zerstörten und zerfallnen Kaiserpallästen des Mon- te Palatino sitzen. Kein Mensch auf dem heutigen Erdboden vermag dieß; alles ist dagegen zu klein, was herkömmt und was da ist. Mei- ne Thränen rinnen auf die heilige Asche der Hel- den, und ich schaudre zusammen in der Unwür- digkeit, wozu mich das Schicksal verdammt hat. Welch ein Glück, bey seiner Geburt in ein Rom zu den Zeiten der Scipionen auf die Welt gewor- fen zu werden! aber dieß kann Niemand mehr begegnen.
Wer sich eine Idee von der Römischen Ge- gend machen will, muß sie an einem heitern Morgen oder Abend auf dem Thurme vom Kapi- tol sehen. Weit, voll großer reiner Gegenstände, ein entzückend Stück Welt, zu handeln und wie- der auszuruhn, ist sie; schöne Hügel, fruchtbare Flächen, ferne Ketten, kühl Gebirg, und das unermeßliche Meer in der Nähe zum leichten Ausflug in alle Nazionen. Und wie stolz und königlich nun Rom in der Mitte liegt auf seinen
freund-
zerſtoͤrten und zerfallnen Kaiſerpallaͤſten des Mon- te Palatino ſitzen. Kein Menſch auf dem heutigen Erdboden vermag dieß; alles iſt dagegen zu klein, was herkoͤmmt und was da iſt. Mei- ne Thraͤnen rinnen auf die heilige Aſche der Hel- den, und ich ſchaudre zuſammen in der Unwuͤr- digkeit, wozu mich das Schickſal verdammt hat. Welch ein Gluͤck, bey ſeiner Geburt in ein Rom zu den Zeiten der Scipionen auf die Welt gewor- fen zu werden! aber dieß kann Niemand mehr begegnen.
Wer ſich eine Idee von der Roͤmiſchen Ge- gend machen will, muß ſie an einem heitern Morgen oder Abend auf dem Thurme vom Kapi- tol ſehen. Weit, voll großer reiner Gegenſtaͤnde, ein entzuͤckend Stuͤck Welt, zu handeln und wie- der auszuruhn, iſt ſie; ſchoͤne Huͤgel, fruchtbare Flaͤchen, ferne Ketten, kuͤhl Gebirg, und das unermeßliche Meer in der Naͤhe zum leichten Ausflug in alle Nazionen. Und wie ſtolz und koͤniglich nun Rom in der Mitte liegt auf ſeinen
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zerſtoͤrten und zerfallnen Kaiſerpallaͤſten des Mon-
te Palatino ſitzen. Kein Menſch auf dem
heutigen Erdboden vermag dieß; alles iſt dagegen
zu klein, was herkoͤmmt und was da iſt. Mei-
ne Thraͤnen rinnen auf die heilige Aſche der Hel-
den, und ich ſchaudre zuſammen in der Unwuͤr-
digkeit, wozu mich das Schickſal verdammt hat.
Welch ein Gluͤck, bey ſeiner Geburt in ein Rom
zu den Zeiten der Scipionen auf die Welt gewor-
fen zu werden! aber dieß kann Niemand mehr
begegnen.
Wer ſich eine Idee von der Roͤmiſchen Ge-
gend machen will, muß ſie an einem heitern
Morgen oder Abend auf dem Thurme vom Kapi-
tol ſehen. Weit, voll großer reiner Gegenſtaͤnde,
ein entzuͤckend Stuͤck Welt, zu handeln und wie-
der auszuruhn, iſt ſie; ſchoͤne Huͤgel, fruchtbare
Flaͤchen, ferne Ketten, kuͤhl Gebirg, und das
unermeßliche Meer in der Naͤhe zum leichten
Ausflug in alle Nazionen. Und wie ſtolz und
koͤniglich nun Rom in der Mitte liegt auf ſeinen
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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