verwickelten Verbindungen der Vorstellungen, die der Mensch im Laufe der Zeit
erlangt, ändert sich dies beträchtlich.
207. Eine Reihe von Vorstellungen sey eben jetzt im Ablaufen begriffen, so
ändert sich in jedem.Augenblicke die Hemmung, welche die gänzlich oder beynahe
aus dem Be- wußtsein verdrängten Vorstellungen erleiden. Einige kön- nen
sich von selbst regen, weil sie nun minder zurückgehal- ten sind; andre werden
reproducirt durch solche Glieder der ablaufenden Reihe, denen sie gleichartig
sind. Aber die re- producirten mögen selbst ihre Reihen haben, die nun auch anfangen abzulaufen, so verwickeln sich diese Reihen in ein- ander, und mit jener
erstern; es entstehn bald Hemmungen, bald Verschmelzungen und Complicationen.
Durch solche neue Verbindungen aber bilden sich neue Totalkräfte (23) und
die statischen Puncte werden dadurch verrückt, folglich neue Bewegungsgesetze
herbeygeführt.
Em mannigfaltiger Wechsel von Gemüthszuständen (33 -- 38) kann hiebey kaum
ausbleiben. Ein solcher zieht allemal den Organismus ins Spiel, durch dessen
Einmischung (die wir hier nicht weiter erwägen wollen) die Sache noch verwickelter wird.
Mit diesem Phantasiren (denn das ist es, mehr oder
minder lebhaft) verbinden sich sehr oft Handlungen in der Außenwelt und hievon
ist das laute Aussprechen der Ge_ danken nur eine Species. Bey Kindern, die noch
nicht ge_ lernt haben, sich zurückzuhalten, sind dergleichen Aeußerun- gen
dessen, was innerlich vorgeht, in der Regel. Da kommt alsdann die Wahrnehmung
des Products der Aeußerung hinzu und wirkt mit auf den Verlauf des
psychologischen Ereignisses.
208. Der Lauf der menschlichen Wahrnehmungen läßt alsdann, wenn er einigermaßen
rasch ist, den Vorstellungen, die er bringt, nicht Zeit, sich unter einander ins
Gleichge-
verwickelten Verbindungen der Vorstellungen, die der Mensch im Laufe der Zeit
erlangt, ändert sich dies beträchtlich.
207. Eine Reihe von Vorstellungen sey eben jetzt im Ablaufen begriffen, so
ändert sich in jedem.Augenblicke die Hemmung, welche die gänzlich oder beynahe
aus dem Be- wußtsein verdrängten Vorstellungen erleiden. Einige kön- nen
sich von selbst regen, weil sie nun minder zurückgehal- ten sind; andre werden
reproducirt durch solche Glieder der ablaufenden Reihe, denen sie gleichartig
sind. Aber die re- producirten mögen selbst ihre Reihen haben, die nun auch anfangen abzulaufen, so verwickeln sich diese Reihen in ein- ander, und mit jener
erstern; es entstehn bald Hemmungen, bald Verschmelzungen und Complicationen.
Durch solche neue Verbindungen aber bilden sich neue Totalkräfte (23) und
die statischen Puncte werden dadurch verrückt, folglich neue Bewegungsgesetze
herbeygeführt.
Em mannigfaltiger Wechsel von Gemüthszuständen (33 — 38) kann hiebey kaum
ausbleiben. Ein solcher zieht allemal den Organismus ins Spiel, durch dessen
Einmischung (die wir hier nicht weiter erwägen wollen) die Sache noch verwickelter wird.
Mit diesem Phantasiren (denn das ist es, mehr oder
minder lebhaft) verbinden sich sehr oft Handlungen in der Außenwelt und hievon
ist das laute Aussprechen der Ge_ danken nur eine Species. Bey Kindern, die noch
nicht ge_ lernt haben, sich zurückzuhalten, sind dergleichen Aeußerun- gen
dessen, was innerlich vorgeht, in der Regel. Da kommt alsdann die Wahrnehmung
des Products der Aeußerung hinzu und wirkt mit auf den Verlauf des
psychologischen Ereignisses.
208. Der Lauf der menschlichen Wahrnehmungen läßt alsdann, wenn er einigermaßen
rasch ist, den Vorstellungen, die er bringt, nicht Zeit, sich unter einander ins
Gleichge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0175"n="167"/>
verwickelten Verbindungen der Vorstellungen, die der Mensch<lb/>
im Laufe der Zeit
erlangt, ändert sich dies beträchtlich.</p><lb/><p>207. Eine Reihe von Vorstellungen sey eben jetzt im<lb/>
Ablaufen begriffen, so
ändert sich in jedem.Augenblicke die<lb/>
Hemmung, welche die gänzlich oder beynahe
aus dem Be-<lb/>
wußtsein verdrängten Vorstellungen erleiden. Einige kön-<lb/>
nen
sich von selbst regen, weil sie nun minder zurückgehal-<lb/>
ten sind; andre werden
reproducirt durch solche Glieder der<lb/>
ablaufenden Reihe, denen sie gleichartig
sind. Aber die re-<lb/>
producirten mögen selbst ihre Reihen haben, die nun auch<lb/>
anfangen abzulaufen, so verwickeln sich diese Reihen in ein-<lb/>
ander, und mit jener
erstern; es entstehn bald Hemmungen,<lb/>
bald Verschmelzungen und Complicationen.
Durch solche<lb/>
neue Verbindungen aber bilden sich neue Totalkräfte (23)<lb/>
und
die statischen Puncte werden dadurch verrückt, folglich<lb/>
neue Bewegungsgesetze
herbeygeführt.</p><lb/><p>Em mannigfaltiger Wechsel von Gemüthszuständen<lb/>
(33 — 38) kann hiebey kaum
ausbleiben. Ein solcher zieht<lb/>
allemal den Organismus ins Spiel, durch dessen
Einmischung<lb/>
(die wir hier nicht weiter erwägen wollen) die Sache noch<lb/>
verwickelter wird.</p><lb/><p>Mit diesem <hirendition="#g">Phantasiren</hi> (denn das ist es, mehr<lb/>
oder
minder lebhaft) verbinden sich sehr oft Handlungen in<lb/>
der Außenwelt und hievon
ist das laute Aussprechen der Ge_ danken<lb/>
nur eine Species. Bey Kindern, die noch
nicht ge_ lernt<lb/>
haben, sich zurückzuhalten, sind dergleichen Aeußerun-<lb/>
gen
dessen, was innerlich vorgeht, in der Regel. Da kommt<lb/>
alsdann die Wahrnehmung
des Products der Aeußerung<lb/>
hinzu und wirkt mit auf den Verlauf des
psychologischen<lb/>
Ereignisses.</p><lb/><p>208. Der Lauf der menschlichen Wahrnehmungen läßt<lb/>
alsdann, wenn er einigermaßen
rasch ist, den Vorstellungen,<lb/>
die er bringt, nicht Zeit, sich unter einander ins
Gleichge-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[167/0175]
verwickelten Verbindungen der Vorstellungen, die der Mensch
im Laufe der Zeit erlangt, ändert sich dies beträchtlich.
207. Eine Reihe von Vorstellungen sey eben jetzt im
Ablaufen begriffen, so ändert sich in jedem.Augenblicke die
Hemmung, welche die gänzlich oder beynahe aus dem Be-
wußtsein verdrängten Vorstellungen erleiden. Einige kön-
nen sich von selbst regen, weil sie nun minder zurückgehal-
ten sind; andre werden reproducirt durch solche Glieder der
ablaufenden Reihe, denen sie gleichartig sind. Aber die re-
producirten mögen selbst ihre Reihen haben, die nun auch
anfangen abzulaufen, so verwickeln sich diese Reihen in ein-
ander, und mit jener erstern; es entstehn bald Hemmungen,
bald Verschmelzungen und Complicationen. Durch solche
neue Verbindungen aber bilden sich neue Totalkräfte (23)
und die statischen Puncte werden dadurch verrückt, folglich
neue Bewegungsgesetze herbeygeführt.
Em mannigfaltiger Wechsel von Gemüthszuständen
(33 — 38) kann hiebey kaum ausbleiben. Ein solcher zieht
allemal den Organismus ins Spiel, durch dessen Einmischung
(die wir hier nicht weiter erwägen wollen) die Sache noch
verwickelter wird.
Mit diesem Phantasiren (denn das ist es, mehr
oder minder lebhaft) verbinden sich sehr oft Handlungen in
der Außenwelt und hievon ist das laute Aussprechen der Ge_ danken
nur eine Species. Bey Kindern, die noch nicht ge_ lernt
haben, sich zurückzuhalten, sind dergleichen Aeußerun-
gen dessen, was innerlich vorgeht, in der Regel. Da kommt
alsdann die Wahrnehmung des Products der Aeußerung
hinzu und wirkt mit auf den Verlauf des psychologischen
Ereignisses.
208. Der Lauf der menschlichen Wahrnehmungen läßt
alsdann, wenn er einigermaßen rasch ist, den Vorstellungen,
die er bringt, nicht Zeit, sich unter einander ins Gleichge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-05T12:13:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup.
(2013-07-05T12:13:38Z)
Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/175>, abgerufen am 03.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.