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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

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selbst einen schönen goldnen Ring mit einem kost-
baren Rubin zum Geschenk, der gerad an den
Herzensfinger seiner linken Hand paßte. Dieß
gefiel ihm denn; und er freute sich, und lachte dar-
über, wie die Dinge dieser Welt so sonderbar un-
ter einander laufen. Am dritten tag hierauf
sollte das Beylager gehalten werden, alle An-
stalten dazu waren schon gemacht, und die Nach-
barschaft zu einem festlichen Ball eingeladen.

Ardinghello ging inzwischen tiefsinnig her-
um, aß wenig und trank viel, und konnt es nicht
länger verbergen, daß er vom Stempel der Liebe
mächtig gezeichnet war; er mied alle Gesellschaft.
Morgens, Abends und des Nachts kam er nie
auf sein Zimmer, und schlief nur des Mittags.
Ich hatte mit dem Armen Mitleiden: aber da
war nicht zu rahten; er hörte wie ein Meersturm.
Die ersten Stunden der Nacht am Tage vor der
Hochzeit trat er auf einmal plötzlich hastig auf
mein Zimmer, blaß und fürchterlich; ich schrieb

eben

ſelbſt einen ſchoͤnen goldnen Ring mit einem koſt-
baren Rubin zum Geſchenk, der gerad an den
Herzensfinger ſeiner linken Hand paßte. Dieß
gefiel ihm denn; und er freute ſich, und lachte dar-
uͤber, wie die Dinge dieſer Welt ſo ſonderbar un-
ter einander laufen. Am dritten tag hierauf
ſollte das Beylager gehalten werden, alle An-
ſtalten dazu waren ſchon gemacht, und die Nach-
barſchaft zu einem feſtlichen Ball eingeladen.

Ardinghello ging inzwiſchen tiefſinnig her-
um, aß wenig und trank viel, und konnt es nicht
laͤnger verbergen, daß er vom Stempel der Liebe
maͤchtig gezeichnet war; er mied alle Geſellſchaft.
Morgens, Abends und des Nachts kam er nie
auf ſein Zimmer, und ſchlief nur des Mittags.
Ich hatte mit dem Armen Mitleiden: aber da
war nicht zu rahten; er hoͤrte wie ein Meerſturm.
Die erſten Stunden der Nacht am Tage vor der
Hochzeit trat er auf einmal ploͤtzlich haſtig auf
mein Zimmer, blaß und fuͤrchterlich; ich ſchrieb

eben
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[134/0140] ſelbſt einen ſchoͤnen goldnen Ring mit einem koſt- baren Rubin zum Geſchenk, der gerad an den Herzensfinger ſeiner linken Hand paßte. Dieß gefiel ihm denn; und er freute ſich, und lachte dar- uͤber, wie die Dinge dieſer Welt ſo ſonderbar un- ter einander laufen. Am dritten tag hierauf ſollte das Beylager gehalten werden, alle An- ſtalten dazu waren ſchon gemacht, und die Nach- barſchaft zu einem feſtlichen Ball eingeladen. Ardinghello ging inzwiſchen tiefſinnig her- um, aß wenig und trank viel, und konnt es nicht laͤnger verbergen, daß er vom Stempel der Liebe maͤchtig gezeichnet war; er mied alle Geſellſchaft. Morgens, Abends und des Nachts kam er nie auf ſein Zimmer, und ſchlief nur des Mittags. Ich hatte mit dem Armen Mitleiden: aber da war nicht zu rahten; er hoͤrte wie ein Meerſturm. Die erſten Stunden der Nacht am Tage vor der Hochzeit trat er auf einmal ploͤtzlich haſtig auf mein Zimmer, blaß und fuͤrchterlich; ich ſchrieb eben

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Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/140>, abgerufen am 22.11.2024.