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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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Entfernung von der andern. Oder mit andern Worten:
auch für die Drehung giebt es zwey Richtungen.

3) Jeder Uebergang liegt auf diese Weise zwi-
schen zweyen andern. Die Ebene aber umgiebt den
Punct gleichförmig. Also ist die Möglichkeit der Verän-
derung des Uebergehens allenthalben um den Punct
herum gleichförmig; oder kurz, die Radien des Kreises
um den Punct liegen allenthalben gleich dicht.

4) Alle Krümmung ist Drehung; die gerade
Linie aber verfolgt eben in so fern einerley
Richtung, in wiefern sie die Drehung vermei-
det
. Um dies einzusehn: überlege man nur die ein-
fachste, -- wenn man will, unendlich kleine Fortrückung.
Da der Punct, welcher eine Linie beschreibt, jede Stelle,
die er durchläuft, fortdauernd bezeichnet, (er wird näm-
lich in Gedanken überall da, wo er war, auch vestgehal-
ten; sonst würde die gezogene Linie hinter ihm verlö-
schen): so versetzt er sich mit allen von ihm ausgehen-
den Richtungen von einem Orte zum andern. Beym
Fortrücken nun zieht er jene eben zuvor (1) bezeichnete
Stelle, von der man sich um eben soviel entfernt, als
das Fortrücken beträgt, -- hinter sich her; sie muss in
den vorigen Ort des Puncts fallen, welcher genau die
Mitte ist zwischen ihrem vorigen und seinem jetzigen
Platze. Dies liegt unmittelbar in dem Grundbe-
griffe des Zwischen, welcher der wahre Ursprung
aller Reihenformen ist
. Wiederholt sich das Fort-
rücken: so zieht entweder der Punct wiederum dieselbe
Stelle hinter sich her; -- oder eine andre. Im letztern
Falle geschicht zweyerley zugleich; vorn eine Krümmung,
hinten eine Drehung. Im ersten Falle bleibt hinten die
Richtung, und vorn geht die Linie gerade fort.

5) Man betrachte den Punct an zweyen Orten auf
der geraden Linie, die er beschrieben hat. Man verän-
dere an beyden Orten die Richtung um gleichviel; nach
einerley Seite abwärts von der geraden. So ist die Rich-
tung, die man beydemale erhält, ehen so gewiss dieselbe,

Entfernung von der andern. Oder mit andern Worten:
auch für die Drehung giebt es zwey Richtungen.

3) Jeder Uebergang liegt auf diese Weise zwi-
schen zweyen andern. Die Ebene aber umgiebt den
Punct gleichförmig. Also ist die Möglichkeit der Verän-
derung des Uebergehens allenthalben um den Punct
herum gleichförmig; oder kurz, die Radien des Kreises
um den Punct liegen allenthalben gleich dicht.

4) Alle Krümmung ist Drehung; die gerade
Linie aber verfolgt eben in so fern einerley
Richtung, in wiefern sie die Drehung vermei-
det
. Um dies einzusehn: überlege man nur die ein-
fachste, — wenn man will, unendlich kleine Fortrückung.
Da der Punct, welcher eine Linie beschreibt, jede Stelle,
die er durchläuft, fortdauernd bezeichnet, (er wird näm-
lich in Gedanken überall da, wo er war, auch vestgehal-
ten; sonst würde die gezogene Linie hinter ihm verlö-
schen): so versetzt er sich mit allen von ihm ausgehen-
den Richtungen von einem Orte zum andern. Beym
Fortrücken nun zieht er jene eben zuvor (1) bezeichnete
Stelle, von der man sich um eben soviel entfernt, als
das Fortrücken beträgt, — hinter sich her; sie muſs in
den vorigen Ort des Puncts fallen, welcher genau die
Mitte ist zwischen ihrem vorigen und seinem jetzigen
Platze. Dies liegt unmittelbar in dem Grundbe-
griffe des Zwischen, welcher der wahre Ursprung
aller Reihenformen ist
. Wiederholt sich das Fort-
rücken: so zieht entweder der Punct wiederum dieselbe
Stelle hinter sich her; — oder eine andre. Im letztern
Falle geschicht zweyerley zugleich; vorn eine Krümmung,
hinten eine Drehung. Im ersten Falle bleibt hinten die
Richtung, und vorn geht die Linie gerade fort.

5) Man betrachte den Punct an zweyen Orten auf
der geraden Linie, die er beschrieben hat. Man verän-
dere an beyden Orten die Richtung um gleichviel; nach
einerley Seite abwärts von der geraden. So ist die Rich-
tung, die man beydemale erhält, ehen so gewiſs dieselbe,

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[150/0185] Entfernung von der andern. Oder mit andern Worten: auch für die Drehung giebt es zwey Richtungen. 3) Jeder Uebergang liegt auf diese Weise zwi- schen zweyen andern. Die Ebene aber umgiebt den Punct gleichförmig. Also ist die Möglichkeit der Verän- derung des Uebergehens allenthalben um den Punct herum gleichförmig; oder kurz, die Radien des Kreises um den Punct liegen allenthalben gleich dicht. 4) Alle Krümmung ist Drehung; die gerade Linie aber verfolgt eben in so fern einerley Richtung, in wiefern sie die Drehung vermei- det. Um dies einzusehn: überlege man nur die ein- fachste, — wenn man will, unendlich kleine Fortrückung. Da der Punct, welcher eine Linie beschreibt, jede Stelle, die er durchläuft, fortdauernd bezeichnet, (er wird näm- lich in Gedanken überall da, wo er war, auch vestgehal- ten; sonst würde die gezogene Linie hinter ihm verlö- schen): so versetzt er sich mit allen von ihm ausgehen- den Richtungen von einem Orte zum andern. Beym Fortrücken nun zieht er jene eben zuvor (1) bezeichnete Stelle, von der man sich um eben soviel entfernt, als das Fortrücken beträgt, — hinter sich her; sie muſs in den vorigen Ort des Puncts fallen, welcher genau die Mitte ist zwischen ihrem vorigen und seinem jetzigen Platze. Dies liegt unmittelbar in dem Grundbe- griffe des Zwischen, welcher der wahre Ursprung aller Reihenformen ist. Wiederholt sich das Fort- rücken: so zieht entweder der Punct wiederum dieselbe Stelle hinter sich her; — oder eine andre. Im letztern Falle geschicht zweyerley zugleich; vorn eine Krümmung, hinten eine Drehung. Im ersten Falle bleibt hinten die Richtung, und vorn geht die Linie gerade fort. 5) Man betrachte den Punct an zweyen Orten auf der geraden Linie, die er beschrieben hat. Man verän- dere an beyden Orten die Richtung um gleichviel; nach einerley Seite abwärts von der geraden. So ist die Rich- tung, die man beydemale erhält, ehen so gewiſs dieselbe,

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/185>, abgerufen am 24.11.2024.