Vorstellung plötzlich zu den schon vorhandenen hinzu- trete. Diese Voraussetzung kann der Wahrheit nahe kommen, da, wie wir jetzt sehen, bey etwas bedeutender Stärke der Wahrnehmung eine sehr geringe Zeit hin- reicht, um eine mässig starke Vorstellung entstehen zu machen. (Man setze z. B. im §. 95., b=3, oder gar =10; und man wird sehen, wie wenig Zeit nöthig ist, damit sich eine Stärke des Vorstellens erzeuge, die den Beyspielen des zweyten und dritten Capitels entsprechen könne. Es versteht sich, dass hier von Verhältnissen der neuen Vorstellung gegen die vorhandenen die Rede ist, da wir für das, was Wenig oder Viel sey, keinen andern Maassstab haben; was aber das Zeitmaass anlangt, so wird darüber erst im zweyten Theile etwas können ge- sagt werden, woraus zu erkennen ist, dass man sich die Zeit-Einheit, im Vergleich mit unsern Minuten und Se- cunden, als eine nicht ganz kleine Grösse zu denken hat.)
Es kann aber auch begegnen, und begegnet meistens, dass eine schwächere Wahrnehmung erst durch längere Dauer eine Vorstellung zu ihrer Energie erhebt; und als- dann entsteht die Frage, welche Abänderungen daraus für jene früher betrachteten Ereignisse entspringen?
Zuvörderst, dasjenige Sinken der schon vorhandenen Vorstellungen, welches die Hemmung des Wahrgenom- menen begleiten muss, ist aus den vorhergehenden For- meln leicht zu berechnen. Die ganze Hemmungssumme war =n, das Gehemmte in jedem Augenblick =ndt; das Gehemmte am Ende der Zeit t ist =integralndt; folglich integralndt--Z ist dasjenige, was von den früher vorhandenen Vorstellungen zusammengenommen gehemmt wird, und welches man nur nach den Hemmungsverhältnissen ver- theilen muss, um das Sinken jeder einzelnen von diesen Vorstellungen zu bestimmen.
Ferner, hieraus ergiebt sich auch das Gesetz für eine, dem Wahrgenommenen gleichartige, ältere Vorstellung, die sich jetzo, da sie von der Hemmung frey wird, wie- der ins Bewusstseyn erhebt. Wir verweilen hiebey we-
Vorstellung plötzlich zu den schon vorhandenen hinzu- trete. Diese Voraussetzung kann der Wahrheit nahe kommen, da, wie wir jetzt sehen, bey etwas bedeutender Stärke der Wahrnehmung eine sehr geringe Zeit hin- reicht, um eine mäſsig starke Vorstellung entstehen zu machen. (Man setze z. B. im §. 95., β=3, oder gar =10; und man wird sehen, wie wenig Zeit nöthig ist, damit sich eine Stärke des Vorstellens erzeuge, die den Beyspielen des zweyten und dritten Capitels entsprechen könne. Es versteht sich, daſs hier von Verhältnissen der neuen Vorstellung gegen die vorhandenen die Rede ist, da wir für das, was Wenig oder Viel sey, keinen andern Maaſsstab haben; was aber das Zeitmaaſs anlangt, so wird darüber erst im zweyten Theile etwas können ge- sagt werden, woraus zu erkennen ist, daſs man sich die Zeit-Einheit, im Vergleich mit unsern Minuten und Se- cunden, als eine nicht ganz kleine Gröſse zu denken hat.)
Es kann aber auch begegnen, und begegnet meistens, daſs eine schwächere Wahrnehmung erst durch längere Dauer eine Vorstellung zu ihrer Energie erhebt; und als- dann entsteht die Frage, welche Abänderungen daraus für jene früher betrachteten Ereignisse entspringen?
Zuvörderst, dasjenige Sinken der schon vorhandenen Vorstellungen, welches die Hemmung des Wahrgenom- menen begleiten muſs, ist aus den vorhergehenden For- meln leicht zu berechnen. Die ganze Hemmungssumme war =ν, das Gehemmte in jedem Augenblick =νdt; das Gehemmte am Ende der Zeit t ist =∫νdt; folglich ∫νdt—Z ist dasjenige, was von den früher vorhandenen Vorstellungen zusammengenommen gehemmt wird, und welches man nur nach den Hemmungsverhältnissen ver- theilen muſs, um das Sinken jeder einzelnen von diesen Vorstellungen zu bestimmen.
Ferner, hieraus ergiebt sich auch das Gesetz für eine, dem Wahrgenommenen gleichartige, ältere Vorstellung, die sich jetzo, da sie von der Hemmung frey wird, wie- der ins Bewuſstseyn erhebt. Wir verweilen hiebey we-
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Vorstellung plötzlich zu den schon vorhandenen hinzu-
trete. Diese Voraussetzung kann der Wahrheit nahe
kommen, da, wie wir jetzt sehen, bey etwas bedeutender
Stärke der Wahrnehmung eine sehr geringe Zeit hin-
reicht, um eine mäſsig starke Vorstellung entstehen zu
machen. (Man setze z. B. im §. 95., β=3, oder gar
=10; und man wird sehen, wie wenig Zeit nöthig ist,
damit sich eine Stärke des Vorstellens erzeuge, die den
Beyspielen des zweyten und dritten Capitels entsprechen
könne. Es versteht sich, daſs hier von Verhältnissen
der neuen Vorstellung gegen die vorhandenen die Rede
ist, da wir für das, was Wenig oder Viel sey, keinen
andern Maaſsstab haben; was aber das Zeitmaaſs anlangt,
so wird darüber erst im zweyten Theile etwas können ge-
sagt werden, woraus zu erkennen ist, daſs man sich die
Zeit-Einheit, im Vergleich mit unsern Minuten und Se-
cunden, als eine nicht ganz kleine Gröſse zu denken hat.)
Es kann aber auch begegnen, und begegnet meistens,
daſs eine schwächere Wahrnehmung erst durch längere
Dauer eine Vorstellung zu ihrer Energie erhebt; und als-
dann entsteht die Frage, welche Abänderungen daraus
für jene früher betrachteten Ereignisse entspringen?
Zuvörderst, dasjenige Sinken der schon vorhandenen
Vorstellungen, welches die Hemmung des Wahrgenom-
menen begleiten muſs, ist aus den vorhergehenden For-
meln leicht zu berechnen. Die ganze Hemmungssumme
war =ν, das Gehemmte in jedem Augenblick =νdt; das
Gehemmte am Ende der Zeit t ist =∫νdt; folglich
∫νdt—Z ist dasjenige, was von den früher vorhandenen
Vorstellungen zusammengenommen gehemmt wird, und
welches man nur nach den Hemmungsverhältnissen ver-
theilen muſs, um das Sinken jeder einzelnen von diesen
Vorstellungen zu bestimmen.
Ferner, hieraus ergiebt sich auch das Gesetz für eine,
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/353>, abgerufen am 22.11.2024.
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