Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

blüht wonniglich seelig und edel in seiner Gottheit
auf. Das Leibchen ist äußerst zart gehalten, und
doch regt und bildet sich alles. Es ist eine wah-
re Wollust, Venus und ihn zugleich von hinten
zu sehen, das weibliche und üppig bübliche des
Gewächses; Venus ist ein Schwall von hinten,
etwas speckicht: Apollo lauter süßer Kern. Eben
so kernfleischig spaltet sich sein Rücken; die
Schenkel sind am vollsten und schier zirkelrund.
Die zwey Hände muß ich ergänzen lassen, und
noch die Nase.

Der Ausdruck ist bezaubernd; er empfindet
in sich, und sinnt in Stille. Erste Ahndung
von Verlangen in Ungewißheit; und doch mit
dem entzückendsten Blick der Liebe.

Zwey junge Ringer aus einem Block
Marmor gehören unter die gelehrtesten Arbeiten,
die uns aus dem Alterthume übrig sind. Sie
sind im schönsten Moment eines Ringspiels ver-
flochten, und es kann dazu keine auserlesenere

Stel-

bluͤht wonniglich ſeelig und edel in ſeiner Gottheit
auf. Das Leibchen iſt aͤußerſt zart gehalten, und
doch regt und bildet ſich alles. Es iſt eine wah-
re Wolluſt, Venus und ihn zugleich von hinten
zu ſehen, das weibliche und uͤppig buͤbliche des
Gewaͤchſes; Venus iſt ein Schwall von hinten,
etwas ſpeckicht: Apollo lauter ſuͤßer Kern. Eben
ſo kernfleiſchig ſpaltet ſich ſein Ruͤcken; die
Schenkel ſind am vollſten und ſchier zirkelrund.
Die zwey Haͤnde muß ich ergaͤnzen laſſen, und
noch die Naſe.

Der Ausdruck iſt bezaubernd; er empfindet
in ſich, und ſinnt in Stille. Erſte Ahndung
von Verlangen in Ungewißheit; und doch mit
dem entzuͤckendſten Blick der Liebe.

Zwey junge Ringer aus einem Block
Marmor gehoͤren unter die gelehrteſten Arbeiten,
die uns aus dem Alterthume uͤbrig ſind. Sie
ſind im ſchoͤnſten Moment eines Ringſpiels ver-
flochten, und es kann dazu keine auserleſenere

Stel-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0291" n="283"/>
blu&#x0364;ht wonniglich &#x017F;eelig und edel in &#x017F;einer Gottheit<lb/>
auf. Das Leibchen i&#x017F;t a&#x0364;ußer&#x017F;t zart gehalten, und<lb/>
doch regt und bildet &#x017F;ich alles. Es i&#x017F;t eine wah-<lb/>
re Wollu&#x017F;t, Venus und ihn zugleich von hinten<lb/>
zu &#x017F;ehen, das weibliche und u&#x0364;ppig bu&#x0364;bliche des<lb/>
Gewa&#x0364;ch&#x017F;es; Venus i&#x017F;t ein Schwall von hinten,<lb/>
etwas &#x017F;peckicht: Apollo lauter &#x017F;u&#x0364;ßer Kern. Eben<lb/>
&#x017F;o kernflei&#x017F;chig &#x017F;paltet &#x017F;ich &#x017F;ein Ru&#x0364;cken; die<lb/>
Schenkel &#x017F;ind am voll&#x017F;ten und &#x017F;chier zirkelrund.<lb/>
Die zwey Ha&#x0364;nde muß ich erga&#x0364;nzen la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
noch die Na&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Der Ausdruck i&#x017F;t bezaubernd; er empfindet<lb/>
in &#x017F;ich, und &#x017F;innt in Stille. Er&#x017F;te Ahndung<lb/>
von Verlangen in Ungewißheit; und doch mit<lb/>
dem entzu&#x0364;ckend&#x017F;ten Blick der Liebe.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Zwey junge Ringer</hi> aus einem Block<lb/>
Marmor geho&#x0364;ren unter die gelehrte&#x017F;ten Arbeiten,<lb/>
die uns aus dem Alterthume u&#x0364;brig &#x017F;ind. Sie<lb/>
&#x017F;ind im &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Moment eines Ring&#x017F;piels ver-<lb/>
flochten, und es kann dazu keine auserle&#x017F;enere<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stel-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0291] bluͤht wonniglich ſeelig und edel in ſeiner Gottheit auf. Das Leibchen iſt aͤußerſt zart gehalten, und doch regt und bildet ſich alles. Es iſt eine wah- re Wolluſt, Venus und ihn zugleich von hinten zu ſehen, das weibliche und uͤppig buͤbliche des Gewaͤchſes; Venus iſt ein Schwall von hinten, etwas ſpeckicht: Apollo lauter ſuͤßer Kern. Eben ſo kernfleiſchig ſpaltet ſich ſein Ruͤcken; die Schenkel ſind am vollſten und ſchier zirkelrund. Die zwey Haͤnde muß ich ergaͤnzen laſſen, und noch die Naſe. Der Ausdruck iſt bezaubernd; er empfindet in ſich, und ſinnt in Stille. Erſte Ahndung von Verlangen in Ungewißheit; und doch mit dem entzuͤckendſten Blick der Liebe. Zwey junge Ringer aus einem Block Marmor gehoͤren unter die gelehrteſten Arbeiten, die uns aus dem Alterthume uͤbrig ſind. Sie ſind im ſchoͤnſten Moment eines Ringſpiels ver- flochten, und es kann dazu keine auserleſenere Stel-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/291
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/291>, abgerufen am 25.08.2024.