Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Dieser Stachel schnitt ein, und verwun-
dete mein damals noch all zu pahrtheyisch-vater-
ländisches Herz. Mir geschah, als ob ich vor der
Zeit vernünftig gewesen wäre; doch gefiel mir
überaus seine Freymüthigkeit gegen mich. Er be-
merkte mit scharfem Blicke gleich das Unheimliche,
und fuhr fort: "aber wir sind doch immer in Ve-
nedig, und die Mauern haben da Ohren; sprechen
wir von etwas anderm!"

Nach einer kleinen Stille fing er an: "ich
muß ihnen doch etwas von mir sagen, damit
sie wissen, wer ich bin, und wie ich mit andern
zusammenhange."

"Ich bin ein Mahler aus Florenz, und
halte mich hier auf, um nach den Toskanischen
Gerippen mich am Venezianischen Fleische zu wei-

den.
schichte im Zusammenhange zu erzehlen; wer
sie noch nicht wissen sollte, kan leicht anders-
wo davon Nachricht finden.
B 4

Dieſer Stachel ſchnitt ein, und verwun-
dete mein damals noch all zu pahrtheyiſch-vater-
laͤndiſches Herz. Mir geſchah, als ob ich vor der
Zeit vernuͤnftig geweſen waͤre; doch gefiel mir
uͤberaus ſeine Freymuͤthigkeit gegen mich. Er be-
merkte mit ſcharfem Blicke gleich das Unheimliche,
und fuhr fort: „aber wir ſind doch immer in Ve-
nedig, und die Mauern haben da Ohren; ſprechen
wir von etwas anderm!“

Nach einer kleinen Stille fing er an: „ich
muß ihnen doch etwas von mir ſagen, damit
ſie wiſſen, wer ich bin, und wie ich mit andern
zuſammenhange.“

„Ich bin ein Mahler aus Florenz, und
halte mich hier auf, um nach den Toskaniſchen
Gerippen mich am Venezianiſchen Fleiſche zu wei-

den.
ſchichte im Zuſammenhange zu erzehlen; wer
ſie noch nicht wiſſen ſollte, kan leicht anders-
wo davon Nachricht finden.
B 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0029" n="23"/>
        <p>Die&#x017F;er Stachel &#x017F;chnitt ein, und verwun-<lb/>
dete mein damals noch all zu pahrtheyi&#x017F;ch-vater-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;ches Herz. Mir ge&#x017F;chah, als ob ich vor der<lb/>
Zeit vernu&#x0364;nftig gewe&#x017F;en wa&#x0364;re; doch gefiel mir<lb/>
u&#x0364;beraus &#x017F;eine Freymu&#x0364;thigkeit gegen mich. Er be-<lb/>
merkte mit &#x017F;charfem Blicke gleich das Unheimliche,<lb/>
und fuhr fort: &#x201E;aber wir &#x017F;ind doch immer in Ve-<lb/>
nedig, und die <choice><sic>Mauren</sic><corr>Mauern</corr></choice> haben da Ohren; &#x017F;prechen<lb/>
wir von etwas anderm!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Nach einer kleinen Stille fing er <choice><sic>an:&#x201E; ich</sic><corr>an: &#x201E;ich</corr></choice><lb/>
muß ihnen doch etwas von mir &#x017F;agen, damit<lb/>
&#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en, wer ich bin, und wie ich mit andern<lb/>
zu&#x017F;ammenhange.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bin ein Mahler aus Florenz, und<lb/>
halte mich hier auf, um nach den Toskani&#x017F;chen<lb/>
Gerippen mich am Veneziani&#x017F;chen Flei&#x017F;che zu wei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 4</fw><fw place="bottom" type="catch">den.</fw><lb/><note xml:id="note-0029" prev="#note-0028" place="foot" n="*)">&#x017F;chichte im Zu&#x017F;ammenhange zu erzehlen; wer<lb/>
&#x017F;ie noch nicht wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte, kan leicht anders-<lb/>
wo davon Nachricht finden.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0029] Dieſer Stachel ſchnitt ein, und verwun- dete mein damals noch all zu pahrtheyiſch-vater- laͤndiſches Herz. Mir geſchah, als ob ich vor der Zeit vernuͤnftig geweſen waͤre; doch gefiel mir uͤberaus ſeine Freymuͤthigkeit gegen mich. Er be- merkte mit ſcharfem Blicke gleich das Unheimliche, und fuhr fort: „aber wir ſind doch immer in Ve- nedig, und die Mauern haben da Ohren; ſprechen wir von etwas anderm!“ Nach einer kleinen Stille fing er an: „ich muß ihnen doch etwas von mir ſagen, damit ſie wiſſen, wer ich bin, und wie ich mit andern zuſammenhange.“ „Ich bin ein Mahler aus Florenz, und halte mich hier auf, um nach den Toskaniſchen Gerippen mich am Venezianiſchen Fleiſche zu wei- den. *) *) ſchichte im Zuſammenhange zu erzehlen; wer ſie noch nicht wiſſen ſollte, kan leicht anders- wo davon Nachricht finden. B 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/29
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/29>, abgerufen am 24.11.2024.