Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Unter allen Heldenzügen ergreift mich kei-
ner so, wie der des Hannibal durch Italien;
und es geschieht nicht bloß deßwegen, weil ich
Land und Boden und die Geschichte der kriegen-
den Völker besser kenne. Der des Alexander
durch Persien ist romantischer und hat mehr bar-
barisches Getümmel um sich: aber der des Afri-
kaners hat mehr Einheit, Nerve, und Kernathle-
tengeist; und es ist ein ganz ander großes Na-
turschauspiel, zwey solche Republiken sich in den
Haaren liegen zu sehn, als einen bloßen Darius
und Sohn Philipps.

Von seinem Satz an über den wilden
schnellströmenden Rhodan unter Avignon, und
kühnem Marsch durch die reißenden Wetterbäche,
über den hundertjährigen Schnee und das schnei-
dende Eis der gräßlichen tiefen Thäler und him-
melhohen Alpenklippen, dünkt mich in jeder
Schlacht nur ein Olympisches Faustbalgerspiel zu
sehen. In der bey der Trebbia, am thrasy-

meni-
T 5

Unter allen Heldenzuͤgen ergreift mich kei-
ner ſo, wie der des Hannibal durch Italien;
und es geſchieht nicht bloß deßwegen, weil ich
Land und Boden und die Geſchichte der kriegen-
den Voͤlker beſſer kenne. Der des Alexander
durch Perſien iſt romantiſcher und hat mehr bar-
bariſches Getuͤmmel um ſich: aber der des Afri-
kaners hat mehr Einheit, Nerve, und Kernathle-
tengeiſt; und es iſt ein ganz ander großes Na-
turſchauſpiel, zwey ſolche Republiken ſich in den
Haaren liegen zu ſehn, als einen bloßen Darius
und Sohn Philipps.

Von ſeinem Satz an uͤber den wilden
ſchnellſtroͤmenden Rhodan unter Avignon, und
kuͤhnem Marſch durch die reißenden Wetterbaͤche,
uͤber den hundertjaͤhrigen Schnee und das ſchnei-
dende Eis der graͤßlichen tiefen Thaͤler und him-
melhohen Alpenklippen, duͤnkt mich in jeder
Schlacht nur ein Olympiſches Fauſtbalgerſpiel zu
ſehen. In der bey der Trebbia, am thraſy-

meni-
T 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0305" n="297"/>
          <p>Unter allen Heldenzu&#x0364;gen ergreift mich kei-<lb/>
ner &#x017F;o, wie der des <hi rendition="#fr">Hannibal</hi> durch Italien;<lb/>
und es ge&#x017F;chieht nicht bloß deßwegen, weil ich<lb/>
Land und Boden und die Ge&#x017F;chichte der kriegen-<lb/>
den Vo&#x0364;lker be&#x017F;&#x017F;er kenne. Der des Alexander<lb/>
durch Per&#x017F;ien i&#x017F;t romanti&#x017F;cher und hat mehr bar-<lb/>
bari&#x017F;ches Getu&#x0364;mmel um &#x017F;ich: aber der des Afri-<lb/>
kaners hat mehr Einheit, Nerve, und Kernathle-<lb/>
tengei&#x017F;t; und es i&#x017F;t ein ganz ander großes Na-<lb/>
tur&#x017F;chau&#x017F;piel, zwey &#x017F;olche Republiken &#x017F;ich in den<lb/>
Haaren liegen zu &#x017F;ehn, als einen bloßen Darius<lb/>
und Sohn Philipps.</p><lb/>
          <p>Von &#x017F;einem Satz an u&#x0364;ber den wilden<lb/>
&#x017F;chnell&#x017F;tro&#x0364;menden <hi rendition="#fr">Rhodan</hi> unter Avignon, und<lb/>
ku&#x0364;hnem Mar&#x017F;ch durch die reißenden Wetterba&#x0364;che,<lb/>
u&#x0364;ber den hundertja&#x0364;hrigen Schnee und das &#x017F;chnei-<lb/>
dende Eis der gra&#x0364;ßlichen tiefen Tha&#x0364;ler und him-<lb/>
melhohen Alpenklippen, du&#x0364;nkt mich in jeder<lb/>
Schlacht nur ein Olympi&#x017F;ches Fau&#x017F;tbalger&#x017F;piel zu<lb/>
&#x017F;ehen. In der bey der <hi rendition="#fr">Trebbia,</hi> am <hi rendition="#fr">thra&#x017F;y-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">meni-</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0305] Unter allen Heldenzuͤgen ergreift mich kei- ner ſo, wie der des Hannibal durch Italien; und es geſchieht nicht bloß deßwegen, weil ich Land und Boden und die Geſchichte der kriegen- den Voͤlker beſſer kenne. Der des Alexander durch Perſien iſt romantiſcher und hat mehr bar- bariſches Getuͤmmel um ſich: aber der des Afri- kaners hat mehr Einheit, Nerve, und Kernathle- tengeiſt; und es iſt ein ganz ander großes Na- turſchauſpiel, zwey ſolche Republiken ſich in den Haaren liegen zu ſehn, als einen bloßen Darius und Sohn Philipps. Von ſeinem Satz an uͤber den wilden ſchnellſtroͤmenden Rhodan unter Avignon, und kuͤhnem Marſch durch die reißenden Wetterbaͤche, uͤber den hundertjaͤhrigen Schnee und das ſchnei- dende Eis der graͤßlichen tiefen Thaͤler und him- melhohen Alpenklippen, duͤnkt mich in jeder Schlacht nur ein Olympiſches Fauſtbalgerſpiel zu ſehen. In der bey der Trebbia, am thraſy- meni- T 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/305
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/305>, abgerufen am 23.11.2024.