Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.schende Baum Früchte -- Jnteresse gnug, die Nun lasset dem Menschen alle Sinne frei; er und *) Diderot ist in seinem ganzen Briefe sur les sourds &
muets kaum auf diese Hauptmaterie gekommen, da er sich nur bei Jnversionen und hundert andern Kleinig- keiten aufhält. ſchende Baum Fruͤchte — Jntereſſe gnug, die Nun laſſet dem Menſchen alle Sinne frei; er und *) Diderot iſt in ſeinem ganzen Briefe ſur les ſourds &
muets kaum auf dieſe Hauptmaterie gekommen, da er ſich nur bei Jnverſionen und hundert andern Kleinig- keiten aufhält. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0084" n="78"/> ſchende Baum Fruͤchte — Jntereſſe gnug, die<lb/> wohlthaͤtigen Weſen zu <hi rendition="#fr">kennen,</hi> Dringniß gnug,<lb/> ohne Augen und Zunge in ſeiner Seele ſie zu <hi rendition="#fr">nen-<lb/> nen.</hi> Der Baum wird der Rauſcher, der Weſt<lb/> Saͤuſler, die Quelle Rieſler heißen — Da liegt<lb/> ein kleines Woͤrterbuch fertig, und wartet auf das<lb/> Gepraͤge der Sprachorgane. Wie arm, und ſon-<lb/> derbar aber muͤßten die Vorſtellungen ſeyn, die<lb/> dieſer Verſtuͤmmelte mit ſolchen Schaͤllen ver-<lb/> bindet? <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#fr">Diderot</hi> iſt in ſeinem ganzen Briefe <hi rendition="#aq">ſur les ſourds &<lb/> muets</hi> kaum auf dieſe Hauptmaterie gekommen, da er<lb/> ſich nur bei Jnverſionen und hundert andern Kleinig-<lb/> keiten aufhält.</note></p><lb/> <p>Nun laſſet dem Menſchen alle Sinne frei; er<lb/> ſehe und taſte und fuͤhle zugleich alle Weſen, die<lb/> in ſein Ohr reden — Himmel! Welch ein Lehr-<lb/> ſaal der Jdeen und der Sprache! Fuͤhret keinen<lb/> Merkur und Apollo, als Opernmaſchinen von den<lb/> Wolken herunter — Die ganze, vieltoͤnige goͤtt-<lb/> liche Natur iſt Sprachlehrerinn und Muſe! Da<lb/> fuͤhret ſie alle Geſchoͤpfe bei ihm vorbei; jedes traͤgt<lb/> ſeinen Namen auf der Zunge, und nennet ſich,<lb/> dieſem verhuͤlleten ſichtbaren Gotte! als Vaſall<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0084]
ſchende Baum Fruͤchte — Jntereſſe gnug, die
wohlthaͤtigen Weſen zu kennen, Dringniß gnug,
ohne Augen und Zunge in ſeiner Seele ſie zu nen-
nen. Der Baum wird der Rauſcher, der Weſt
Saͤuſler, die Quelle Rieſler heißen — Da liegt
ein kleines Woͤrterbuch fertig, und wartet auf das
Gepraͤge der Sprachorgane. Wie arm, und ſon-
derbar aber muͤßten die Vorſtellungen ſeyn, die
dieſer Verſtuͤmmelte mit ſolchen Schaͤllen ver-
bindet? *)
Nun laſſet dem Menſchen alle Sinne frei; er
ſehe und taſte und fuͤhle zugleich alle Weſen, die
in ſein Ohr reden — Himmel! Welch ein Lehr-
ſaal der Jdeen und der Sprache! Fuͤhret keinen
Merkur und Apollo, als Opernmaſchinen von den
Wolken herunter — Die ganze, vieltoͤnige goͤtt-
liche Natur iſt Sprachlehrerinn und Muſe! Da
fuͤhret ſie alle Geſchoͤpfe bei ihm vorbei; jedes traͤgt
ſeinen Namen auf der Zunge, und nennet ſich,
dieſem verhuͤlleten ſichtbaren Gotte! als Vaſall
und
*) Diderot iſt in ſeinem ganzen Briefe ſur les ſourds &
muets kaum auf dieſe Hauptmaterie gekommen, da er
ſich nur bei Jnverſionen und hundert andern Kleinig-
keiten aufhält.
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