Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

"Ueberhaupt hielten die mehrsten alten Phi-
losophen das Feuer für das göttlichste in der
Natur."

"Die großen Dichter dieser hohen Zeiten
für die Menschheit, fiel ich ein, hatten um eine
Stufe natürlichre Metaphysik, und nahmen das
sinnlichre und nähere. Sie meinten, wir schöpf-
ten die bewegende Kraft mit dem Athem, und sie
sey in der Luft befindlich, und nannten sie
Zevs, nach dem wörtlichen Sinne, wodurch
sie lebten
; und einige Philosophen schlugen sich
zu ihrer Parthey."

"Sophokles sagt: "Zevs, der alles faßt,
in alles dringt, uns näher verwandt ist, als
Vater, Mutter, Bruder, Schwester." Und an ei-
nem andern Orte: "welcher Menschen Uebermuth,
o Zevs, hemmt deine Macht, die der uralte
Schlaf nicht ergreift, und die unermüdlichen
Monden! Unalternd durch der Jahre Wechsel
nimst du Herrscher den strahlenden Glanz vom

Olymp

„Ueberhaupt hielten die mehrſten alten Phi-
loſophen das Feuer fuͤr das goͤttlichſte in der
Natur.“

„Die großen Dichter dieſer hohen Zeiten
fuͤr die Menſchheit, fiel ich ein, hatten um eine
Stufe natuͤrlichre Metaphyſik, und nahmen das
ſinnlichre und naͤhere. Sie meinten, wir ſchoͤpf-
ten die bewegende Kraft mit dem Athem, und ſie
ſey in der Luft befindlich, und nannten ſie
Zevs, nach dem woͤrtlichen Sinne, wodurch
ſie lebten
; und einige Philoſophen ſchlugen ſich
zu ihrer Parthey.“

Sophokles ſagt: „Zevs, der alles faßt,
in alles dringt, uns naͤher verwandt iſt, als
Vater, Mutter, Bruder, Schweſter.“ Und an ei-
nem andern Orte: „welcher Menſchen Uebermuth,
o Zevs, hemmt deine Macht, die der uralte
Schlaf nicht ergreift, und die unermuͤdlichen
Monden! Unalternd durch der Jahre Wechſel
nimſt du Herrſcher den ſtrahlenden Glanz vom

Olymp
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0147" n="139"/>
          <p>&#x201E;Ueberhaupt hielten die mehr&#x017F;ten alten Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophen das Feuer fu&#x0364;r das go&#x0364;ttlich&#x017F;te in der<lb/>
Natur.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Die großen Dichter die&#x017F;er hohen Zeiten<lb/>
fu&#x0364;r die Men&#x017F;chheit, fiel ich ein, hatten um eine<lb/>
Stufe natu&#x0364;rlichre Metaphy&#x017F;ik, und nahmen das<lb/>
&#x017F;innlichre und na&#x0364;here. Sie meinten, wir &#x017F;cho&#x0364;pf-<lb/>
ten die bewegende Kraft mit dem Athem, und &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ey in der Luft befindlich, und nannten &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">Zevs</hi>, nach dem wo&#x0364;rtlichen Sinne, <hi rendition="#fr">wodurch<lb/>
&#x017F;ie lebten</hi>; und einige Philo&#x017F;ophen &#x017F;chlugen &#x017F;ich<lb/>
zu ihrer Parthey.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#fr">Sophokles</hi> &#x017F;agt: &#x201E;Zevs, der alles faßt,<lb/>
in alles dringt, uns na&#x0364;her verwandt i&#x017F;t, als<lb/>
Vater, Mutter, Bruder, Schwe&#x017F;ter.&#x201C; Und an ei-<lb/>
nem andern Orte: &#x201E;welcher Men&#x017F;chen Uebermuth,<lb/>
o Zevs, hemmt deine Macht, die der uralte<lb/>
Schlaf nicht ergreift, und die unermu&#x0364;dlichen<lb/>
Monden! Unalternd durch der Jahre Wech&#x017F;el<lb/>
nim&#x017F;t du Herr&#x017F;cher den &#x017F;trahlenden Glanz vom<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Olymp</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0147] „Ueberhaupt hielten die mehrſten alten Phi- loſophen das Feuer fuͤr das goͤttlichſte in der Natur.“ „Die großen Dichter dieſer hohen Zeiten fuͤr die Menſchheit, fiel ich ein, hatten um eine Stufe natuͤrlichre Metaphyſik, und nahmen das ſinnlichre und naͤhere. Sie meinten, wir ſchoͤpf- ten die bewegende Kraft mit dem Athem, und ſie ſey in der Luft befindlich, und nannten ſie Zevs, nach dem woͤrtlichen Sinne, wodurch ſie lebten; und einige Philoſophen ſchlugen ſich zu ihrer Parthey.“ „Sophokles ſagt: „Zevs, der alles faßt, in alles dringt, uns naͤher verwandt iſt, als Vater, Mutter, Bruder, Schweſter.“ Und an ei- nem andern Orte: „welcher Menſchen Uebermuth, o Zevs, hemmt deine Macht, die der uralte Schlaf nicht ergreift, und die unermuͤdlichen Monden! Unalternd durch der Jahre Wechſel nimſt du Herrſcher den ſtrahlenden Glanz vom Olymp

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/147
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/147>, abgerufen am 22.11.2024.