"Bey unsern Kirchen, fügte Demetri hin- zu, worauf wir das mehrste wenden, haben wir die reizende Mannichfaltigkeit nicht der Alten; Tempel des Jupiter, Apollo, Mars, Bacchus: Tempel der Juno, Pallas, Diana, Venus. Jeder machte ein eigen Ganzes in Plan, Verzie- rung und Ausschmückung, und Gegend."
Die Meister sollten sich mehr nach den Hei- ligen richten, versetzt ich, denen die Kirchen ge- weyht werden. Der Pabst, welcher die Rotun- da hier allen Heiligen einweyhte, so wie sie ehe- mals allen Göttern geweyht war, scheint so et- was im Sinne gehabt zu haben.
Es ist doch sonderbar, entfuhr mir hierbey, daß die Griechen, das aufgeheiterte Volk, sich mit den Fabeln über die Gottheit so ernsthaft, und zuweilen so abergläubisch grausam beschäf- tigen konnten; da sie, der vielen andern Weisen nicht zu gedenken, einen Anaxagoras hatten.
"Grau-
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„Bey unſern Kirchen, fuͤgte Demetri hin- zu, worauf wir das mehrſte wenden, haben wir die reizende Mannichfaltigkeit nicht der Alten; Tempel des Jupiter, Apollo, Mars, Bacchus: Tempel der Juno, Pallas, Diana, Venus. Jeder machte ein eigen Ganzes in Plan, Verzie- rung und Ausſchmuͤckung, und Gegend.“
Die Meiſter ſollten ſich mehr nach den Hei- ligen richten, verſetzt ich, denen die Kirchen ge- weyht werden. Der Pabſt, welcher die Rotun- da hier allen Heiligen einweyhte, ſo wie ſie ehe- mals allen Goͤttern geweyht war, ſcheint ſo et- was im Sinne gehabt zu haben.
Es iſt doch ſonderbar, entfuhr mir hierbey, daß die Griechen, das aufgeheiterte Volk, ſich mit den Fabeln uͤber die Gottheit ſo ernſthaft, und zuweilen ſo aberglaͤubiſch grauſam beſchaͤf- tigen konnten; da ſie, der vielen andern Weiſen nicht zu gedenken, einen Anaxagoras hatten.
„Grau-
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„Bey unſern Kirchen, fuͤgte Demetri hin-
zu, worauf wir das mehrſte wenden, haben wir
die reizende Mannichfaltigkeit nicht der Alten;
Tempel des Jupiter, Apollo, Mars, Bacchus:
Tempel der Juno, Pallas, Diana, Venus.
Jeder machte ein eigen Ganzes in Plan, Verzie-
rung und Ausſchmuͤckung, und Gegend.“
Die Meiſter ſollten ſich mehr nach den Hei-
ligen richten, verſetzt ich, denen die Kirchen ge-
weyht werden. Der Pabſt, welcher die Rotun-
da hier allen Heiligen einweyhte, ſo wie ſie ehe-
mals allen Goͤttern geweyht war, ſcheint ſo et-
was im Sinne gehabt zu haben.
Es iſt doch ſonderbar, entfuhr mir hierbey,
daß die Griechen, das aufgeheiterte Volk, ſich
mit den Fabeln uͤber die Gottheit ſo ernſthaft,
und zuweilen ſo aberglaͤubiſch grauſam beſchaͤf-
tigen konnten; da ſie, der vielen andern
Weiſen nicht zu gedenken, einen Anaxagoras
hatten.
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/139>, abgerufen am 25.11.2024.
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