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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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gegen. Von diesen hat der Mensch nur ein Bruchstück; voll-
ständiger und verschiedener erblicken wir dieselben bey den
Thieren, wo sich klar zeigt, daß dabey der organische Bau
das wesentliche und bestimmende ausmacht. Man erinnere
sich insbesondere der thierischen Kunsttriebe.

Allein der wichtigste und allgemeinste der Triebe ist der
nach Bewegung und Veränderung, die unruhige Lebendig-
keit, die sich vorzüglich bey Kindern und jungen Thieren
verräth. Das ist viel Leben bey wenig Geist; man kann
daran sich üben, um Leben und Seele unterscheiden zu ler-
nen. Da sich diese Lebendigkeit nach dem Alter richtet, und
außerdem bey den Jndividuen von Geburt an verschieden
ist, so darf man glauben, sie sey Folge des Organismus,
also vielmehr ein physiologischer als psychologischer Ge-
genstand.

111. Wie nun die Psychologen nach der Analogie des
äußern Sinnes den innern ersunden haben, so auch stellen
sie neben die organischen Triebe noch mehrere andere; als
die Selbstliebe, den Nachahmungs-
und Erweiterungs-Trieb,
die geselligen Triebe u. s. w. ja gar einen allgemei-
nen Glückseligkeits-Trieb, obgleich Niemand dieses letztern
Triebes Gegenstand bestimmt angeben kann, vielmehr derselbe
bey verschiedenen Jndividuen verschieden ist.

Hier liegt es nun am Tage, daß nichts, als nur die
psychologische Abstraction, dem ganz unbestimmten Begriffe
der Glückseligkeit eine Unterlage unter dem Namen eines
Triebes gegeben hat. Nicht besser aber steht es um die
Selbstliebe und die geselligen Triebe. Das Begehren geht
hier voran vor allem hinzugedachten Jch, Du und Er.
Die Erfahrung zeigt deutlich genug, daß sowohl die egoisti-
sche Klugheit, als die Entschließungen für andre etwas zu
opfern, sich nur allmählig bilden, so wie es sich mehr ein-

gegen. Von diesen hat der Mensch nur ein Bruchstück; voll-
ständiger und verschiedener erblicken wir dieselben bey den
Thieren, wo sich klar zeigt, daß dabey der organische Bau
das wesentliche und bestimmende ausmacht. Man erinnere
sich insbesondere der thierischen Kunsttriebe.

Allein der wichtigste und allgemeinste der Triebe ist der
nach Bewegung und Veränderung, die unruhige Lebendig-
keit, die sich vorzüglich bey Kindern und jungen Thieren
verräth. Das ist viel Leben bey wenig Geist; man kann
daran sich üben, um Leben und Seele unterscheiden zu ler-
nen. Da sich diese Lebendigkeit nach dem Alter richtet, und
außerdem bey den Jndividuen von Geburt an verschieden
ist, so darf man glauben, sie sey Folge des Organismus,
also vielmehr ein physiologischer als psychologischer Ge-
genstand.

111. Wie nun die Psychologen nach der Analogie des
äußern Sinnes den innern ersunden haben, so auch stellen
sie neben die organischen Triebe noch mehrere andere; als
die Selbstliebe, den Nachahmungs-
und Erweiterungs-Trieb,
die geselligen Triebe u. s. w. ja gar einen allgemei-
nen Glückseligkeits-Trieb, obgleich Niemand dieses letztern
Triebes Gegenstand bestimmt angeben kann, vielmehr derselbe
bey verschiedenen Jndividuen verschieden ist.

Hier liegt es nun am Tage, daß nichts, als nur die
psychologische Abstraction, dem ganz unbestimmten Begriffe
der Glückseligkeit eine Unterlage unter dem Namen eines
Triebes gegeben hat. Nicht besser aber steht es um die
Selbstliebe und die geselligen Triebe. Das Begehren geht
hier voran vor allem hinzugedachten Jch, Du und Er.
Die Erfahrung zeigt deutlich genug, daß sowohl die egoisti-
sche Klugheit, als die Entschließungen für andre etwas zu
opfern, sich nur allmählig bilden, so wie es sich mehr ein-

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[87/0095] gegen. Von diesen hat der Mensch nur ein Bruchstück; voll- ständiger und verschiedener erblicken wir dieselben bey den Thieren, wo sich klar zeigt, daß dabey der organische Bau das wesentliche und bestimmende ausmacht. Man erinnere sich insbesondere der thierischen Kunsttriebe. Allein der wichtigste und allgemeinste der Triebe ist der nach Bewegung und Veränderung, die unruhige Lebendig- keit, die sich vorzüglich bey Kindern und jungen Thieren verräth. Das ist viel Leben bey wenig Geist; man kann daran sich üben, um Leben und Seele unterscheiden zu ler- nen. Da sich diese Lebendigkeit nach dem Alter richtet, und außerdem bey den Jndividuen von Geburt an verschieden ist, so darf man glauben, sie sey Folge des Organismus, also vielmehr ein physiologischer als psychologischer Ge- genstand. 111. Wie nun die Psychologen nach der Analogie des äußern Sinnes den innern ersunden haben, so auch stellen sie neben die organischen Triebe noch mehrere andere; als die Selbstliebe, den Nachahmungs- und Erweiterungs-Trieb, die geselligen Triebe u. s. w. ja gar einen allgemei- nen Glückseligkeits-Trieb, obgleich Niemand dieses letztern Triebes Gegenstand bestimmt angeben kann, vielmehr derselbe bey verschiedenen Jndividuen verschieden ist. Hier liegt es nun am Tage, daß nichts, als nur die psychologische Abstraction, dem ganz unbestimmten Begriffe der Glückseligkeit eine Unterlage unter dem Namen eines Triebes gegeben hat. Nicht besser aber steht es um die Selbstliebe und die geselligen Triebe. Das Begehren geht hier voran vor allem hinzugedachten Jch, Du und Er. Die Erfahrung zeigt deutlich genug, daß sowohl die egoisti- sche Klugheit, als die Entschließungen für andre etwas zu opfern, sich nur allmählig bilden, so wie es sich mehr ein-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/95>, abgerufen am 22.11.2024.