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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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gefühle, im Gefühle des eignen Strebens, Wollens, und
Handelns. Daraus entsteht eine heillose Pfuscherey in
der allgemeinen Metaphysik, die an Psychologie nur gar
nicht mehr erlaubt zu denken. Metaphysische Begriffe
können überall nicht durch Gefühle bestimmt werden; in
der Psychologie aber muss man sich sehr hüten, die noch
ungeläuterten metaphysischen Begriffe, die wir aus dem
gemeinen Denken
auf uns selbst zu übertragen
pflegen, nicht in dieser rohen Gestalt für Offenbarungen
des Selbstbewusstseyns zu halten; da sie nicht einmal zu
richtigen Ausdrücken der Phänomene taugen, welche sich
der innern Wahrnehmung darbieten. Wir können von
realen Kräften, Vermögen, Strebungen, gar Nichts un-
mittelbar in uns wahrnehmen; und alle Einbildungen der
Art, von der rohen Leibeskraft bis zur transscendentalen
Freyheit, sind nur Beweise, dass es eben an der Wis-
senschaft fehle, die wir hier suchen.

Es folgt nun, zweytens, von selbst, dass auch das
Sinken unserer Vorstellungen nicht unmittelbar dasje-
nige seyn kann, worin die Zustände des Vorstellens,
Wollens, und Fühlens bestehn. Denn die sinkenden
Vorstellungen verschwinden aus dem Bewusstseyn gerade
in so fern und gerade um so viel, als sie sinken. --
Schon oben ist daran erinnert worden, dass man sein
eignes Einschlafen nicht wahrnehmen kann; dasselbe gilt
von dem Einschlafen jeder einzelnen Vorstellung auch
während der Zeit, da der Mensch übrigens wacht. Ja
es gilt von jedem Grade der Verdunkelung einer noch
zum Theil wachenden Vorstellung. Und daher ist kein
Uebergang zu einem mehr gehemmten Zustande für sich
selbst fähig, eine Bestimmung dessen abzugeben, was in
uns geschieht, in so fern dieses genau das nämliche seyn
soll, was wir in uns wahrnehmen.

Es bleibt also zur nächsten Erklärung des Vorstel-
lens, Begehrens und Fühlens nichts anderes übrig, als
nur das Bestehen unserer Vorstellungen im Bewusstseyn,
und das Emporsteigen derselben zu einem kläreren Be-

gefühle, im Gefühle des eignen Strebens, Wollens, und
Handelns. Daraus entsteht eine heillose Pfuscherey in
der allgemeinen Metaphysik, die an Psychologie nur gar
nicht mehr erlaubt zu denken. Metaphysische Begriffe
können überall nicht durch Gefühle bestimmt werden; in
der Psychologie aber muſs man sich sehr hüten, die noch
ungeläuterten metaphysischen Begriffe, die wir aus dem
gemeinen Denken
auf uns selbst zu übertragen
pflegen, nicht in dieser rohen Gestalt für Offenbarungen
des Selbstbewuſstseyns zu halten; da sie nicht einmal zu
richtigen Ausdrücken der Phänomene taugen, welche sich
der innern Wahrnehmung darbieten. Wir können von
realen Kräften, Vermögen, Strebungen, gar Nichts un-
mittelbar in uns wahrnehmen; und alle Einbildungen der
Art, von der rohen Leibeskraft bis zur transscendentalen
Freyheit, sind nur Beweise, daſs es eben an der Wis-
senschaft fehle, die wir hier suchen.

Es folgt nun, zweytens, von selbst, daſs auch das
Sinken unserer Vorstellungen nicht unmittelbar dasje-
nige seyn kann, worin die Zustände des Vorstellens,
Wollens, und Fühlens bestehn. Denn die sinkenden
Vorstellungen verschwinden aus dem Bewuſstseyn gerade
in so fern und gerade um so viel, als sie sinken. —
Schon oben ist daran erinnert worden, daſs man sein
eignes Einschlafen nicht wahrnehmen kann; dasselbe gilt
von dem Einschlafen jeder einzelnen Vorstellung auch
während der Zeit, da der Mensch übrigens wacht. Ja
es gilt von jedem Grade der Verdunkelung einer noch
zum Theil wachenden Vorstellung. Und daher ist kein
Uebergang zu einem mehr gehemmten Zustande für sich
selbst fähig, eine Bestimmung dessen abzugeben, was in
uns geschieht, in so fern dieses genau das nämliche seyn
soll, was wir in uns wahrnehmen.

Es bleibt also zur nächsten Erklärung des Vorstel-
lens, Begehrens und Fühlens nichts anderes übrig, als
nur das Bestehen unserer Vorstellungen im Bewuſstseyn,
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[70/0105] gefühle, im Gefühle des eignen Strebens, Wollens, und Handelns. Daraus entsteht eine heillose Pfuscherey in der allgemeinen Metaphysik, die an Psychologie nur gar nicht mehr erlaubt zu denken. Metaphysische Begriffe können überall nicht durch Gefühle bestimmt werden; in der Psychologie aber muſs man sich sehr hüten, die noch ungeläuterten metaphysischen Begriffe, die wir aus dem gemeinen Denken auf uns selbst zu übertragen pflegen, nicht in dieser rohen Gestalt für Offenbarungen des Selbstbewuſstseyns zu halten; da sie nicht einmal zu richtigen Ausdrücken der Phänomene taugen, welche sich der innern Wahrnehmung darbieten. Wir können von realen Kräften, Vermögen, Strebungen, gar Nichts un- mittelbar in uns wahrnehmen; und alle Einbildungen der Art, von der rohen Leibeskraft bis zur transscendentalen Freyheit, sind nur Beweise, daſs es eben an der Wis- senschaft fehle, die wir hier suchen. Es folgt nun, zweytens, von selbst, daſs auch das Sinken unserer Vorstellungen nicht unmittelbar dasje- nige seyn kann, worin die Zustände des Vorstellens, Wollens, und Fühlens bestehn. Denn die sinkenden Vorstellungen verschwinden aus dem Bewuſstseyn gerade in so fern und gerade um so viel, als sie sinken. — Schon oben ist daran erinnert worden, daſs man sein eignes Einschlafen nicht wahrnehmen kann; dasselbe gilt von dem Einschlafen jeder einzelnen Vorstellung auch während der Zeit, da der Mensch übrigens wacht. Ja es gilt von jedem Grade der Verdunkelung einer noch zum Theil wachenden Vorstellung. Und daher ist kein Uebergang zu einem mehr gehemmten Zustande für sich selbst fähig, eine Bestimmung dessen abzugeben, was in uns geschieht, in so fern dieses genau das nämliche seyn soll, was wir in uns wahrnehmen. Es bleibt also zur nächsten Erklärung des Vorstel- lens, Begehrens und Fühlens nichts anderes übrig, als nur das Bestehen unserer Vorstellungen im Bewuſstseyn, und das Emporsteigen derselben zu einem kläreren Be-

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/105>, abgerufen am 24.11.2024.