serer Zeit beurtheilen müsse. Die Menschen wa- ren damals gewohnt, einander nackend zu sehen; und scherzten zur Ergötzlichkeit für den Augen- blick über ihre Mängel und Gebrechen, und ver- gaßen es hernach bald wieder. Aristophanes war so wenig Schuld an dem gewiß bis zum Verges- sen seines Muthwillens lang hernach erfolgten Tode des Sokrates, als an dem des Euripides; und beyde wurden im Grunde nicht minder hoch- geschätzt, trotz aller Lächerlichkeiten, die er auf sie warf. Welche poßierliche Rolle läßt er nicht der Weisen letztern im Feste der Ceres und Pro- serpina spielen! Bey uns wäre freylich so etwas wie Mord und Todtschlag. Und außerdem war man es gewohnt, daß Philosophen und Dichter, und von diesen wieder die tragischen und komischen sich zur Kurzweil des Volks einander zum besten hatten. Wer weiß, wie hart Sokrates und Euripides vorher dem Aristophanes begegneten? Das beste Zeugniß für das, was ich sage, ist,
daß
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ſerer Zeit beurtheilen muͤſſe. Die Menſchen wa- ren damals gewohnt, einander nackend zu ſehen; und ſcherzten zur Ergoͤtzlichkeit fuͤr den Augen- blick uͤber ihre Maͤngel und Gebrechen, und ver- gaßen es hernach bald wieder. Ariſtophanes war ſo wenig Schuld an dem gewiß bis zum Vergeſ- ſen ſeines Muthwillens lang hernach erfolgten Tode des Sokrates, als an dem des Euripides; und beyde wurden im Grunde nicht minder hoch- geſchaͤtzt, trotz aller Laͤcherlichkeiten, die er auf ſie warf. Welche poßierliche Rolle laͤßt er nicht der Weiſen letztern im Feſte der Ceres und Pro- ſerpina ſpielen! Bey uns waͤre freylich ſo etwas wie Mord und Todtſchlag. Und außerdem war man es gewohnt, daß Philoſophen und Dichter, und von dieſen wieder die tragiſchen und komiſchen ſich zur Kurzweil des Volks einander zum beſten hatten. Wer weiß, wie hart Sokrates und Euripides vorher dem Ariſtophanes begegneten? Das beſte Zeugniß fuͤr das, was ich ſage, iſt,
daß
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ſerer Zeit beurtheilen muͤſſe. Die Menſchen wa-
ren damals gewohnt, einander nackend zu ſehen;
und ſcherzten zur Ergoͤtzlichkeit fuͤr den Augen-
blick uͤber ihre Maͤngel und Gebrechen, und ver-
gaßen es hernach bald wieder. Ariſtophanes war
ſo wenig Schuld an dem gewiß bis zum Vergeſ-
ſen ſeines Muthwillens lang hernach erfolgten
Tode des Sokrates, als an dem des Euripides;
und beyde wurden im Grunde nicht minder hoch-
geſchaͤtzt, trotz aller Laͤcherlichkeiten, die er auf
ſie warf. Welche poßierliche Rolle laͤßt er nicht
der Weiſen letztern im Feſte der Ceres und Pro-
ſerpina ſpielen! Bey uns waͤre freylich ſo etwas
wie Mord und Todtſchlag. Und außerdem war
man es gewohnt, daß Philoſophen und Dichter,
und von dieſen wieder die tragiſchen und komiſchen
ſich zur Kurzweil des Volks einander zum beſten
hatten. Wer weiß, wie hart Sokrates und
Euripides vorher dem Ariſtophanes begegneten?
Das beſte Zeugniß fuͤr das, was ich ſage, iſt,
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/75>, abgerufen am 25.11.2024.
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