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Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

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staunen kann eben so wohl angenehm als unangenehm seyn.
Die Contraste sind in allen schönen Künsten unentbehrlich;
und doch fallen sie nur selten mit den eigentlichen ästheti-
schen Verhältnissen zusammen; vielmehr dienen sie zunächst,
das Mannigfaltige auseinanderzuhalten, und dadurch die
Faßlichkeit jener Verhältnisse zu unterstützen.

103. Daß es gemischte Gefühle geben könne, folgt
allenfalls schon aus der Ungleichartigkeit der beyden vorer-
wähnten Klassen; die Neugierde, die etwas an sich widriges
sehen (oder überhaupt wahrnehmen) will, und die nun durch
eine ihr wirklich zu Theil gewordene unangenehme Em-
pfindung befriedigt wird, liefert dazu das Beyspiel. Oh-
nehin kann auf empirischem Wege Niemand auf
den Gedanken kommen, gemischte Gefühle läugnen
zu wollen
, da die Fälle täglich vorkommen, wo ein und
dasselbe Ereigniß in verschiedener Hinsicht unsre Gefühle
aufregt, und sehr oft auf entgegengesetzte Weise.

Anmerkung. Falsche Speculationen haben es den-
noch dahin gebracht, diese einfache Thatsache zu verdunkeln.
Man meint dabey eine zwiefache Täuschung zu entdecken,
erstlich eine Verwechselung. zwischen dem Gefühle selbst und
seinen mannigfaltigen Ursachen, zweytens ein Verkennen des
Uebergangs aus einem Gefühle ins andre. Diese Bemer-
kungen können die Thatsache nicht zweifelhaft machen, am
wenigsten aber die entgegengesetzte Behauptung veststellen.
Es ist schon gezeigt worden (34 -- 38), daß des Menschen
Fühlen und. Wollen in seinen Vorstellungsmassen, und kei-
nesweges unmittelbar in der Seele, begründet ist, daher
denn die Vielfachheit und der Widerstreit des Fühlens sowohl
als des Wollens eben so begreiflich als gewiß in der Erfah-
rung gegeben ist.

Anmerkung. Nur zu oft gefallen sich die Dichter
in dem. Kunststück, Gefühle zu mischen. So können sie das

staunen kann eben so wohl angenehm als unangenehm seyn.
Die Contraste sind in allen schönen Künsten unentbehrlich;
und doch fallen sie nur selten mit den eigentlichen ästheti-
schen Verhältnissen zusammen; vielmehr dienen sie zunächst,
das Mannigfaltige auseinanderzuhalten, und dadurch die
Faßlichkeit jener Verhältnisse zu unterstützen.

103. Daß es gemischte Gefühle geben könne, folgt
allenfalls schon aus der Ungleichartigkeit der beyden vorer-
wähnten Klassen; die Neugierde, die etwas an sich widriges
sehen (oder überhaupt wahrnehmen) will, und die nun durch
eine ihr wirklich zu Theil gewordene unangenehme Em-
pfindung befriedigt wird, liefert dazu das Beyspiel. Oh-
nehin kann auf empirischem Wege Niemand auf
den Gedanken kommen, gemischte Gefühle läugnen
zu wollen
, da die Fälle täglich vorkommen, wo ein und
dasselbe Ereigniß in verschiedener Hinsicht unsre Gefühle
aufregt, und sehr oft auf entgegengesetzte Weise.

Anmerkung. Falsche Speculationen haben es den-
noch dahin gebracht, diese einfache Thatsache zu verdunkeln.
Man meint dabey eine zwiefache Täuschung zu entdecken,
erstlich eine Verwechselung. zwischen dem Gefühle selbst und
seinen mannigfaltigen Ursachen, zweytens ein Verkennen des
Uebergangs aus einem Gefühle ins andre. Diese Bemer-
kungen können die Thatsache nicht zweifelhaft machen, am
wenigsten aber die entgegengesetzte Behauptung veststellen.
Es ist schon gezeigt worden (34 — 38), daß des Menschen
Fühlen und. Wollen in seinen Vorstellungsmassen, und kei-
nesweges unmittelbar in der Seele, begründet ist, daher
denn die Vielfachheit und der Widerstreit des Fühlens sowohl
als des Wollens eben so begreiflich als gewiß in der Erfah-
rung gegeben ist.

Anmerkung. Nur zu oft gefallen sich die Dichter
in dem. Kunststück, Gefühle zu mischen. So können sie das

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[81/0089] staunen kann eben so wohl angenehm als unangenehm seyn. Die Contraste sind in allen schönen Künsten unentbehrlich; und doch fallen sie nur selten mit den eigentlichen ästheti- schen Verhältnissen zusammen; vielmehr dienen sie zunächst, das Mannigfaltige auseinanderzuhalten, und dadurch die Faßlichkeit jener Verhältnisse zu unterstützen. 103. Daß es gemischte Gefühle geben könne, folgt allenfalls schon aus der Ungleichartigkeit der beyden vorer- wähnten Klassen; die Neugierde, die etwas an sich widriges sehen (oder überhaupt wahrnehmen) will, und die nun durch eine ihr wirklich zu Theil gewordene unangenehme Em- pfindung befriedigt wird, liefert dazu das Beyspiel. Oh- nehin kann auf empirischem Wege Niemand auf den Gedanken kommen, gemischte Gefühle läugnen zu wollen, da die Fälle täglich vorkommen, wo ein und dasselbe Ereigniß in verschiedener Hinsicht unsre Gefühle aufregt, und sehr oft auf entgegengesetzte Weise. Anmerkung. Falsche Speculationen haben es den- noch dahin gebracht, diese einfache Thatsache zu verdunkeln. Man meint dabey eine zwiefache Täuschung zu entdecken, erstlich eine Verwechselung. zwischen dem Gefühle selbst und seinen mannigfaltigen Ursachen, zweytens ein Verkennen des Uebergangs aus einem Gefühle ins andre. Diese Bemer- kungen können die Thatsache nicht zweifelhaft machen, am wenigsten aber die entgegengesetzte Behauptung veststellen. Es ist schon gezeigt worden (34 — 38), daß des Menschen Fühlen und. Wollen in seinen Vorstellungsmassen, und kei- nesweges unmittelbar in der Seele, begründet ist, daher denn die Vielfachheit und der Widerstreit des Fühlens sowohl als des Wollens eben so begreiflich als gewiß in der Erfah- rung gegeben ist. Anmerkung. Nur zu oft gefallen sich die Dichter in dem. Kunststück, Gefühle zu mischen. So können sie das

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/89>, abgerufen am 22.11.2024.