im Stande sind, diesen Reiz zu empfinden, wer- den das vorliegende Buch nicht darum der Ver- kleinerungssucht beschuldigen, weil es, seinem Hauptzwecke gemäss, der Vernunftkritik beynahe Schritt für Schritt auf dem Fusse folgen musste.
Im Allgemeinen wird dieser zweyte Theil meiner Arbeit einer weit grössern Menge von Lesern zugänglich seyn, als der erste, dessen Metaphysik und Mathematik nur auf einen klei- nen Kreis rechnen kann. Wenn man es nicht verschmäht, durch Seiten- und Hinter-Thüren in ein Gebäude einzugehen, dessen Hauptein- gang eine etwas steile Treppe unvermeidlich for- derte: so wird man solcher Nebenthüren hier eine grosse Menge antreffen. Denn hier ist von sehr bekannten Gegenständen die Rede; und man wird die Bemühung des Verfassers nicht verkennen, durch auffallende, aus der Mitte der Erfahrung gegriffene Züge dasjenige deutlich vor Augen zu stellen, was der Analyse sollte unterworfen werden. Freylich verträgt auch die- ser Theil nicht das gedankenlose, halb träu- mende Lesen, woran Manche durch eine Un- zahl von schlechten Büchern, die nicht anders gelesen werden können, sich gewöhnt haben; wie sie durch ihre ewigen Misverständnisse ver- rathen. Aber hinweggesehen von Denen, die von philosophischen Schriften nur die äussern Umrisse sehn, und den Ton hören wollen: giebt es doch immer noch eine Menge von achtungs- werthen Männern, welche zum Verstehen so- wohl den Willen als die Kraft besitzen, und de- nen an der Sache gelegen ist! Diese nun er- suche ich, zu bedenken, dass die natürliche Ver-
im Stande sind, diesen Reiz zu empfinden, wer- den das vorliegende Buch nicht darum der Ver- kleinerungssucht beschuldigen, weil es, seinem Hauptzwecke gemäſs, der Vernunftkritik beynahe Schritt für Schritt auf dem Fuſse folgen muſste.
Im Allgemeinen wird dieser zweyte Theil meiner Arbeit einer weit gröſsern Menge von Lesern zugänglich seyn, als der erste, dessen Metaphysik und Mathematik nur auf einen klei- nen Kreis rechnen kann. Wenn man es nicht verschmäht, durch Seiten- und Hinter-Thüren in ein Gebäude einzugehen, dessen Hauptein- gang eine etwas steile Treppe unvermeidlich for- derte: so wird man solcher Nebenthüren hier eine groſse Menge antreffen. Denn hier ist von sehr bekannten Gegenständen die Rede; und man wird die Bemühung des Verfassers nicht verkennen, durch auffallende, aus der Mitte der Erfahrung gegriffene Züge dasjenige deutlich vor Augen zu stellen, was der Analyse sollte unterworfen werden. Freylich verträgt auch die- ser Theil nicht das gedankenlose, halb träu- mende Lesen, woran Manche durch eine Un- zahl von schlechten Büchern, die nicht anders gelesen werden können, sich gewöhnt haben; wie sie durch ihre ewigen Misverständnisse ver- rathen. Aber hinweggesehen von Denen, die von philosophischen Schriften nur die äuſsern Umrisse sehn, und den Ton hören wollen: giebt es doch immer noch eine Menge von achtungs- werthen Männern, welche zum Verstehen so- wohl den Willen als die Kraft besitzen, und de- nen an der Sache gelegen ist! Diese nun er- suche ich, zu bedenken, daſs die natürliche Ver-
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0028"n="XXI"/>
im Stande sind, diesen Reiz zu empfinden, wer-<lb/>
den das vorliegende Buch nicht darum der Ver-<lb/>
kleinerungssucht beschuldigen, weil es, seinem<lb/>
Hauptzwecke gemäſs, der Vernunftkritik beynahe<lb/>
Schritt für Schritt auf dem Fuſse folgen muſste.</p><lb/><p>Im Allgemeinen wird dieser zweyte Theil<lb/>
meiner Arbeit einer weit gröſsern Menge von<lb/>
Lesern zugänglich seyn, als der erste, dessen<lb/>
Metaphysik und Mathematik nur auf einen klei-<lb/>
nen Kreis rechnen kann. Wenn man es nicht<lb/>
verschmäht, durch Seiten- und Hinter-Thüren<lb/>
in ein Gebäude einzugehen, dessen Hauptein-<lb/>
gang eine etwas steile Treppe unvermeidlich for-<lb/>
derte: so wird man solcher Nebenthüren hier<lb/>
eine groſse Menge antreffen. Denn hier ist von<lb/>
sehr bekannten Gegenständen die Rede; und<lb/>
man wird die Bemühung des Verfassers nicht<lb/>
verkennen, durch auffallende, aus der Mitte der<lb/>
Erfahrung gegriffene Züge dasjenige deutlich<lb/>
vor Augen zu stellen, was der Analyse sollte<lb/>
unterworfen werden. Freylich verträgt auch die-<lb/>
ser Theil nicht das gedankenlose, halb träu-<lb/>
mende Lesen, woran Manche durch eine Un-<lb/>
zahl von schlechten Büchern, die nicht anders<lb/>
gelesen werden können, sich gewöhnt haben;<lb/>
wie sie durch ihre ewigen Misverständnisse ver-<lb/>
rathen. Aber hinweggesehen von Denen, die<lb/>
von philosophischen Schriften nur die äuſsern<lb/>
Umrisse sehn, und den Ton hören wollen: giebt<lb/>
es doch immer noch eine Menge von achtungs-<lb/>
werthen Männern, welche zum Verstehen so-<lb/>
wohl den Willen als die Kraft besitzen, und de-<lb/>
nen an der <hirendition="#g">Sache</hi> gelegen ist! Diese nun er-<lb/>
suche ich, zu bedenken, daſs die natürliche Ver-<lb/></p></div></front></text></TEI>
[XXI/0028]
im Stande sind, diesen Reiz zu empfinden, wer-
den das vorliegende Buch nicht darum der Ver-
kleinerungssucht beschuldigen, weil es, seinem
Hauptzwecke gemäſs, der Vernunftkritik beynahe
Schritt für Schritt auf dem Fuſse folgen muſste.
Im Allgemeinen wird dieser zweyte Theil
meiner Arbeit einer weit gröſsern Menge von
Lesern zugänglich seyn, als der erste, dessen
Metaphysik und Mathematik nur auf einen klei-
nen Kreis rechnen kann. Wenn man es nicht
verschmäht, durch Seiten- und Hinter-Thüren
in ein Gebäude einzugehen, dessen Hauptein-
gang eine etwas steile Treppe unvermeidlich for-
derte: so wird man solcher Nebenthüren hier
eine groſse Menge antreffen. Denn hier ist von
sehr bekannten Gegenständen die Rede; und
man wird die Bemühung des Verfassers nicht
verkennen, durch auffallende, aus der Mitte der
Erfahrung gegriffene Züge dasjenige deutlich
vor Augen zu stellen, was der Analyse sollte
unterworfen werden. Freylich verträgt auch die-
ser Theil nicht das gedankenlose, halb träu-
mende Lesen, woran Manche durch eine Un-
zahl von schlechten Büchern, die nicht anders
gelesen werden können, sich gewöhnt haben;
wie sie durch ihre ewigen Misverständnisse ver-
rathen. Aber hinweggesehen von Denen, die
von philosophischen Schriften nur die äuſsern
Umrisse sehn, und den Ton hören wollen: giebt
es doch immer noch eine Menge von achtungs-
werthen Männern, welche zum Verstehen so-
wohl den Willen als die Kraft besitzen, und de-
nen an der Sache gelegen ist! Diese nun er-
suche ich, zu bedenken, daſs die natürliche Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/28>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.