des Ich ansehen möchte. Wir sagen nicht bloss mein Leib, sondern auch mein Geist, meine Vernunft, mein Wille, ja sogar: mein Selbstgefühl, mein Selbstbewusstseyn, mein Leben, und mein Tod. Denn alle diese Bestimmungen fallen in den Punct, wel- cher Ich heisst.
Der Leser kann nun vermuthen, dass diese Ansicht vom Ich wohl die richtige seyn möge, aber er weiss von dem Allen noch nichts; versteht auch noch nicht, wie die Vorstellung eines Puncts in einer Reihe möglich ist; begreift also von der gegebenen Erläuterung noch sehr wenig. Um weiter zu kommen, ist es nöthig, diese ganze Anmerkung bey Seite zu setzen, und den Faden des frühern Vortrags wieder aufzunehmen. Derselbe blieb liegen in der tiefsten Finsterniss; wir müssen daher sehr langsam fortschreiten.
§. 28.
Irgend etwas, wenn auch noch so dunkel vorgestellt, hat ohne Zweifel Jeder im Auge, der von Sich redet; denn ein Vorstellen ganz ohne Gegenstand kann doch die Aussage des Ich nicht seyn. Wir müssen also zu- erst dem Begriff des Ich ein unbekanntes, und noch zu bestimmendes Object leihen; und nachsehn, was weiter daraus werde.
Sogleich nun wird das Geständniss unvermeidlich, dass wir von der eigentlichen Bedeutung des Begriffs ab- gewichen sind. Denn nicht ein unbekanntes Object soll- ten wir annehmen, sondern uns damit begnügen, dass das Subject zugleich die Stelle des Objects vertrete; dass das Ich nicht etwas Anderes, sondern Sich setze.
Dieses Geständniss darf jedoch nicht im geringsten befremden. Denn es versteht sich von selbst, dass ein widersprechender Begriff, wenn er nicht ganz verworfen werden kann, wenigstens eine Veränderung erleiden muss. Und die gemachte Veränderung war nothwendig; denn
des Ich ansehen möchte. Wir sagen nicht bloſs mein Leib, sondern auch mein Geist, meine Vernunft, mein Wille, ja sogar: mein Selbstgefühl, mein Selbstbewuſstseyn, mein Leben, und mein Tod. Denn alle diese Bestimmungen fallen in den Punct, wel- cher Ich heiſst.
Der Leser kann nun vermuthen, daſs diese Ansicht vom Ich wohl die richtige seyn möge, aber er weiſs von dem Allen noch nichts; versteht auch noch nicht, wie die Vorstellung eines Puncts in einer Reihe möglich ist; begreift also von der gegebenen Erläuterung noch sehr wenig. Um weiter zu kommen, ist es nöthig, diese ganze Anmerkung bey Seite zu setzen, und den Faden des frühern Vortrags wieder aufzunehmen. Derselbe blieb liegen in der tiefsten Finsterniſs; wir müssen daher sehr langsam fortschreiten.
§. 28.
Irgend etwas, wenn auch noch so dunkel vorgestellt, hat ohne Zweifel Jeder im Auge, der von Sich redet; denn ein Vorstellen ganz ohne Gegenstand kann doch die Aussage des Ich nicht seyn. Wir müssen also zu- erst dem Begriff des Ich ein unbekanntes, und noch zu bestimmendes Object leihen; und nachsehn, was weiter daraus werde.
Sogleich nun wird das Geständniſs unvermeidlich, daſs wir von der eigentlichen Bedeutung des Begriffs ab- gewichen sind. Denn nicht ein unbekanntes Object soll- ten wir annehmen, sondern uns damit begnügen, daſs das Subject zugleich die Stelle des Objects vertrete; daſs das Ich nicht etwas Anderes, sondern Sich setze.
Dieses Geständniſs darf jedoch nicht im geringsten befremden. Denn es versteht sich von selbst, daſs ein widersprechender Begriff, wenn er nicht ganz verworfen werden kann, wenigstens eine Veränderung erleiden muſs. Und die gemachte Veränderung war nothwendig; denn
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des Ich ansehen möchte. Wir sagen nicht bloſs mein
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Selbstbewuſstseyn, mein Leben, und mein Tod.
Denn alle diese Bestimmungen fallen in den Punct, wel-
cher Ich heiſst.
Der Leser kann nun vermuthen, daſs diese Ansicht
vom Ich wohl die richtige seyn möge, aber er weiſs von
dem Allen noch nichts; versteht auch noch nicht, wie
die Vorstellung eines Puncts in einer Reihe möglich ist;
begreift also von der gegebenen Erläuterung noch sehr
wenig. Um weiter zu kommen, ist es nöthig, diese ganze
Anmerkung bey Seite zu setzen, und den Faden des
frühern Vortrags wieder aufzunehmen. Derselbe blieb
liegen in der tiefsten Finsterniſs; wir müssen daher sehr
langsam fortschreiten.
§. 28.
Irgend etwas, wenn auch noch so dunkel vorgestellt,
hat ohne Zweifel Jeder im Auge, der von Sich redet;
denn ein Vorstellen ganz ohne Gegenstand kann doch
die Aussage des Ich nicht seyn. Wir müssen also zu-
erst dem Begriff des Ich ein unbekanntes, und noch zu
bestimmendes Object leihen; und nachsehn, was weiter
daraus werde.
Sogleich nun wird das Geständniſs unvermeidlich,
daſs wir von der eigentlichen Bedeutung des Begriffs ab-
gewichen sind. Denn nicht ein unbekanntes Object soll-
ten wir annehmen, sondern uns damit begnügen, daſs
das Subject zugleich die Stelle des Objects vertrete; daſs
das Ich nicht etwas Anderes, sondern Sich setze.
Dieses Geständniſs darf jedoch nicht im geringsten
befremden. Denn es versteht sich von selbst, daſs ein
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werden kann, wenigstens eine Veränderung erleiden muſs.
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/122>, abgerufen am 22.12.2024.
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