Helmholtz, Hermann von: Theorie der Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden. In: Journal für die reine und angewandte Mathematik 57 (1860), Heft 1, S. 1-72.Helmholtz, über Luftschwingungen in offenen Röhren. und die grösste Abweichung, die überhaupt vorkommt, ist 1/50 des Radius.Die Differenz zwischen der reducirten und wahren Länge dieser Röhre be- trägt p/2 = 0,785 des Radius. Die eines vollständigen Cylinders muss ein wenig grösser sein. Die neuesten und sorgfältigsten experimentellen Bestim- mungen der Grösse dieser Differenz von Wertheim *) und Zamminer **) zeigen noch keine sehr grosse Uebereinstimmung unter einander, was vielleicht darin seinen Grund hat, dass die Röhren durch Anblasen zum Tönen gebracht sind, wobei man zwar, wie die Erfahrung lehrt, im Allgemeinen Töne der- selben Höhe bekommt, wie die Töne der stärksten Resonanz der Röhre, aber doch nicht genau weiss, wie weit die Tonhöhe durch kleine Modificationen des Anblasens verändert werden kann. Auch ist die Länge der Schallwellen nur schwer so genau zu bestimmen, dass auch die verhältnissmässig kleine Differenz der wahren und reducirten Länge der Röhren genau gefunden wird. Wert- heim findet den Werth dieser Differenz, wenn sie in Theilen des Radius aus- gedrückt wird, ziemlich unabhängig von dem Verhältniss des Durchmessers zur Wellenlänge, und zwar bei beiderseits offenen Röhren für jedes Ende zwischen 0,560 und 0,819, Mittel 0,663 R, für einerseits gedeckte Röhren zwischen 0,638 und 0,862, Mittel 0,746 R, so dass der theoretisch gefundene Werth 0,785 R zwar grösser ist als seine Mittelwerthe, aber doch noch inner- halb der Grenzen der Beobachtungsdifferenzen liegt. Zamminer findet da- gegen einen stärkeren Einfluss der Tonhöhe. Bei offenen Röhren variirt der Werth der Differenz von 0,848 bis 0,493 R, während die Viertelwellenlänge von 20,9 R auf 3,9 R sich ändert, und bei geschlossenen Röhren variirt die Differenz zwischen 1,304 und 0,376 R, während die Viertelwellenlänge von 40,1 R auf 7,03 R sinkt. Dies stimmt nicht so gut mit der Theorie, welche so starke Aenderungen des Werthes 0,785 R, der für die tiefsten Töne gilt, bei veränderter Tonhöhe nicht erwarten lässt. Indessen sind bei den Röhren, deren Länge mehr als 30 R beträgt, auch hier die Differenzen so gering, dass Aenderungen der Schwingungszahl um ein Procent genügen würden, die Ueber- einstimmung herzustellen, und bei verschiedener Stärke des Anblasens können leicht viel grössere Aenderungen eingetreten sein. Endlich ist in §. 10 noch eine Aufgabe in ihren allgemeinen Zügen *) Annales de Chimie et de Physique, Ser. 3, Tome XXXI, p. 394. **) Poggendorffs Annalen der Physik XGVII, p. 183. 2 *
Helmholtz, über Luftschwingungen in offenen Röhren. und die gröſste Abweichung, die überhaupt vorkommt, ist 1/50 des Radius.Die Differenz zwischen der reducirten und wahren Länge dieser Röhre be- trägt π/2 = 0,785 des Radius. Die eines vollständigen Cylinders muſs ein wenig gröſser sein. Die neuesten und sorgfältigsten experimentellen Bestim- mungen der Gröſse dieser Differenz von Wertheim *) und Zamminer **) zeigen noch keine sehr groſse Uebereinstimmung unter einander, was vielleicht darin seinen Grund hat, daſs die Röhren durch Anblasen zum Tönen gebracht sind, wobei man zwar, wie die Erfahrung lehrt, im Allgemeinen Töne der- selben Höhe bekommt, wie die Töne der stärksten Resonanz der Röhre, aber doch nicht genau weiſs, wie weit die Tonhöhe durch kleine Modificationen des Anblasens verändert werden kann. Auch ist die Länge der Schallwellen nur schwer so genau zu bestimmen, daſs auch die verhältniſsmäſsig kleine Differenz der wahren und reducirten Länge der Röhren genau gefunden wird. Wert- heim findet den Werth dieser Differenz, wenn sie in Theilen des Radius aus- gedrückt wird, ziemlich unabhängig von dem Verhältniſs des Durchmessers zur Wellenlänge, und zwar bei beiderseits offenen Röhren für jedes Ende zwischen 0,560 und 0,819, Mittel 0,663 R, für einerseits gedeckte Röhren zwischen 0,638 und 0,862, Mittel 0,746 R, so daſs der theoretisch gefundene Werth 0,785 R zwar gröſser ist als seine Mittelwerthe, aber doch noch inner- halb der Grenzen der Beobachtungsdifferenzen liegt. Zamminer findet da- gegen einen stärkeren Einfluſs der Tonhöhe. Bei offenen Röhren variirt der Werth der Differenz von 0,848 bis 0,493 R, während die Viertelwellenlänge von 20,9 R auf 3,9 R sich ändert, und bei geschlossenen Röhren variirt die Differenz zwischen 1,304 und 0,376 R, während die Viertelwellenlänge von 40,1 R auf 7,03 R sinkt. Dies stimmt nicht so gut mit der Theorie, welche so starke Aenderungen des Werthes 0,785 R, der für die tiefsten Töne gilt, bei veränderter Tonhöhe nicht erwarten läſst. Indessen sind bei den Röhren, deren Länge mehr als 30 R beträgt, auch hier die Differenzen so gering, daſs Aenderungen der Schwingungszahl um ein Procent genügen würden, die Ueber- einstimmung herzustellen, und bei verschiedener Stärke des Anblasens können leicht viel gröſsere Aenderungen eingetreten sein. Endlich ist in §. 10 noch eine Aufgabe in ihren allgemeinen Zügen *) Annales de Chimie et de Physique, Sér. 3, Tome XXXI, p. 394. **) Poggendorffs Annalen der Physik XGVII, p. 183. 2 *
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Helmholtz, über Luftschwingungen in offenen Röhren.
und die gröſste Abweichung, die überhaupt vorkommt, ist 1/50 des Radius.
Die Differenz zwischen der reducirten und wahren Länge dieser Röhre be-
trägt π/2 = 0,785 des Radius. Die eines vollständigen Cylinders muſs ein
wenig gröſser sein. Die neuesten und sorgfältigsten experimentellen Bestim-
mungen der Gröſse dieser Differenz von Wertheim *) und Zamminer **)
zeigen noch keine sehr groſse Uebereinstimmung unter einander, was vielleicht
darin seinen Grund hat, daſs die Röhren durch Anblasen zum Tönen gebracht
sind, wobei man zwar, wie die Erfahrung lehrt, im Allgemeinen Töne der-
selben Höhe bekommt, wie die Töne der stärksten Resonanz der Röhre, aber
doch nicht genau weiſs, wie weit die Tonhöhe durch kleine Modificationen des
Anblasens verändert werden kann. Auch ist die Länge der Schallwellen nur
schwer so genau zu bestimmen, daſs auch die verhältniſsmäſsig kleine Differenz
der wahren und reducirten Länge der Röhren genau gefunden wird. Wert-
heim findet den Werth dieser Differenz, wenn sie in Theilen des Radius aus-
gedrückt wird, ziemlich unabhängig von dem Verhältniſs des Durchmessers
zur Wellenlänge, und zwar bei beiderseits offenen Röhren für jedes Ende
zwischen 0,560 und 0,819, Mittel 0,663 R, für einerseits gedeckte Röhren
zwischen 0,638 und 0,862, Mittel 0,746 R, so daſs der theoretisch gefundene
Werth 0,785 R zwar gröſser ist als seine Mittelwerthe, aber doch noch inner-
halb der Grenzen der Beobachtungsdifferenzen liegt. Zamminer findet da-
gegen einen stärkeren Einfluſs der Tonhöhe. Bei offenen Röhren variirt der
Werth der Differenz von 0,848 bis 0,493 R, während die Viertelwellenlänge
von 20,9 R auf 3,9 R sich ändert, und bei geschlossenen Röhren variirt die
Differenz zwischen 1,304 und 0,376 R, während die Viertelwellenlänge von
40,1 R auf 7,03 R sinkt. Dies stimmt nicht so gut mit der Theorie, welche
so starke Aenderungen des Werthes 0,785 R, der für die tiefsten Töne gilt,
bei veränderter Tonhöhe nicht erwarten läſst. Indessen sind bei den Röhren,
deren Länge mehr als 30 R beträgt, auch hier die Differenzen so gering, daſs
Aenderungen der Schwingungszahl um ein Procent genügen würden, die Ueber-
einstimmung herzustellen, und bei verschiedener Stärke des Anblasens können
leicht viel gröſsere Aenderungen eingetreten sein.
Endlich ist in §. 10 noch eine Aufgabe in ihren allgemeinen Zügen
hehandelt, welche bisher der theoretischen Bearbeitung unzugänglich gewesen
*) Annales de Chimie et de Physique, Sér. 3, Tome XXXI, p. 394.
**) Poggendorffs Annalen der Physik XGVII, p. 183.
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