von ihm erwarte, und den eifrigsten Willen ha- be, ihm in Zukunft nützlich zu seyn." Hier- über trat die Mamma wieder ins Zimmer, und ich verließ sie bald darauf.
Du siehst daraus, daß alle Verstellung ein Ende hat gegen einen, der Person und Sache kennt: es ist ein Glück für euch, daß kein solcher unter ihren Richtern saß. Wer die Wege gut weiß, geht auch im Nebel sicher; und ein Wollüst- ling von Auge sieht oft die Gegenstände darin mit mehr Freude, als bey hellem Wetter. Inzwischen dauert sie mich doch von Grund der Seele; denn sie ist unglücklich.
Dein Umgang mit Lucinden gefällt mir nicht. In Rücksicht ihrer wenigstens kann ich die Grund- sätze nicht billigen, die du ihr einflößest; besonders wenn Florio der Mann ist, wie ihn der alte Schiffer schildert: ich befürchte, daß es schlim- me Händel absetze. Ueberhaupt muß sich jeder nach dem Staate richten, worin er lebt, wenn
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von ihm erwarte, und den eifrigſten Willen ha- be, ihm in Zukunft nuͤtzlich zu ſeyn.“ Hier- uͤber trat die Mamma wieder ins Zimmer, und ich verließ ſie bald darauf.
Du ſiehſt daraus, daß alle Verſtellung ein Ende hat gegen einen, der Perſon und Sache kennt: es iſt ein Gluͤck fuͤr euch, daß kein ſolcher unter ihren Richtern ſaß. Wer die Wege gut weiß, geht auch im Nebel ſicher; und ein Wolluͤſt- ling von Auge ſieht oft die Gegenſtaͤnde darin mit mehr Freude, als bey hellem Wetter. Inzwiſchen dauert ſie mich doch von Grund der Seele; denn ſie iſt ungluͤcklich.
Dein Umgang mit Lucinden gefaͤllt mir nicht. In Ruͤckſicht ihrer wenigſtens kann ich die Grund- ſaͤtze nicht billigen, die du ihr einfloͤßeſt; beſonders wenn Florio der Mann iſt, wie ihn der alte Schiffer ſchildert: ich befuͤrchte, daß es ſchlim- me Haͤndel abſetze. Ueberhaupt muß ſich jeder nach dem Staate richten, worin er lebt, wenn
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von ihm erwarte, und den eifrigſten Willen ha-
be, ihm in Zukunft nuͤtzlich zu ſeyn.“ Hier-
uͤber trat die Mamma wieder ins Zimmer,
und ich verließ ſie bald darauf.
Du ſiehſt daraus, daß alle Verſtellung ein
Ende hat gegen einen, der Perſon und Sache
kennt: es iſt ein Gluͤck fuͤr euch, daß kein ſolcher
unter ihren Richtern ſaß. Wer die Wege gut
weiß, geht auch im Nebel ſicher; und ein Wolluͤſt-
ling von Auge ſieht oft die Gegenſtaͤnde darin
mit mehr Freude, als bey hellem Wetter.
Inzwiſchen dauert ſie mich doch von Grund der
Seele; denn ſie iſt ungluͤcklich.
Dein Umgang mit Lucinden gefaͤllt mir nicht.
In Ruͤckſicht ihrer wenigſtens kann ich die Grund-
ſaͤtze nicht billigen, die du ihr einfloͤßeſt; beſonders
wenn Florio der Mann iſt, wie ihn der alte
Schiffer ſchildert: ich befuͤrchte, daß es ſchlim-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/269>, abgerufen am 25.11.2024.
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