Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.
Sprung ächt-allgemeiner Begriffe in der mensch- Dergleichen Begriffe lassen sich factisch gar nicht nach- 80. Dagegen nun ist es eine nicht zu bezweifelnde That- 81. Die eben erwähnte Thatsache muß als eine psy- Das Vorstellen, als ein Abbilden der vorzustellenden
Sprung ächt-allgemeiner Begriffe in der mensch- Dergleichen Begriffe lassen sich factisch gar nicht nach- 80. Dagegen nun ist es eine nicht zu bezweifelnde That- 81. Die eben erwähnte Thatsache muß als eine psy- Das Vorstellen, als ein Abbilden der vorzustellenden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p> <hi rendition="#g"><pb facs="#f0072" n="64"/> Sprung ächt-allgemeiner Begriffe in der mensch-<lb/> lichen Seele zu erklären.</hi> </p><lb/> <p>Dergleichen Begriffe lassen sich factisch gar nicht nach-<lb/> weisen; außer in den Wissenschaften, wo es klar vor Augen<lb/> liegt, wie sie gebildet werden; nämlich durch positive und<lb/> negative Urtheile, welche dem Worte, dessen Desinition man<lb/> sucht, allerley Merkmale zusprechen und absprechen.</p><lb/> <p>80. Dagegen nun ist es eine nicht zu bezweifelnde That-<lb/> sache, daß die menschlichen Gedanken sich sehr gewöhnlich (ob-<lb/> wohl nicht immer) in die Form von <hi rendition="#g">Urtheilen</hi> fügen. Beyna-<lb/> he allen Redeformen in den nur einigermaaßen gebildeten Spra-<lb/> chen liegt die Verbindung eines Subjects und eines Prädicats<lb/> zum Grunde. Hiebey ist jedoch nicht zu vergessen, daß der<lb/> logischen Foderung: Subject und Prädicat sollen vest bestimmte<lb/> Begriffe seyn, in der Wirklichkeit nicht genüge Geleistet wird.</p><lb/> <p>81. Die eben erwähnte Thatsache muß als eine psy-<lb/> chologische Merkwürdigkeit auffallen. Denn aus der Vor-<lb/> aussetzung, ein vorstellendes Wesen solle eine wirkliche oder<lb/> auch nur scheinbare Welt erkennen, oder selbst nur eine<lb/> solche als möglich denken, folgt gar nicht, daß dieses Den-<lb/> ken und Erkennen gerade die Form von Urtheilen anneh-<lb/> men müsse, sondern man kann in Versuchung gerathen,<lb/> einen so besondern Umstand für eine eigenthümliche Ein-<lb/> richtung der menschlichen Natur zu halten.</p><lb/> <p>Das Vorstellen, als ein Abbilden der vorzustellenden<lb/> Gegenstände gedacht, sollte den Gegenständen selbst gleichen<lb/> und sich ihnen aufs genaueste anschließen. Aber das Ge-<lb/> füge der Subjecte und der (großentheils negativen) Prädi-<lb/> cate wird Niemand für eine Zusammensetzung in den Ge-<lb/> genständen halten. Und der Maler, der uns die Person,<lb/> nach der wir fragen, hinzeichnet, giebt uns eine weit ge-<lb/> nauere Kenntniß, als wer mit Worten alle die Prädicate<lb/> würde aufzählen wollen, welche in der Zeichnung mit Einem<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0072]
Sprung ächt-allgemeiner Begriffe in der mensch-
lichen Seele zu erklären.
Dergleichen Begriffe lassen sich factisch gar nicht nach-
weisen; außer in den Wissenschaften, wo es klar vor Augen
liegt, wie sie gebildet werden; nämlich durch positive und
negative Urtheile, welche dem Worte, dessen Desinition man
sucht, allerley Merkmale zusprechen und absprechen.
80. Dagegen nun ist es eine nicht zu bezweifelnde That-
sache, daß die menschlichen Gedanken sich sehr gewöhnlich (ob-
wohl nicht immer) in die Form von Urtheilen fügen. Beyna-
he allen Redeformen in den nur einigermaaßen gebildeten Spra-
chen liegt die Verbindung eines Subjects und eines Prädicats
zum Grunde. Hiebey ist jedoch nicht zu vergessen, daß der
logischen Foderung: Subject und Prädicat sollen vest bestimmte
Begriffe seyn, in der Wirklichkeit nicht genüge Geleistet wird.
81. Die eben erwähnte Thatsache muß als eine psy-
chologische Merkwürdigkeit auffallen. Denn aus der Vor-
aussetzung, ein vorstellendes Wesen solle eine wirkliche oder
auch nur scheinbare Welt erkennen, oder selbst nur eine
solche als möglich denken, folgt gar nicht, daß dieses Den-
ken und Erkennen gerade die Form von Urtheilen anneh-
men müsse, sondern man kann in Versuchung gerathen,
einen so besondern Umstand für eine eigenthümliche Ein-
richtung der menschlichen Natur zu halten.
Das Vorstellen, als ein Abbilden der vorzustellenden
Gegenstände gedacht, sollte den Gegenständen selbst gleichen
und sich ihnen aufs genaueste anschließen. Aber das Ge-
füge der Subjecte und der (großentheils negativen) Prädi-
cate wird Niemand für eine Zusammensetzung in den Ge-
genständen halten. Und der Maler, der uns die Person,
nach der wir fragen, hinzeichnet, giebt uns eine weit ge-
nauere Kenntniß, als wer mit Worten alle die Prädicate
würde aufzählen wollen, welche in der Zeichnung mit Einem
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