Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

zimmer entführten; doch würde mir die nächtliche
Beleuchtung bey der Ausführung im Großen
schwer werden. Die andre ist, wie ich den
Biondello unter dem Verdeck niederstieß. Wenn
ich den Ausdruck der Wuth und Verzweiflung in
seinem Kopf erreichen könnte, und den höchsten
Schrecken, der an die Ohnmacht grenzt, in den
schönen Weibergestalten, die ich in ihren Gruppen
und zerzaußten Kleidungen ganz nach der Natur
genommen habe, samt den zwey niedergeschmet-
terten: so müßte dieses Bild im Großen jeder-
man ergreifen. Fulvia besitzt sie, und sie mag
sich dieselben einmal von einem andern ausmah-
len lassen. Ich bin mit ihr schon bekannter ge-
worden, als ich anfangs wollte.

Ich stecke in einer Lage, die ich dir kaum
mit Worten andeuten kann. Wenn Lucinde an
Fulvias Stelle wäre: so führten wir ein Götter-
leben; so aber ist Natur und bürgerlicher Stand
einander ganz entgegen. Fulvia hat eine Phry-

nensele

zimmer entfuͤhrten; doch wuͤrde mir die naͤchtliche
Beleuchtung bey der Ausfuͤhrung im Großen
ſchwer werden. Die andre iſt, wie ich den
Biondello unter dem Verdeck niederſtieß. Wenn
ich den Ausdruck der Wuth und Verzweiflung in
ſeinem Kopf erreichen koͤnnte, und den hoͤchſten
Schrecken, der an die Ohnmacht grenzt, in den
ſchoͤnen Weibergeſtalten, die ich in ihren Gruppen
und zerzaußten Kleidungen ganz nach der Natur
genommen habe, ſamt den zwey niedergeſchmet-
terten: ſo muͤßte dieſes Bild im Großen jeder-
man ergreifen. Fulvia beſitzt ſie, und ſie mag
ſich dieſelben einmal von einem andern ausmah-
len laſſen. Ich bin mit ihr ſchon bekannter ge-
worden, als ich anfangs wollte.

Ich ſtecke in einer Lage, die ich dir kaum
mit Worten andeuten kann. Wenn Lucinde an
Fulvias Stelle waͤre: ſo fuͤhrten wir ein Goͤtter-
leben; ſo aber iſt Natur und buͤrgerlicher Stand
einander ganz entgegen. Fulvia hat eine Phry-

nenſele
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0213" n="207"/>
zimmer entfu&#x0364;hrten; doch wu&#x0364;rde mir die na&#x0364;chtliche<lb/>
Beleuchtung bey der Ausfu&#x0364;hrung im Großen<lb/>
&#x017F;chwer werden. Die andre i&#x017F;t, wie ich den<lb/><hi rendition="#fr">Biondello</hi> unter dem Verdeck nieder&#x017F;tieß. Wenn<lb/>
ich den Ausdruck der Wuth und Verzweiflung in<lb/>
&#x017F;einem Kopf erreichen ko&#x0364;nnte, und den ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Schrecken, der an die Ohnmacht grenzt, in den<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Weiberge&#x017F;talten, die ich in ihren Gruppen<lb/>
und zerzaußten Kleidungen ganz nach der Natur<lb/>
genommen habe, &#x017F;amt den zwey niederge&#x017F;chmet-<lb/>
terten: &#x017F;o mu&#x0364;ßte die&#x017F;es Bild im Großen jeder-<lb/>
man ergreifen. <hi rendition="#fr">Fulvia</hi> be&#x017F;itzt &#x017F;ie, und &#x017F;ie mag<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;elben einmal von einem andern ausmah-<lb/>
len la&#x017F;&#x017F;en. Ich bin mit ihr &#x017F;chon bekannter ge-<lb/>
worden, als ich anfangs wollte.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;tecke in einer Lage, die ich dir kaum<lb/>
mit Worten andeuten kann. Wenn Lucinde an<lb/>
Fulvias Stelle wa&#x0364;re: &#x017F;o fu&#x0364;hrten wir ein Go&#x0364;tter-<lb/>
leben; &#x017F;o aber i&#x017F;t Natur und bu&#x0364;rgerlicher Stand<lb/>
einander ganz entgegen. Fulvia hat eine Phry-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen&#x017F;ele</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0213] zimmer entfuͤhrten; doch wuͤrde mir die naͤchtliche Beleuchtung bey der Ausfuͤhrung im Großen ſchwer werden. Die andre iſt, wie ich den Biondello unter dem Verdeck niederſtieß. Wenn ich den Ausdruck der Wuth und Verzweiflung in ſeinem Kopf erreichen koͤnnte, und den hoͤchſten Schrecken, der an die Ohnmacht grenzt, in den ſchoͤnen Weibergeſtalten, die ich in ihren Gruppen und zerzaußten Kleidungen ganz nach der Natur genommen habe, ſamt den zwey niedergeſchmet- terten: ſo muͤßte dieſes Bild im Großen jeder- man ergreifen. Fulvia beſitzt ſie, und ſie mag ſich dieſelben einmal von einem andern ausmah- len laſſen. Ich bin mit ihr ſchon bekannter ge- worden, als ich anfangs wollte. Ich ſtecke in einer Lage, die ich dir kaum mit Worten andeuten kann. Wenn Lucinde an Fulvias Stelle waͤre: ſo fuͤhrten wir ein Goͤtter- leben; ſo aber iſt Natur und buͤrgerlicher Stand einander ganz entgegen. Fulvia hat eine Phry- nenſele

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/213
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/213>, abgerufen am 24.11.2024.