Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Närrin zu machen. So geht man mit uns
um."

"Am besten wär es, nie gebohren worden
zu seyn; denn was wir wollen und lieben, dürfen
wir doch nicht haben! oder, so bald diese Neigun-
gen in unserm Herzen aufgehn, geschwind
von der Erde weggenommen zu werden. Unser
Loos ist Traurigkeit und Leiden, und wenig heitre
Augenblicke; ein vergnügter sichrer Zustand ist
uns nicht beschieden: unser Leben ein schwacher
Kahn im stürmischen Meer, oft von Wellen über-
schlagen."

Aber warum schrieb ich dir den todten Sinn
und Buchstaben von dem, was sie so göttlich in
bezaubernden Worten, Tönen und Gebehrden
sagte!

Ich hielt ihre Linke in meinen beyden Hän-
den, und sie überließ die entzückenden Wal-
lungen ihrer innern Schönheit ruhig meinem hei-
ßen Gefühl.

"O

Naͤrrin zu machen. So geht man mit uns
um.“

„Am beſten waͤr es, nie gebohren worden
zu ſeyn; denn was wir wollen und lieben, duͤrfen
wir doch nicht haben! oder, ſo bald dieſe Neigun-
gen in unſerm Herzen aufgehn, geſchwind
von der Erde weggenommen zu werden. Unſer
Loos iſt Traurigkeit und Leiden, und wenig heitre
Augenblicke; ein vergnuͤgter ſichrer Zuſtand iſt
uns nicht beſchieden: unſer Leben ein ſchwacher
Kahn im ſtuͤrmiſchen Meer, oft von Wellen uͤber-
ſchlagen.“

Aber warum ſchrieb ich dir den todten Sinn
und Buchſtaben von dem, was ſie ſo goͤttlich in
bezaubernden Worten, Toͤnen und Gebehrden
ſagte!

Ich hielt ihre Linke in meinen beyden Haͤn-
den, und ſie uͤberließ die entzuͤckenden Wal-
lungen ihrer innern Schoͤnheit ruhig meinem hei-
ßen Gefuͤhl.

„O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="252"/>
Na&#x0364;rrin zu machen. So geht man mit uns<lb/>
um.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Am be&#x017F;ten wa&#x0364;r es, nie gebohren worden<lb/>
zu &#x017F;eyn; denn was wir wollen und lieben, du&#x0364;rfen<lb/>
wir doch nicht haben! oder, &#x017F;o bald die&#x017F;e Neigun-<lb/>
gen in un&#x017F;erm Herzen aufgehn, ge&#x017F;chwind<lb/>
von der Erde weggenommen zu werden. Un&#x017F;er<lb/>
Loos i&#x017F;t Traurigkeit und Leiden, und wenig heitre<lb/>
Augenblicke; ein vergnu&#x0364;gter &#x017F;ichrer Zu&#x017F;tand i&#x017F;t<lb/>
uns nicht be&#x017F;chieden: un&#x017F;er Leben ein &#x017F;chwacher<lb/>
Kahn im &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;chen Meer, oft von Wellen u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;chlagen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Aber warum &#x017F;chrieb ich dir den todten Sinn<lb/>
und Buch&#x017F;taben von dem, was &#x017F;ie &#x017F;o go&#x0364;ttlich in<lb/>
bezaubernden Worten, To&#x0364;nen und Gebehrden<lb/>
&#x017F;agte!</p><lb/>
        <p>Ich hielt ihre Linke in meinen beyden Ha&#x0364;n-<lb/>
den, und &#x017F;ie u&#x0364;berließ die entzu&#x0364;ckenden Wal-<lb/>
lungen ihrer innern Scho&#x0364;nheit ruhig meinem hei-<lb/>
ßen Gefu&#x0364;hl.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;O</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0258] Naͤrrin zu machen. So geht man mit uns um.“ „Am beſten waͤr es, nie gebohren worden zu ſeyn; denn was wir wollen und lieben, duͤrfen wir doch nicht haben! oder, ſo bald dieſe Neigun- gen in unſerm Herzen aufgehn, geſchwind von der Erde weggenommen zu werden. Unſer Loos iſt Traurigkeit und Leiden, und wenig heitre Augenblicke; ein vergnuͤgter ſichrer Zuſtand iſt uns nicht beſchieden: unſer Leben ein ſchwacher Kahn im ſtuͤrmiſchen Meer, oft von Wellen uͤber- ſchlagen.“ Aber warum ſchrieb ich dir den todten Sinn und Buchſtaben von dem, was ſie ſo goͤttlich in bezaubernden Worten, Toͤnen und Gebehrden ſagte! Ich hielt ihre Linke in meinen beyden Haͤn- den, und ſie uͤberließ die entzuͤckenden Wal- lungen ihrer innern Schoͤnheit ruhig meinem hei- ßen Gefuͤhl. „O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/258
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/258>, abgerufen am 22.11.2024.