was denen gefällt, die reich sind und kaufen. Und je mehr er bloßer Kopist der Natur ist, destomehr wird er gefallen. Und er muß behaupten, dieß sey das Wahre, und alle Ueberflüge der Einbildungskraft, die nur hie und da einige Sonderlinge aufhielten, als leeres Zeug verachten, und fragen, was nennt ihr erhaben?"
Ich wußte nicht, ob ich dieß für Muht- willen, Satyre oder Ernst aufnehmen sollte; doch hetzt es mich schnell auf, und ich antwortete gerade zu, wie es die Lage der Sachen erheischte.
"Erhaben? versetzt ich, ist ein höher We- sen, das in uns eindringt mit Empfindungen, Ge- danken, Gestalt, Gebehrde, Handlung; und man bedarf da keiner weitläuftigen Schreiberey von Sophisten. Wer nicht über andre ist, soll sie nicht zu Paaren treiben und ihnen vorpredi- gen wollen, es sey, worin es seyn mag. Pracht läßt sich wohl damit vereinigen, aber Pracht ist nicht Erhabenheit. Ueberall füllt es die Seele mit
Ent-
was denen gefaͤllt, die reich ſind und kaufen. Und je mehr er bloßer Kopiſt der Natur iſt, deſtomehr wird er gefallen. Und er muß behaupten, dieß ſey das Wahre, und alle Ueberfluͤge der Einbildungskraft, die nur hie und da einige Sonderlinge aufhielten, als leeres Zeug verachten, und fragen, was nennt ihr erhaben?“
Ich wußte nicht, ob ich dieß fuͤr Muht- willen, Satyre oder Ernſt aufnehmen ſollte; doch hetzt es mich ſchnell auf, und ich antwortete gerade zu, wie es die Lage der Sachen erheiſchte.
„Erhaben? verſetzt ich, iſt ein hoͤher We- ſen, das in uns eindringt mit Empfindungen, Ge- danken, Geſtalt, Gebehrde, Handlung; und man bedarf da keiner weitlaͤuftigen Schreiberey von Sophiſten. Wer nicht uͤber andre iſt, ſoll ſie nicht zu Paaren treiben und ihnen vorpredi- gen wollen, es ſey, worin es ſeyn mag. Pracht laͤßt ſich wohl damit vereinigen, aber Pracht iſt nicht Erhabenheit. Ueberall fuͤllt es die Seele mit
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was denen gefaͤllt, die reich ſind und kaufen. Und je
mehr er bloßer Kopiſt der Natur iſt, deſtomehr wird
er gefallen. Und er muß behaupten, dieß ſey das
Wahre, und alle Ueberfluͤge der Einbildungskraft,
die nur hie und da einige Sonderlinge aufhielten,
als leeres Zeug verachten, und fragen, was nennt
ihr erhaben?“
Ich wußte nicht, ob ich dieß fuͤr Muht-
willen, Satyre oder Ernſt aufnehmen ſollte;
doch hetzt es mich ſchnell auf, und ich antwortete
gerade zu, wie es die Lage der Sachen erheiſchte.
„Erhaben? verſetzt ich, iſt ein hoͤher We-
ſen, das in uns eindringt mit Empfindungen, Ge-
danken, Geſtalt, Gebehrde, Handlung; und
man bedarf da keiner weitlaͤuftigen Schreiberey
von Sophiſten. Wer nicht uͤber andre iſt, ſoll
ſie nicht zu Paaren treiben und ihnen vorpredi-
gen wollen, es ſey, worin es ſeyn mag. Pracht
laͤßt ſich wohl damit vereinigen, aber Pracht iſt
nicht Erhabenheit. Ueberall fuͤllt es die Seele mit
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/352>, abgerufen am 22.11.2024.
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