hen des Einzelnen werden wir uns noch lange vergebens die Köpfe zerbrechen, und die erhaben- sten Männer Schwachheiten vorbringen. Wenn alles in der Welt so begreiflich wäre, wie wir verlangen: so würden wir nicht halb so glücklich leben, und vor langer Weile über aller der Klar- heit und Deutlichkeit vergehen. Es müssen Wunderdinge für uns seyn! Wir müssen Räth- sel haben, wie die Kinder, um das, was in uns denkt, damit zu beschäftigen.
Wir traten wieder in das Pantheon. Und um diese Zeit muß man es sehen, wann die stille Dämmerung sich einsenkt! Da fühlt man un- aussprechlich die Schönheit des Ganzen; die Masse wird noch einfacher für das Auge, und erquickt es lieblich und heilig. Dann ist es so recht der weite hohe Schönheitsvolle Zauber- kreis, worin man von dem Erdgetümmel in die blauen heitern Lüfte oben wegverzückt wird, und schwebt, und in dem unermeßlichen
Um-
hen des Einzelnen werden wir uns noch lange vergebens die Koͤpfe zerbrechen, und die erhaben- ſten Maͤnner Schwachheiten vorbringen. Wenn alles in der Welt ſo begreiflich waͤre, wie wir verlangen: ſo wuͤrden wir nicht halb ſo gluͤcklich leben, und vor langer Weile uͤber aller der Klar- heit und Deutlichkeit vergehen. Es muͤſſen Wunderdinge fuͤr uns ſeyn! Wir muͤſſen Raͤth- ſel haben, wie die Kinder, um das, was in uns denkt, damit zu beſchaͤftigen.
Wir traten wieder in das Pantheon. Und um dieſe Zeit muß man es ſehen, wann die ſtille Daͤmmerung ſich einſenkt! Da fuͤhlt man un- ausſprechlich die Schoͤnheit des Ganzen; die Maſſe wird noch einfacher fuͤr das Auge, und erquickt es lieblich und heilig. Dann iſt es ſo recht der weite hohe Schoͤnheitsvolle Zauber- kreis, worin man von dem Erdgetuͤmmel in die blauen heitern Luͤfte oben wegverzuͤckt wird, und ſchwebt, und in dem unermeßlichen
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hen des Einzelnen werden wir uns noch lange
vergebens die Koͤpfe zerbrechen, und die erhaben-
ſten Maͤnner Schwachheiten vorbringen. Wenn
alles in der Welt ſo begreiflich waͤre, wie wir
verlangen: ſo wuͤrden wir nicht halb ſo gluͤcklich
leben, und vor langer Weile uͤber aller der Klar-
heit und Deutlichkeit vergehen. Es muͤſſen
Wunderdinge fuͤr uns ſeyn! Wir muͤſſen Raͤth-
ſel haben, wie die Kinder, um das, was in uns
denkt, damit zu beſchaͤftigen.
Wir traten wieder in das Pantheon. Und
um dieſe Zeit muß man es ſehen, wann die ſtille
Daͤmmerung ſich einſenkt! Da fuͤhlt man un-
ausſprechlich die Schoͤnheit des Ganzen; die
Maſſe wird noch einfacher fuͤr das Auge, und
erquickt es lieblich und heilig. Dann iſt es ſo
recht der weite hohe Schoͤnheitsvolle Zauber-
kreis, worin man von dem Erdgetuͤmmel in
die blauen heitern Luͤfte oben wegverzuͤckt
wird, und ſchwebt, und in dem unermeßlichen
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/218>, abgerufen am 25.11.2024.
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