hart bestraft. Für gute Ordnung war dabey wohl gesorgt; Männer und Weiber wohnten von einander abgesondert. Den Weibern und Kindern überließen wir ganz Naxos, die schön- ste Perle aller Inseln, von den Alten schon we- gen ihrer Fruchtbarkeit und Lieblichkeit das kleine Sizilien genannt. Ihr Wein, und ihre Früchte haben an Köstlichkeit ihres gleichen nicht auf dem weiten Erdboden. Schade nur, daß sich jener nicht verführen, nicht einmal auf die See bringen läßt, ohne sogleich zu verderben. Wahrer Nektar, dem Himmel unentwendbar! Alles schien für uns, von der Natur selbst, schon vorherbereitet. Naxos hatte keinen Hafen für Schiffe, nur die Barken der Verliebten können anländen: hingegen Paros deren fünf, rundum einen immer schöner als den andern.
Für die Jugend, bevor sie mannbar ward, hatte man noch andre Einrichtungen getrof- fen.
Auch die Weiber hatten Stimmen bey den allgemeinen Geschäften, und wurden nicht als bloße Sklavinnen behandelt; doch nur zehn pro Cent in Vergleich mit den Männern. Fiordi- mona, die unbegreiflich allein, wer kann des Menschen Charakter fassen? dem Ardinghello treu blieb, hatte dieß durchgesetzt; wie noch an- dres Amazonenhafte für ihr Geschlecht, daß sie
zum
hart beſtraft. Fuͤr gute Ordnung war dabey wohl geſorgt; Maͤnner und Weiber wohnten von einander abgeſondert. Den Weibern und Kindern uͤberließen wir ganz Naxos, die ſchoͤn- ſte Perle aller Inſeln, von den Alten ſchon we- gen ihrer Fruchtbarkeit und Lieblichkeit das kleine Sizilien genannt. Ihr Wein, und ihre Fruͤchte haben an Koͤſtlichkeit ihres gleichen nicht auf dem weiten Erdboden. Schade nur, daß ſich jener nicht verfuͤhren, nicht einmal auf die See bringen laͤßt, ohne ſogleich zu verderben. Wahrer Nektar, dem Himmel unentwendbar! Alles ſchien fuͤr uns, von der Natur ſelbſt, ſchon vorherbereitet. Naxos hatte keinen Hafen fuͤr Schiffe, nur die Barken der Verliebten koͤnnen anlaͤnden: hingegen Paros deren fuͤnf, rundum einen immer ſchoͤner als den andern.
Fuͤr die Jugend, bevor ſie mannbar ward, hatte man noch andre Einrichtungen getrof- fen.
Auch die Weiber hatten Stimmen bey den allgemeinen Geſchaͤften, und wurden nicht als bloße Sklavinnen behandelt; doch nur zehn pro Cent in Vergleich mit den Maͤnnern. Fiordi- mona, die unbegreiflich allein, wer kann des Menſchen Charakter faſſen? dem Ardinghello treu blieb, hatte dieß durchgeſetzt; wie noch an- dres Amazonenhafte fuͤr ihr Geſchlecht, daß ſie
zum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0376"n="368"/>
hart beſtraft. Fuͤr gute Ordnung war dabey<lb/>
wohl geſorgt; Maͤnner und Weiber wohnten<lb/>
von einander abgeſondert. Den Weibern und<lb/>
Kindern uͤberließen wir ganz <hirendition="#fr">Naxos</hi>, die ſchoͤn-<lb/>ſte Perle aller Inſeln, von den Alten ſchon we-<lb/>
gen ihrer Fruchtbarkeit und Lieblichkeit das kleine<lb/>
Sizilien genannt. Ihr Wein, und ihre<lb/>
Fruͤchte haben an Koͤſtlichkeit ihres gleichen<lb/>
nicht auf dem weiten Erdboden. Schade nur,<lb/>
daß ſich jener nicht verfuͤhren, nicht einmal auf<lb/>
die See bringen laͤßt, ohne ſogleich zu verderben.<lb/>
Wahrer Nektar, dem Himmel unentwendbar!<lb/>
Alles ſchien fuͤr uns, von der Natur ſelbſt,<lb/>ſchon vorherbereitet. Naxos hatte keinen Hafen<lb/>
fuͤr Schiffe, nur die Barken der Verliebten<lb/>
koͤnnen anlaͤnden: hingegen Paros deren<lb/>
fuͤnf, rundum einen immer ſchoͤner als den<lb/>
andern.</p><lb/><p>Fuͤr die Jugend, bevor ſie mannbar ward,<lb/>
hatte man noch andre Einrichtungen getrof-<lb/>
fen.</p><lb/><p>Auch die Weiber hatten Stimmen bey den<lb/>
allgemeinen Geſchaͤften, und wurden nicht als<lb/>
bloße Sklavinnen behandelt; doch nur zehn <hirendition="#aq">pro<lb/>
Cent</hi> in Vergleich mit den Maͤnnern. Fiordi-<lb/>
mona, die unbegreiflich allein, wer kann des<lb/>
Menſchen Charakter faſſen? dem Ardinghello<lb/>
treu blieb, hatte dieß durchgeſetzt; wie noch an-<lb/>
dres Amazonenhafte fuͤr ihr Geſchlecht, daß ſie<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zum</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[368/0376]
hart beſtraft. Fuͤr gute Ordnung war dabey
wohl geſorgt; Maͤnner und Weiber wohnten
von einander abgeſondert. Den Weibern und
Kindern uͤberließen wir ganz Naxos, die ſchoͤn-
ſte Perle aller Inſeln, von den Alten ſchon we-
gen ihrer Fruchtbarkeit und Lieblichkeit das kleine
Sizilien genannt. Ihr Wein, und ihre
Fruͤchte haben an Koͤſtlichkeit ihres gleichen
nicht auf dem weiten Erdboden. Schade nur,
daß ſich jener nicht verfuͤhren, nicht einmal auf
die See bringen laͤßt, ohne ſogleich zu verderben.
Wahrer Nektar, dem Himmel unentwendbar!
Alles ſchien fuͤr uns, von der Natur ſelbſt,
ſchon vorherbereitet. Naxos hatte keinen Hafen
fuͤr Schiffe, nur die Barken der Verliebten
koͤnnen anlaͤnden: hingegen Paros deren
fuͤnf, rundum einen immer ſchoͤner als den
andern.
Fuͤr die Jugend, bevor ſie mannbar ward,
hatte man noch andre Einrichtungen getrof-
fen.
Auch die Weiber hatten Stimmen bey den
allgemeinen Geſchaͤften, und wurden nicht als
bloße Sklavinnen behandelt; doch nur zehn pro
Cent in Vergleich mit den Maͤnnern. Fiordi-
mona, die unbegreiflich allein, wer kann des
Menſchen Charakter faſſen? dem Ardinghello
treu blieb, hatte dieß durchgeſetzt; wie noch an-
dres Amazonenhafte fuͤr ihr Geſchlecht, daß ſie
zum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/376>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.