Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.Sowohl psychologisch als moralisch betrachtet sind diese 245. Dennoch kann man es nicht tadeln, daß der Sowohl psychologisch als moralisch betrachtet sind diese 245. Dennoch kann man es nicht tadeln, daß der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0207" n="199"/> <p>Sowohl psychologisch als moralisch betrachtet sind diese<lb/> Charaktere weit verschieden von jenen, die nach herrschenden<lb/> Plänen leben, folglich entweder etwas zu suchen oder doch<lb/> dergestalt zu hüten haben, daß es ihnen durchaus nicht ver-<lb/> loren gehn dürfe. Es ist zwar keineswegs in der vorherr-<lb/> chenden Pünctlichkeit allemal eine ganz lautere Sittlichkeit<lb/> zu finden; vielmehr ist der Jnhalt der angenommenen Maxi-<lb/> men gar mannigfaltig verschieden. Auch ist andererseits der<lb/> Begriff der Bestimmung und des Berufs, von wo die Pläne<lb/> ausgehn, keineswegs immer der Sittlichkeit fremd, vielmehr<lb/> kann der richtigste und reinste Werth der Gesellschaft die<lb/> Grundlage dieses Begriffs ausmachen. Aber Pläne mögen<lb/> seyn welche sie wollen: sie können fehlschlagen, und wer<lb/> einzig daran hangt, der kann zu Grunde gehen. Folglich<lb/> um <hi rendition="#g">nicht</hi> zu Grunde zu gehn, kann er in den Fall kom-<lb/> men, schlechte Mittel anzuwenden. Wenigstens kann er den<lb/> Gedanken daran nicht vermeiden, und hiedurch wird er min-<lb/> destens beunruhigt werden. Also müssen wir, alles Uebrige<lb/> gleichgesetzt, bekennen: <hi rendition="#g">Charaktere mit herrschenden<lb/> Plänen sind energischer; Charaktere mit herr-<lb/> schenden Maximen sind reiner</hi>.</p><lb/> <p>245. Dennoch kann man es nicht tadeln, daß der<lb/> Mensch den Zusammenhang seiner Pläne durch den Begriff<lb/> seiner Bestimmung, und diesen gemäß seiner Jdee der Ge-<lb/> sellschaft vestsetze. Denn wie nothwendig auch die mora-<lb/> lische Beherrschung seines Jnnern, sie ist ihm als Hauptge-<lb/> schäfft zu klein. Der einzelne Mensch ist in seinen eignen<lb/> Augen, so wie er sich als irdisches gebrechliches Wesen kennt,<lb/> losgetrennt von der Gesellschaft, zu wenig, zu gering. Er<lb/> bedarf mindestens der Familie; aber auch sie füllt nicht seinen<lb/> Gesichtskreis. Hingegen seine gesellige Bestimmung ist der<lb/> höchste Zielpunct, den er noch deutlich sehen kann; diesen<lb/> nicht zu sehen, wäre Beschränktheit.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0207]
Sowohl psychologisch als moralisch betrachtet sind diese
Charaktere weit verschieden von jenen, die nach herrschenden
Plänen leben, folglich entweder etwas zu suchen oder doch
dergestalt zu hüten haben, daß es ihnen durchaus nicht ver-
loren gehn dürfe. Es ist zwar keineswegs in der vorherr-
chenden Pünctlichkeit allemal eine ganz lautere Sittlichkeit
zu finden; vielmehr ist der Jnhalt der angenommenen Maxi-
men gar mannigfaltig verschieden. Auch ist andererseits der
Begriff der Bestimmung und des Berufs, von wo die Pläne
ausgehn, keineswegs immer der Sittlichkeit fremd, vielmehr
kann der richtigste und reinste Werth der Gesellschaft die
Grundlage dieses Begriffs ausmachen. Aber Pläne mögen
seyn welche sie wollen: sie können fehlschlagen, und wer
einzig daran hangt, der kann zu Grunde gehen. Folglich
um nicht zu Grunde zu gehn, kann er in den Fall kom-
men, schlechte Mittel anzuwenden. Wenigstens kann er den
Gedanken daran nicht vermeiden, und hiedurch wird er min-
destens beunruhigt werden. Also müssen wir, alles Uebrige
gleichgesetzt, bekennen: Charaktere mit herrschenden
Plänen sind energischer; Charaktere mit herr-
schenden Maximen sind reiner.
245. Dennoch kann man es nicht tadeln, daß der
Mensch den Zusammenhang seiner Pläne durch den Begriff
seiner Bestimmung, und diesen gemäß seiner Jdee der Ge-
sellschaft vestsetze. Denn wie nothwendig auch die mora-
lische Beherrschung seines Jnnern, sie ist ihm als Hauptge-
schäfft zu klein. Der einzelne Mensch ist in seinen eignen
Augen, so wie er sich als irdisches gebrechliches Wesen kennt,
losgetrennt von der Gesellschaft, zu wenig, zu gering. Er
bedarf mindestens der Familie; aber auch sie füllt nicht seinen
Gesichtskreis. Hingegen seine gesellige Bestimmung ist der
höchste Zielpunct, den er noch deutlich sehen kann; diesen
nicht zu sehen, wäre Beschränktheit.
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