Themistoklesse und Scipionen, für Praxite- lesse und Horaze keinen Mönchen und Bar- baren.
Wirkliche (nicht bloß eingebildete und er- träumte) Glückseeligkeit besteht allezeit in einem unzertrennlichen Drey: in Kraft zu genießen, Gegenstand, und Genuß. Regierung und Er- ziehung soll jedes verschaffen, verstärken und verschönern.
Der Krieg richtet gräuliche Verwüstungen an, es ist wahr; bringt aber auch die wohlthä- tigsten Früchte hervor. Er gleicht dem Elemen- te des Feuers. Es ist nichts, was den Men- schen so zur Vollkommenheit treibt, deren er fä- hig ist. Das goldne Jahrhundert der Griechen kam nach den Schlachten gegen die Perser. Das goldne Jahrhundert der Römer war mitten unter ihren Bürgerkriegen, und ihr Geist fing an zu erschlaffen bey dem langen Frieden unter Augusten. Florenz ragt in den neuern Zeiten hervor bey innerlichem Tumult und Aufruhr.
Die höchste Weisheit der Schöpfung ist vielleicht, daß alles in der Natur seine Feinde hat; dieß regt das Leben auf! Sterben, ist nur ein scheinbares Aufhören, und kömmt beym Ganzen wenig in Betrachtung. Alles, was athmet, und wenn es auch Nestor wird, ist oh- nedieß in einer kurzen Reihe von Tagen nicht mehr dasselbe.
Ruh
Themiſtokleſſe und Scipionen, fuͤr Praxite- leſſe und Horaze keinen Moͤnchen und Bar- baren.
Wirkliche (nicht bloß eingebildete und er- traͤumte) Gluͤckſeeligkeit beſteht allezeit in einem unzertrennlichen Drey: in Kraft zu genießen, Gegenſtand, und Genuß. Regierung und Er- ziehung ſoll jedes verſchaffen, verſtaͤrken und verſchoͤnern.
Der Krieg richtet graͤuliche Verwuͤſtungen an, es iſt wahr; bringt aber auch die wohlthaͤ- tigſten Fruͤchte hervor. Er gleicht dem Elemen- te des Feuers. Es iſt nichts, was den Men- ſchen ſo zur Vollkommenheit treibt, deren er faͤ- hig iſt. Das goldne Jahrhundert der Griechen kam nach den Schlachten gegen die Perſer. Das goldne Jahrhundert der Roͤmer war mitten unter ihren Buͤrgerkriegen, und ihr Geiſt fing an zu erſchlaffen bey dem langen Frieden unter Auguſten. Florenz ragt in den neuern Zeiten hervor bey innerlichem Tumult und Aufruhr.
Die hoͤchſte Weisheit der Schoͤpfung iſt vielleicht, daß alles in der Natur ſeine Feinde hat; dieß regt das Leben auf! Sterben, iſt nur ein ſcheinbares Aufhoͤren, und koͤmmt beym Ganzen wenig in Betrachtung. Alles, was athmet, und wenn es auch Neſtor wird, iſt oh- nedieß in einer kurzen Reihe von Tagen nicht mehr daſſelbe.
Ruh
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Themiſtokleſſe und Scipionen, fuͤr Praxite-
leſſe und Horaze keinen Moͤnchen und Bar-
baren.
Wirkliche (nicht bloß eingebildete und er-
traͤumte) Gluͤckſeeligkeit beſteht allezeit in einem
unzertrennlichen Drey: in Kraft zu genießen,
Gegenſtand, und Genuß. Regierung und Er-
ziehung ſoll jedes verſchaffen, verſtaͤrken und
verſchoͤnern.
Der Krieg richtet graͤuliche Verwuͤſtungen
an, es iſt wahr; bringt aber auch die wohlthaͤ-
tigſten Fruͤchte hervor. Er gleicht dem Elemen-
te des Feuers. Es iſt nichts, was den Men-
ſchen ſo zur Vollkommenheit treibt, deren er faͤ-
hig iſt. Das goldne Jahrhundert der Griechen
kam nach den Schlachten gegen die Perſer.
Das goldne Jahrhundert der Roͤmer war mitten
unter ihren Buͤrgerkriegen, und ihr Geiſt fing
an zu erſchlaffen bey dem langen Frieden unter
Auguſten. Florenz ragt in den neuern Zeiten
hervor bey innerlichem Tumult und Aufruhr.
Die hoͤchſte Weisheit der Schoͤpfung iſt
vielleicht, daß alles in der Natur ſeine Feinde
hat; dieß regt das Leben auf! Sterben, iſt nur
ein ſcheinbares Aufhoͤren, und koͤmmt beym
Ganzen wenig in Betrachtung. Alles, was
athmet, und wenn es auch Neſtor wird, iſt oh-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/381>, abgerufen am 12.12.2024.
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