Entzücken und Erstaunen, daß sie die Zeit vergißt, und versetzt den Menschen unter die Götter."
Wir werden nie mit der Kritik nur eini- germaßen ins reine kommen, erwiederte er darauf kalt und trocken, wenn wir nicht die Gren- zen jeder Kunst bestimmen, und feststellen, was sie überhaupt selbst ist. Und wir sind jetzt da, uns zu freuen; und nicht, den Weg durch die- ses Labyrinth auszuspähen. Lassen wir es also bey dem Gesagten bewenden."
"Nein, nein! riefen hier einstimmig ver- schiedne, es ist noch hoch am Tage, und die schönste Zeit dazu; setzten wir nur das angenehme Gespräch weiter fort." Und so baten sie ihn: und der so hef- tig gegen Michel Angelo sprach, streichelte ihn lieb- kosend am Barte, bis er folgendermaßen anfing:
"Das erste und heftigste Verlangen der See- le, welches sie nie verläßt, ist Neuheit und dann Durchschauung, und endlich Vollkommenheit oder Zerstörung der Dinge. Dieß treibt die Unsterb-
liche
Entzuͤcken und Erſtaunen, daß ſie die Zeit vergißt, und verſetzt den Menſchen unter die Goͤtter.„
Wir werden nie mit der Kritik nur eini- germaßen ins reine kommen, erwiederte er darauf kalt und trocken, wenn wir nicht die Gren- zen jeder Kunſt beſtimmen, und feſtſtellen, was ſie uͤberhaupt ſelbſt iſt. Und wir ſind jetzt da, uns zu freuen; und nicht, den Weg durch die- ſes Labyrinth auszuſpaͤhen. Laſſen wir es alſo bey dem Geſagten bewenden.“
„Nein, nein! riefen hier einſtimmig ver- ſchiedne, es iſt noch hoch am Tage, und die ſchoͤnſte Zeit dazu; ſetzten wir nur das angenehme Geſpraͤch weiter fort.“ Und ſo baten ſie ihn: und der ſo hef- tig gegen Michel Angelo ſprach, ſtreichelte ihn lieb- koſend am Barte, bis er folgendermaßen anfing:
„Das erſte und heftigſte Verlangen der See- le, welches ſie nie verlaͤßt, iſt Neuheit und dann Durchſchauung, und endlich Vollkommenheit oder Zerſtoͤrung der Dinge. Dieß treibt die Unſterb-
liche
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Entzuͤcken und Erſtaunen, daß ſie die Zeit vergißt,
und verſetzt den Menſchen unter die Goͤtter.„
Wir werden nie mit der Kritik nur eini-
germaßen ins reine kommen, erwiederte er
darauf kalt und trocken, wenn wir nicht die Gren-
zen jeder Kunſt beſtimmen, und feſtſtellen, was
ſie uͤberhaupt ſelbſt iſt. Und wir ſind jetzt da,
uns zu freuen; und nicht, den Weg durch die-
ſes Labyrinth auszuſpaͤhen. Laſſen wir es alſo
bey dem Geſagten bewenden.“
„Nein, nein! riefen hier einſtimmig ver-
ſchiedne, es iſt noch hoch am Tage, und die ſchoͤnſte
Zeit dazu; ſetzten wir nur das angenehme Geſpraͤch
weiter fort.“ Und ſo baten ſie ihn: und der ſo hef-
tig gegen Michel Angelo ſprach, ſtreichelte ihn lieb-
koſend am Barte, bis er folgendermaßen anfing:
„Das erſte und heftigſte Verlangen der See-
le, welches ſie nie verlaͤßt, iſt Neuheit und dann
Durchſchauung, und endlich Vollkommenheit oder
Zerſtoͤrung der Dinge. Dieß treibt die Unſterb-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/353>, abgerufen am 25.11.2024.
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