Es können nun die früher im Bewusstseyn vorhan- denen Vorstellungen beym Anfange der Wahrnehmung noch von ihrem statischen Puncte um etwas entfernt seyn *); alsdann ist für t=0 nicht n=0, sondern n=S, wo S den Rest bedeutet, der von einer frühern Hem- mungssumme noch vorhanden ist. Folglich
[Formel 3]
und
[Formel 4]
Nur für b=1 ist
[Formel 5]
, daher alsdann
[Formel 6]
.
Das Hemmungsverhältniss ist ebenfalls veränderlich; und zwar, wenn man die Sache genau nehmen will, auf eine höchst verwickelte Weise. Denn erstlich: die frü- hern Vorstellungen, noch in gegenseitiger Hemmung be- griffen, sind in einem Mittelzustande angefangener und noch nicht vollendeter Verschmelzung. (Vergl. §§. 68. 69. und 76.) Zweytens: diese Verschmelzung wird auf- gehalten, und selbst vermindert, durch die hinzukommende Wahrnehmung, welche den Conflict vermehrt. Drittens: das Wahrgenommene ist eine veränderliche Kraft, die gegen die Hemmung einen veränderlichen Widerstand leistet.
Unsre Aufmerksamkeit ist jedoch hier nur auf den letzten Umstand gerichtet; daher wir jene beyden ganz ignoriren, welches um so eher erlaubt ist, weil statt der schon geschehenen Verschmelzung die vorhandenen Vor- stellungen etwas grösser mögen gedacht werden; die wäh- rend der Wahrnehmung noch zunehmende Verschmel-
zung
*) Dieses ist genau genommen immer der Fall, weil niemals die Hemmungssummen ganz sinken. Vergl. §. 74.
[Formel 1]
woraus
[Formel 2]
.
Es können nun die früher im Bewuſstseyn vorhan- denen Vorstellungen beym Anfange der Wahrnehmung noch von ihrem statischen Puncte um etwas entfernt seyn *); alsdann ist für t=0 nicht ν=0, sondern ν=S, wo S den Rest bedeutet, der von einer frühern Hem- mungssumme noch vorhanden ist. Folglich
[Formel 3]
und
[Formel 4]
Nur für β=1 ist
[Formel 5]
, daher alsdann
[Formel 6]
.
Das Hemmungsverhältniſs ist ebenfalls veränderlich; und zwar, wenn man die Sache genau nehmen will, auf eine höchst verwickelte Weise. Denn erstlich: die frü- hern Vorstellungen, noch in gegenseitiger Hemmung be- griffen, sind in einem Mittelzustande angefangener und noch nicht vollendeter Verschmelzung. (Vergl. §§. 68. 69. und 76.) Zweytens: diese Verschmelzung wird auf- gehalten, und selbst vermindert, durch die hinzukommende Wahrnehmung, welche den Conflict vermehrt. Drittens: das Wahrgenommene ist eine veränderliche Kraft, die gegen die Hemmung einen veränderlichen Widerstand leistet.
Unsre Aufmerksamkeit ist jedoch hier nur auf den letzten Umstand gerichtet; daher wir jene beyden ganz ignoriren, welches um so eher erlaubt ist, weil statt der schon geschehenen Verschmelzung die vorhandenen Vor- stellungen etwas gröſser mögen gedacht werden; die wäh- rend der Wahrnehmung noch zunehmende Verschmel-
zung
*) Dieses ist genau genommen immer der Fall, weil niemals die Hemmungssummen ganz sinken. Vergl. §. 74.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0340"n="320"/><hirendition="#c"><formula/></hi><hirendition="#et">woraus <formula/>.</hi></p><lb/><p>Es können nun die früher im Bewuſstseyn vorhan-<lb/>
denen Vorstellungen beym Anfange der Wahrnehmung<lb/>
noch von ihrem statischen Puncte um etwas entfernt<lb/>
seyn <noteplace="foot"n="*)">Dieses ist genau genommen immer der Fall, weil niemals die<lb/>
Hemmungssummen ganz sinken. Vergl. §. 74.</note>; alsdann ist für <hirendition="#i">t</hi>=0 nicht <hirendition="#i">ν</hi>=0, sondern <hirendition="#i">ν</hi>=<hirendition="#i">S</hi>,<lb/>
wo <hirendition="#i">S</hi> den Rest bedeutet, der <hirendition="#g">von einer frühern Hem-<lb/>
mungssumme</hi> noch vorhanden ist. Folglich<lb/><hirendition="#et"><formula/></hi><hirendition="#et">und <formula/></hi><lb/>
Nur für <hirendition="#i">β</hi>=1 ist <formula/>, daher<lb/>
alsdann <formula/>.</p><lb/><p>Das Hemmungsverhältniſs ist ebenfalls veränderlich;<lb/>
und zwar, wenn man die Sache genau nehmen will, auf<lb/>
eine höchst verwickelte Weise. Denn erstlich: die frü-<lb/>
hern Vorstellungen, noch in gegenseitiger Hemmung be-<lb/>
griffen, sind in einem Mittelzustande angefangener und<lb/>
noch nicht vollendeter Verschmelzung. (Vergl. §§. 68.<lb/>
69. und 76.) Zweytens: diese Verschmelzung wird auf-<lb/>
gehalten, und selbst vermindert, durch die hinzukommende<lb/>
Wahrnehmung, welche den Conflict vermehrt. Drittens:<lb/>
das Wahrgenommene ist eine veränderliche Kraft, die<lb/>
gegen die Hemmung einen veränderlichen Widerstand<lb/>
leistet.</p><lb/><p>Unsre Aufmerksamkeit ist jedoch hier nur auf den<lb/>
letzten Umstand gerichtet; daher wir jene beyden ganz<lb/>
ignoriren, welches um so eher erlaubt ist, weil statt der<lb/>
schon geschehenen Verschmelzung die vorhandenen Vor-<lb/>
stellungen etwas gröſser mögen gedacht werden; die wäh-<lb/>
rend der Wahrnehmung noch zunehmende Verschmel-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zung</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[320/0340]
[FORMEL] woraus [FORMEL].
Es können nun die früher im Bewuſstseyn vorhan-
denen Vorstellungen beym Anfange der Wahrnehmung
noch von ihrem statischen Puncte um etwas entfernt
seyn *); alsdann ist für t=0 nicht ν=0, sondern ν=S,
wo S den Rest bedeutet, der von einer frühern Hem-
mungssumme noch vorhanden ist. Folglich
[FORMEL] und [FORMEL]
Nur für β=1 ist [FORMEL], daher
alsdann [FORMEL].
Das Hemmungsverhältniſs ist ebenfalls veränderlich;
und zwar, wenn man die Sache genau nehmen will, auf
eine höchst verwickelte Weise. Denn erstlich: die frü-
hern Vorstellungen, noch in gegenseitiger Hemmung be-
griffen, sind in einem Mittelzustande angefangener und
noch nicht vollendeter Verschmelzung. (Vergl. §§. 68.
69. und 76.) Zweytens: diese Verschmelzung wird auf-
gehalten, und selbst vermindert, durch die hinzukommende
Wahrnehmung, welche den Conflict vermehrt. Drittens:
das Wahrgenommene ist eine veränderliche Kraft, die
gegen die Hemmung einen veränderlichen Widerstand
leistet.
Unsre Aufmerksamkeit ist jedoch hier nur auf den
letzten Umstand gerichtet; daher wir jene beyden ganz
ignoriren, welches um so eher erlaubt ist, weil statt der
schon geschehenen Verschmelzung die vorhandenen Vor-
stellungen etwas gröſser mögen gedacht werden; die wäh-
rend der Wahrnehmung noch zunehmende Verschmel-
zung
*) Dieses ist genau genommen immer der Fall, weil niemals die
Hemmungssummen ganz sinken. Vergl. §. 74.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/340>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.