lig die Scheidung und Entgegensetzung zwischen den Begriffen, und den Anschauungen sammt den Einbildun- gen. Zu den letztern werden die Wörter gesucht; eben dadurch charakterisiren sich jene als der Sinn, den die Wörter mit sich bringen. -- Leicht kann es beym Fortschritt in dieser Richtung dahin kommen, dass nach Platonischer Ansicht die Begriffe als die Muster der Dinge betrachtet werden. Denn die psychologische Ent- stehung der Begriffe aus den Wahrnehmungen wird ver- gessen oder bezweifelt; letzteres auch darum, weil manche Begriffe durch die Urtheile so geläutert, und von zufäl- ligen Beymischungen gesondert werden, dass ihnen in dieser Gestalt kein sinnliches Ding, wenn sie schon dar- auf übertragen werden, völlig Genüge thut. Man denke hiebey an die geometrischen Grundbegriffe.
Aber wegen ihres psychologischen Ursprungs, (nach §. 121.) verbinden sich die Begriffe leicht mit Beyspie- len, die uns einfallen, und mit Anschauungen, die sich darbieten. Wären wirklich die Begriffe eine so ganz be- sondere Art von Vorstellungen, wie sie nach manchen Systemen der Philosophen seyn sollen, so hätten sie zwar einen Inhalt, aber keinen Umfang; oder wenigstens ge- hörten in diesen Umfang nur andre Begriffe, aber nicht Anschauungen, nicht Einbildungen. Von wie vielen, wie unbeantwortlichen Fragen über die Möglichkeit der Ver- knüpfung der letztern mit den erstern im gewöhnlichsten Laufe des Denkens, hätten diejenigen sich sollen gedrückt fühlen, die ihren Rationalismus nicht glaubten rein hal- ten zu können, wenn sie nicht den Begriffen, oder doch gewissen Classen derselben, eine Art von adelicher Ab- kunft beylegten, und den gemeinen bürgerlichen Ursprung derselben aus Vorstellungen der Sinne gänzlich leug- neten!
Hier endlich ist es nun auch möglich, im Gegen- satze der Begriffe einen Ausdruck zu bestimmen, der we- gen gewisser ihm anklebender Nebenvorstellungen nicht wenig Verwirrung in den neuern Systemen angerichtet
lig die Scheidung und Entgegensetzung zwischen den Begriffen, und den Anschauungen sammt den Einbildun- gen. Zu den letztern werden die Wörter gesucht; eben dadurch charakterisiren sich jene als der Sinn, den die Wörter mit sich bringen. — Leicht kann es beym Fortschritt in dieser Richtung dahin kommen, daſs nach Platonischer Ansicht die Begriffe als die Muster der Dinge betrachtet werden. Denn die psychologische Ent- stehung der Begriffe aus den Wahrnehmungen wird ver- gessen oder bezweifelt; letzteres auch darum, weil manche Begriffe durch die Urtheile so geläutert, und von zufäl- ligen Beymischungen gesondert werden, daſs ihnen in dieser Gestalt kein sinnliches Ding, wenn sie schon dar- auf übertragen werden, völlig Genüge thut. Man denke hiebey an die geometrischen Grundbegriffe.
Aber wegen ihres psychologischen Ursprungs, (nach §. 121.) verbinden sich die Begriffe leicht mit Beyspie- len, die uns einfallen, und mit Anschauungen, die sich darbieten. Wären wirklich die Begriffe eine so ganz be- sondere Art von Vorstellungen, wie sie nach manchen Systemen der Philosophen seyn sollen, so hätten sie zwar einen Inhalt, aber keinen Umfang; oder wenigstens ge- hörten in diesen Umfang nur andre Begriffe, aber nicht Anschauungen, nicht Einbildungen. Von wie vielen, wie unbeantwortlichen Fragen über die Möglichkeit der Ver- knüpfung der letztern mit den erstern im gewöhnlichsten Laufe des Denkens, hätten diejenigen sich sollen gedrückt fühlen, die ihren Rationalismus nicht glaubten rein hal- ten zu können, wenn sie nicht den Begriffen, oder doch gewissen Classen derselben, eine Art von adelicher Ab- kunft beylegten, und den gemeinen bürgerlichen Ursprung derselben aus Vorstellungen der Sinne gänzlich leug- neten!
Hier endlich ist es nun auch möglich, im Gegen- satze der Begriffe einen Ausdruck zu bestimmen, der we- gen gewisser ihm anklebender Nebenvorstellungen nicht wenig Verwirrung in den neuern Systemen angerichtet
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lig die Scheidung und Entgegensetzung zwischen den
Begriffen, und den Anschauungen sammt den Einbildun-
gen. Zu den letztern werden die Wörter gesucht;
eben dadurch charakterisiren sich jene als der Sinn, den
die Wörter mit sich bringen. — Leicht kann es
beym Fortschritt in dieser Richtung dahin kommen, daſs
nach Platonischer Ansicht die Begriffe als die Muster der
Dinge betrachtet werden. Denn die psychologische Ent-
stehung der Begriffe aus den Wahrnehmungen wird ver-
gessen oder bezweifelt; letzteres auch darum, weil manche
Begriffe durch die Urtheile so geläutert, und von zufäl-
ligen Beymischungen gesondert werden, daſs ihnen in
dieser Gestalt kein sinnliches Ding, wenn sie schon dar-
auf übertragen werden, völlig Genüge thut. Man denke
hiebey an die geometrischen Grundbegriffe.
Aber wegen ihres psychologischen Ursprungs, (nach
§. 121.) verbinden sich die Begriffe leicht mit Beyspie-
len, die uns einfallen, und mit Anschauungen, die sich
darbieten. Wären wirklich die Begriffe eine so ganz be-
sondere Art von Vorstellungen, wie sie nach manchen
Systemen der Philosophen seyn sollen, so hätten sie zwar
einen Inhalt, aber keinen Umfang; oder wenigstens ge-
hörten in diesen Umfang nur andre Begriffe, aber nicht
Anschauungen, nicht Einbildungen. Von wie vielen, wie
unbeantwortlichen Fragen über die Möglichkeit der Ver-
knüpfung der letztern mit den erstern im gewöhnlichsten
Laufe des Denkens, hätten diejenigen sich sollen gedrückt
fühlen, die ihren Rationalismus nicht glaubten rein hal-
ten zu können, wenn sie nicht den Begriffen, oder doch
gewissen Classen derselben, eine Art von adelicher Ab-
kunft beylegten, und den gemeinen bürgerlichen Ursprung
derselben aus Vorstellungen der Sinne gänzlich leug-
neten!
Hier endlich ist es nun auch möglich, im Gegen-
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/401>, abgerufen am 25.11.2024.
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