[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.Man findet nichts mehr übrig von alter Kunst, Vielleicht hat er ein süßes Geschöpf der Lust und F 5
Man findet nichts mehr uͤbrig von alter Kunſt, Vielleicht hat er ein ſuͤßes Geſchoͤpf der Luſt und F 5
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Man findet nichts mehr uͤbrig von alter Kunſt,
wo Kernſtaͤrke ſchoͤner und vollfleiſchiger, und
alles in der lebendigſten Form mit dem feinſten
Wahrheitsgefuͤhl ſo abgewogen waͤre. Er ſenkt die
rechte Seite, und hatte den linken Arm in der
Hoͤhe. Das maͤchtige Bruſtbein iſt ſo zart ge-
halten und mit nerviger Fettigkeit uͤberzogen,
daß man es kaum merkt. Bruſt und Schultern
und Mark vom Ruͤcken herum ſitzen uͤber der
ſchlanken Mitte ganz unuͤberwindlich und erdruͤ-
ckend. Die Schenkel ſind lauter Kraft. Alles
iſt an ihm in Fluß und Bewegung in den aller-
gelindeſten Umriſſen. Man ſieht alle Theile,
und ihre Macht und Gewalt, jede Fieber iſt in
Regung: und doch tritt weder Muskel noch
Knochen ſcharf hervor. Es iſt recht das hoͤch-
ſte Vermoͤgen in hoͤchſter Beſcheidenheit und
Schoͤnheit.
Vielleicht hat er ein ſuͤßes Geſchoͤpf der Luſt
auf ſeinen Armen gewiegt; denn ſie trugen,
und
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Zitationshilfe: | [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/97>, abgerufen am 16.02.2025. |