ruhr und stürmte, und warf ein Duzend ertrunk- ner Schiffbrüchigen zum großen Kanal herein bis an den Pallast des alten Dogen. Pabst Alexan- der der dritte, der noch Gewalt über die muhtwilli- ge hatte, ist leider längst gestorben; und Ko- lumb, der Held, dessen Genua nicht werth war, und andre welsche Piloten haben dem Portugie- sischen Heinrich und den Kastilianischen Fürsten die wahre Amphitrite ausgekundschaftet, woge- gen unsre nur eine Nymphe ist. Und überhaupt gibt sie sich nur den Tapfern und Klugen preis, wie alle freye Schönheit, und es hilft da keine Ceremonie. Wir hätten uns besser um unsre Braut bewerben sollen, anstatt uns um Stein- haufen viel zu plagen, nachdem sie uns einmal günstig war."
"Vielleicht ist dieß Schicksal, antwortete er schalkhaft-bitter; ihr Doge vermählt sich ver- muhtlich nicht umsonst so oft, und trägt von jeher die Phrygische Mütze mit Hörnern! und
dann
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ruhr und ſtuͤrmte, und warf ein Duzend ertrunk- ner Schiffbruͤchigen zum großen Kanal herein bis an den Pallaſt des alten Dogen. Pabſt Alexan- der der dritte, der noch Gewalt uͤber die muhtwilli- ge hatte, iſt leider laͤngſt geſtorben; und Ko- lumb, der Held, deſſen Genua nicht werth war, und andre welſche Piloten haben dem Portugie- ſiſchen Heinrich und den Kaſtilianiſchen Fuͤrſten die wahre Amphitrite ausgekundſchaftet, woge- gen unſre nur eine Nymphe iſt. Und uͤberhaupt gibt ſie ſich nur den Tapfern und Klugen preis, wie alle freye Schoͤnheit, und es hilft da keine Ceremonie. Wir haͤtten uns beſſer um unſre Braut bewerben ſollen, anſtatt uns um Stein- haufen viel zu plagen, nachdem ſie uns einmal guͤnſtig war.“
„Vielleicht iſt dieß Schickſal, antwortete er ſchalkhaft-bitter; ihr Doge vermaͤhlt ſich ver- muhtlich nicht umſonſt ſo oft, und traͤgt von jeher die Phrygiſche Muͤtze mit Hoͤrnern! und
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ruhr und ſtuͤrmte, und warf ein Duzend ertrunk-
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an den Pallaſt des alten Dogen. Pabſt Alexan-
der der dritte, der noch Gewalt uͤber die muhtwilli-
ge hatte, iſt leider laͤngſt geſtorben; und Ko-
lumb, der Held, deſſen Genua nicht werth war,
und andre welſche Piloten haben dem Portugie-
ſiſchen Heinrich und den Kaſtilianiſchen Fuͤrſten
die wahre Amphitrite ausgekundſchaftet, woge-
gen unſre nur eine Nymphe iſt. Und uͤberhaupt
gibt ſie ſich nur den Tapfern und Klugen preis,
wie alle freye Schoͤnheit, und es hilft da keine
Ceremonie. Wir haͤtten uns beſſer um unſre
Braut bewerben ſollen, anſtatt uns um Stein-
haufen viel zu plagen, nachdem ſie uns einmal
guͤnſtig war.“
„Vielleicht iſt dieß Schickſal, antwortete er
ſchalkhaft-bitter; ihr Doge vermaͤhlt ſich ver-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/27>, abgerufen am 21.11.2024.
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