weiter nur ein Wort zu hören. Mein ganzes Blut gerieth in Wallung an den Liebe klopfenden Brüsten; ich glaubte, Lucinde sey plötzlich eine heitre Griechin geworden, und wollt ihr him- melschönes junges Leben genießen, und mit mir den Anfang machen. Mir wich das Gewand unter immer mehr verführerischem Sträuben; und ich gelangte bey dem höchsten Reize, den jun- ge zarte nackte vollkommne weibliche Formen in der Dunkelheit für unsern stärksten Sinn nur haben können, zum entzückendsten Ziel meiner ent- flammten Begierden.
Das Bacchantische Leben, das endlich alle Verstellung vergaß, brachte mich hernach doch etwas aus meiner Unüberlegung, obgleich noch ganz im Rausche. "Lucinde, Lucinde, rief ich, welch eine glückliche Verwandlung! laß mich dei- ne Stimme hören."
"O du mein Alles! hört ich nun Fulvien statt ihrer, verzeyhe mir diesen Betrug: was ich
bin
O 2
weiter nur ein Wort zu hoͤren. Mein ganzes Blut gerieth in Wallung an den Liebe klopfenden Bruͤſten; ich glaubte, Lucinde ſey ploͤtzlich eine heitre Griechin geworden, und wollt ihr him- melſchoͤnes junges Leben genießen, und mit mir den Anfang machen. Mir wich das Gewand unter immer mehr verfuͤhreriſchem Straͤuben; und ich gelangte bey dem hoͤchſten Reize, den jun- ge zarte nackte vollkommne weibliche Formen in der Dunkelheit fuͤr unſern ſtaͤrkſten Sinn nur haben koͤnnen, zum entzuͤckendſten Ziel meiner ent- flammten Begierden.
Das Bacchantiſche Leben, das endlich alle Verſtellung vergaß, brachte mich hernach doch etwas aus meiner Unuͤberlegung, obgleich noch ganz im Rauſche. „Lucinde, Lucinde, rief ich, welch eine gluͤckliche Verwandlung! laß mich dei- ne Stimme hoͤren.“
„O du mein Alles! hoͤrt ich nun Fulvien ſtatt ihrer, verzeyhe mir dieſen Betrug: was ich
bin
O 2
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weiter nur ein Wort zu hoͤren. Mein ganzes
Blut gerieth in Wallung an den Liebe klopfenden
Bruͤſten; ich glaubte, Lucinde ſey ploͤtzlich eine
heitre Griechin geworden, und wollt ihr him-
melſchoͤnes junges Leben genießen, und mit mir
den Anfang machen. Mir wich das Gewand
unter immer mehr verfuͤhreriſchem Straͤuben;
und ich gelangte bey dem hoͤchſten Reize, den jun-
ge zarte nackte vollkommne weibliche Formen in
der Dunkelheit fuͤr unſern ſtaͤrkſten Sinn nur
haben koͤnnen, zum entzuͤckendſten Ziel meiner ent-
flammten Begierden.
Das Bacchantiſche Leben, das endlich alle
Verſtellung vergaß, brachte mich hernach doch
etwas aus meiner Unuͤberlegung, obgleich noch
ganz im Rauſche. „Lucinde, Lucinde, rief ich,
welch eine gluͤckliche Verwandlung! laß mich dei-
ne Stimme hoͤren.“
„O du mein Alles! hoͤrt ich nun Fulvien
ſtatt ihrer, verzeyhe mir dieſen Betrug: was ich
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/217>, abgerufen am 24.11.2024.
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