was Vergnügen wirkt; was bloß Schmerz stil- len und verhüten soll, braucht eigentlich keine Schönheit an und für sich zu haben. So gehts mit den Gebäuden; sie halten bloß Ungemach ab. So bald das Wetter gut ist, mag ich in keinem bleiben, und will ins freye Feld. Alles muß auf Ungemach, Krankheit, Feindseeligkeit, und Bedürfniß von Zusammenkünften berechnet wer- den; dieß bestimmt hernach ihre Vollkommenheit. Harmonie, Ebenmaaß, Uebereinstimmung mit jedes Zweck macht dessen Schönheit, wenn man das, was nichts Lebendiges nachahmt, so nennen will *); was sollen uns alle die überflüssigen, unbedeutenden Zierrahten? Ein Gebäude ist ein Kleid, das Menschen und Thiere vor bösem Wet- ter schützt, und muß darnach beurtheilt werden."
"Geht
*) In der Folge wird man den Begriff von Schönheit allgemeiner und richtiger, und nicht mehr so jugendlich sinnlich finden.
was Vergnuͤgen wirkt; was bloß Schmerz ſtil- len und verhuͤten ſoll, braucht eigentlich keine Schoͤnheit an und fuͤr ſich zu haben. So gehts mit den Gebaͤuden; ſie halten bloß Ungemach ab. So bald das Wetter gut iſt, mag ich in keinem bleiben, und will ins freye Feld. Alles muß auf Ungemach, Krankheit, Feindſeeligkeit, und Beduͤrfniß von Zuſammenkuͤnften berechnet wer- den; dieß beſtimmt hernach ihre Vollkommenheit. Harmonie, Ebenmaaß, Uebereinſtimmung mit jedes Zweck macht deſſen Schoͤnheit, wenn man das, was nichts Lebendiges nachahmt, ſo nennen will *); was ſollen uns alle die uͤberfluͤſſigen, unbedeutenden Zierrahten? Ein Gebaͤude iſt ein Kleid, das Menſchen und Thiere vor boͤſem Wet- ter ſchuͤtzt, und muß darnach beurtheilt werden.“
„Geht
*) In der Folge wird man den Begriff von Schoͤnheit allgemeiner und richtiger, und nicht mehr ſo jugendlich ſinnlich finden.
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was Vergnuͤgen wirkt; was bloß Schmerz ſtil-
len und verhuͤten ſoll, braucht eigentlich keine
Schoͤnheit an und fuͤr ſich zu haben. So gehts
mit den Gebaͤuden; ſie halten bloß Ungemach ab.
So bald das Wetter gut iſt, mag ich in keinem
bleiben, und will ins freye Feld. Alles muß auf
Ungemach, Krankheit, Feindſeeligkeit, und
Beduͤrfniß von Zuſammenkuͤnften berechnet wer-
den; dieß beſtimmt hernach ihre Vollkommenheit.
Harmonie, Ebenmaaß, Uebereinſtimmung mit
jedes Zweck macht deſſen Schoͤnheit, wenn man
das, was nichts Lebendiges nachahmt, ſo nennen
will *); was ſollen uns alle die uͤberfluͤſſigen,
unbedeutenden Zierrahten? Ein Gebaͤude iſt ein
Kleid, das Menſchen und Thiere vor boͤſem Wet-
ter ſchuͤtzt, und muß darnach beurtheilt werden.“
„Geht
*) In der Folge wird man den Begriff von
Schoͤnheit allgemeiner und richtiger, und
nicht mehr ſo jugendlich ſinnlich finden.
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/58>, abgerufen am 24.11.2024.
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