſie gaben nicht nur den Bogen uͤberhaupt eben<lb/> nicht ihre ſchoͤnſte und angenehmſte Geſtalt,<lb/> ſondern ſie waren noch dazu darinnen unvor-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſichtig,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0148]
derſelbe bey dem gothiſchen Bogen der halben
Laſt gleich werden, und folglich eben ſo wie
bey einem halbkraiſigten Bogen ſeyn. Da-
her hat die Widerlage beym gothiſchen Bo-
gen mehr Sicherheit als beym roͤmiſchen;
hergegen in der Mitte zwiſchen der Wider-
lage und dem Schluſſe verhaͤlt ſich’s umge-
kehrt, z. B. wenn man auf den Schluß des
gothiſchen Bogens ein Gewicht von 300000
Pfund legen wollte, ſo wuͤrde der waagrechte
Druck gegen den dritten Theil des Bogens
ungefehr gleich 150000 Pfund ſeyn, beym
roͤmiſchen hingegen nur 120000 Pf. Nun
nehmen de la Hire und Belidor als einen Er-
fahrungsſatz an, daß die Boͤgen und Gewoͤlbe
insgemein zwiſchen dem Schluſſe und der
Widerlage reiſſen: daher pflegt man auch die
eiſernen Klammern gegen den dritten Theil
des Bogens zu, anzubringen. Da nun der
gothiſche Bogen zwiſchen dem Schluſſe und
der Widerlage ſchwaͤcher iſt, wo doch die
Gefahr zu reiſſen groͤſſer, ſo kann man ihn
dem roͤmiſchen nicht vorziehn, und die deut-
ſchen Baukuͤnſtler haben alſo damit nicht nur
der Schoͤnheit, ſondern auch der Staͤrke und
Feſtigkeit der Gebaͤude Eintrag gethan. Ja
ſie gaben nicht nur den Bogen uͤberhaupt eben
nicht ihre ſchoͤnſte und angenehmſte Geſtalt,
ſondern ſie waren noch dazu darinnen unvor-
ſichtig,
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