Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.sonders auch noch das Streben zur
Verschmelzung alles 178. Anhangsweise noch ein Wort über den Ursprung sonders auch noch das Streben zur
Verschmelzung alles 178. Anhangsweise noch ein Wort über den Ursprung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0148" n="140"/> sonders auch noch das Streben zur Verschmelzung alles<lb/> Angeschauten in Eins, in Erwägung nehmen; welches letz-<lb/> tere einige Analogie hat mit der Verschmelzung vor der<lb/> Hemmung (34). Diesem entsprechen alle Gestalten, die<lb/> sich dem Runden nähern; hingegen das Eckige, Langge-<lb/> streckte, entgegengesetzt Gekrümmte, widersteht ihm. Bunte<lb/> Schnörkel gefallen eine Zeit lang; aber man kehrt zum Ein-<lb/> facheren zurück. Kunstwerke werden meistens interessant durch<lb/> ihr Sprechendes und Bedeutendes; die reinen Raum-Ver-<lb/> hältnisse, mit ihrer eigenthümlichen Schönheit, werden häu-<lb/> fig darüber vergessen.</p><lb/> <p>178. Anhangsweise noch ein Wort über den Ursprung<lb/> der Vorstellungen von <hi rendition="#g">intensiven Größen</hi>. Die Frage<lb/> ist hier: woher nehmen wir den Maaßstab, mit welchem<lb/> vergleichend wir schon unsre einfachen Empfindungen als<lb/> stark oder schwach unmittelbar bezeichnen? Die Wiederer-<lb/> weckung der gleichartigen ältern Vorstellung reicht für sich<lb/> allein zur Erklärung nicht hin; denn eines Theils richtet<lb/> sich dieselbe nicht nach der Stärke der wiedererweckten, ob-<lb/> gleich sie durch deren eigne Kraft geschieht; andern Theils<lb/> ist der Erfolg nur Verschmelzung des Alten und Neuen,<lb/> aber nicht Messung des einen am andern. Vielmehr haben<lb/> wir hier eins von den zahlreichen Beispielen solcher psycho-<lb/> logischen Probleme, die wegen ihrer Einfachheit kaum be-<lb/> merkt werden, und dennoch in der Auflösung sehr schwierig<lb/> sind. — Der Grund scheint in dem Gesetz der Hülfen (25)<lb/> zu liegen. Diese haben ihr Maaß; nicht bloß der Zeit,<lb/> sondern auch der Stärke, bis wohin sie die ältere gleich-<lb/> artige Vorstellung zu heben bemüht sind. Jst nun die<lb/> hinzukommende neue Wahrnehmung zu schwach, um durch<lb/> Hemmung der Hindernisse jener ältern <hi rendition="#g">freyen Raum</hi> ge-<lb/> nug zu schaffen (26), so bleibt das Streben der Hülfen<lb/> unbefriedigt und erregt das unangenehme Gefühl des Schwa-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0148]
sonders auch noch das Streben zur Verschmelzung alles
Angeschauten in Eins, in Erwägung nehmen; welches letz-
tere einige Analogie hat mit der Verschmelzung vor der
Hemmung (34). Diesem entsprechen alle Gestalten, die
sich dem Runden nähern; hingegen das Eckige, Langge-
streckte, entgegengesetzt Gekrümmte, widersteht ihm. Bunte
Schnörkel gefallen eine Zeit lang; aber man kehrt zum Ein-
facheren zurück. Kunstwerke werden meistens interessant durch
ihr Sprechendes und Bedeutendes; die reinen Raum-Ver-
hältnisse, mit ihrer eigenthümlichen Schönheit, werden häu-
fig darüber vergessen.
178. Anhangsweise noch ein Wort über den Ursprung
der Vorstellungen von intensiven Größen. Die Frage
ist hier: woher nehmen wir den Maaßstab, mit welchem
vergleichend wir schon unsre einfachen Empfindungen als
stark oder schwach unmittelbar bezeichnen? Die Wiederer-
weckung der gleichartigen ältern Vorstellung reicht für sich
allein zur Erklärung nicht hin; denn eines Theils richtet
sich dieselbe nicht nach der Stärke der wiedererweckten, ob-
gleich sie durch deren eigne Kraft geschieht; andern Theils
ist der Erfolg nur Verschmelzung des Alten und Neuen,
aber nicht Messung des einen am andern. Vielmehr haben
wir hier eins von den zahlreichen Beispielen solcher psycho-
logischen Probleme, die wegen ihrer Einfachheit kaum be-
merkt werden, und dennoch in der Auflösung sehr schwierig
sind. — Der Grund scheint in dem Gesetz der Hülfen (25)
zu liegen. Diese haben ihr Maaß; nicht bloß der Zeit,
sondern auch der Stärke, bis wohin sie die ältere gleich-
artige Vorstellung zu heben bemüht sind. Jst nun die
hinzukommende neue Wahrnehmung zu schwach, um durch
Hemmung der Hindernisse jener ältern freyen Raum ge-
nug zu schaffen (26), so bleibt das Streben der Hülfen
unbefriedigt und erregt das unangenehme Gefühl des Schwa-
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(2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
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Stefanie Seim: Nachkorrekturen.
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