für Sinn und Einbi[l]dungskraft. Wer damit nicht zufrieden seyn will, kann sich an die Er- klärung des Erzbischoffs della Casa halten, wel- cher das Weltberühmte Kapitel über den Backo- fen geschrieben hat; dieser sagt: Schönheit ist Eins, so viel nur immer möglich; und Häßlich- keit im Gegentheil ist Viel. Allein der Künst- ler bedarf solcher tiefen Philosophie nicht bey sei- ner Arbeit. Vergebt übrigens, lieben Brüder und Freunde, wenn ich an dem Ziele vorbeyge- schossen habe, und macht es besser."
Der Mann zog mich doch an sich, trotz aller seiner hämischen Blicke auf bildende Kunst, und besonders Mahlerey, und ich verlangte genauere Bekanntschaft mit ihm zu machen. "Schade, rief ich aus, daß ich kein junges Lorbeerreis habe, euer weises Haupt zu bekränzen! ob ich gleich in manchem nicht eurer Meinung seyn kann. Um Kopf und Schweif gleich zusammen zu paaren: so glaub ich nicht, daß ein Künstler etwas gutes
her-
fuͤr Sinn und Einbi[l]dungskraft. Wer damit nicht zufrieden ſeyn will, kann ſich an die Er- klaͤrung des Erzbiſchoffs della Caſa halten, wel- cher das Weltberuͤhmte Kapitel uͤber den Backo- fen geſchrieben hat; dieſer ſagt: Schoͤnheit iſt Eins, ſo viel nur immer moͤglich; und Haͤßlich- keit im Gegentheil iſt Viel. Allein der Kuͤnſt- ler bedarf ſolcher tiefen Philoſophie nicht bey ſei- ner Arbeit. Vergebt uͤbrigens, lieben Bruͤder und Freunde, wenn ich an dem Ziele vorbeyge- ſchoſſen habe, und macht es beſſer.“
Der Mann zog mich doch an ſich, trotz aller ſeiner haͤmiſchen Blicke auf bildende Kunſt, und beſonders Mahlerey, und ich verlangte genauere Bekanntſchaft mit ihm zu machen. „Schade, rief ich aus, daß ich kein junges Lorbeerreis habe, euer weiſes Haupt zu bekraͤnzen! ob ich gleich in manchem nicht eurer Meinung ſeyn kann. Um Kopf und Schweif gleich zuſammen zu paaren: ſo glaub ich nicht, daß ein Kuͤnſtler etwas gutes
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fuͤr Sinn und Einbildungskraft. Wer damit
nicht zufrieden ſeyn will, kann ſich an die Er-
klaͤrung des Erzbiſchoffs della Caſa halten, wel-
cher das Weltberuͤhmte Kapitel uͤber den Backo-
fen geſchrieben hat; dieſer ſagt: Schoͤnheit iſt
Eins, ſo viel nur immer moͤglich; und Haͤßlich-
keit im Gegentheil iſt Viel. Allein der Kuͤnſt-
ler bedarf ſolcher tiefen Philoſophie nicht bey ſei-
ner Arbeit. Vergebt uͤbrigens, lieben Bruͤder
und Freunde, wenn ich an dem Ziele vorbeyge-
ſchoſſen habe, und macht es beſſer.“
Der Mann zog mich doch an ſich, trotz aller
ſeiner haͤmiſchen Blicke auf bildende Kunſt, und
beſonders Mahlerey, und ich verlangte genauere
Bekanntſchaft mit ihm zu machen. „Schade,
rief ich aus, daß ich kein junges Lorbeerreis habe,
euer weiſes Haupt zu bekraͤnzen! ob ich gleich in
manchem nicht eurer Meinung ſeyn kann. Um
Kopf und Schweif gleich zuſammen zu paaren:
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/371>, abgerufen am 22.11.2024.
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