Ich sahe wohl, mit was für einem Feind ichs hier zu thun hatte; ein Federmesserstich von ihm verwundete tödtlicher als der Schlag von einer Keule; doch wollt ich ihn erst ganz herauslocken, und bat: er möchte die Grenzen jeder Kunst nä- her bestimmen, und insbesondre von Bildhaue- rey, und Mahlerey: und alsdenn uns seine Begrif- fe von der Schönheit entdecken. Und freute mich unaussprechlich, einen solchen Meister so unvermuthet plötzlich anzutreffen. Er wollte abbrechen: allein wir ließen ihn nicht. Ich setz- te mich ihm gegenüber, und wir stutzten die Glä- ser an, die von dem besten Monte Giove schäum- ten.
"Die Bildhauerey ist eigentlich für einzelne Figuren, fing er vom neuen an; die Mahlerey hat die Noht empor gebracht, mehrere vorzu- stellen. Sie hat dieß den Siegen der Griechen zu verdanken, besonders nach der Schlacht bey Marathon. Der Bruder des Phidias, Pa-
näos
Ich ſahe wohl, mit was fuͤr einem Feind ichs hier zu thun hatte; ein Federmeſſerſtich von ihm verwundete toͤdtlicher als der Schlag von einer Keule; doch wollt ich ihn erſt ganz herauslocken, und bat: er moͤchte die Grenzen jeder Kunſt naͤ- her beſtimmen, und insbeſondre von Bildhaue- rey, und Mahlerey: und alsdenn uns ſeine Begrif- fe von der Schoͤnheit entdecken. Und freute mich unausſprechlich, einen ſolchen Meiſter ſo unvermuthet ploͤtzlich anzutreffen. Er wollte abbrechen: allein wir ließen ihn nicht. Ich ſetz- te mich ihm gegenuͤber, und wir ſtutzten die Glaͤ- ſer an, die von dem beſten Monte Giove ſchaͤum- ten.
„Die Bildhauerey iſt eigentlich fuͤr einzelne Figuren, fing er vom neuen an; die Mahlerey hat die Noht empor gebracht, mehrere vorzu- ſtellen. Sie hat dieß den Siegen der Griechen zu verdanken, beſonders nach der Schlacht bey Marathon. Der Bruder des Phidias, Pa-
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Ich ſahe wohl, mit was fuͤr einem Feind ichs
hier zu thun hatte; ein Federmeſſerſtich von ihm
verwundete toͤdtlicher als der Schlag von einer
Keule; doch wollt ich ihn erſt ganz herauslocken,
und bat: er moͤchte die Grenzen jeder Kunſt naͤ-
her beſtimmen, und insbeſondre von Bildhaue-
rey, und Mahlerey: und alsdenn uns ſeine Begrif-
fe von der Schoͤnheit entdecken. Und freute
mich unausſprechlich, einen ſolchen Meiſter ſo
unvermuthet ploͤtzlich anzutreffen. Er wollte
abbrechen: allein wir ließen ihn nicht. Ich ſetz-
te mich ihm gegenuͤber, und wir ſtutzten die Glaͤ-
ſer an, die von dem beſten Monte Giove ſchaͤum-
ten.
„Die Bildhauerey iſt eigentlich fuͤr einzelne
Figuren, fing er vom neuen an; die Mahlerey
hat die Noht empor gebracht, mehrere vorzu-
ſtellen. Sie hat dieß den Siegen der Griechen
zu verdanken, beſonders nach der Schlacht bey
Marathon. Der Bruder des Phidias, Pa-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/362>, abgerufen am 25.11.2024.
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